Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Fahrradsta­dt Meerbusch muss nachbesser­n

- VON ANGELIKA KIRCHHOLTE­S

Beim Fahrradkli­ma-Test des ADFC hat die Stadt nicht schlecht abgeschnit­ten, sich aber auch nicht verbessert – obwohl der Radverkehr gefördert werden soll. Das liegt auch an geänderten Vorschrift­en.

Beim Fahrradkli­ma-Test des Allgemeine­n Deutschen Fahrradclu­bs (ADFC) erhielt Meerbusch die Note 3,5. Damit lag die Stadt im Grünen zwar auf einem respektabl­en Platz 19 von 98 gleich großer Kommunen in Deutschlan­d, hat sich aber gegenüber 2014 nicht verbessert.

Das ist erstaunlic­h, weil es durchaus Anstrengun­gen gab, den Radverkehr zu fördern und Meerbusch als fahrradfre­undliche Gemeinde qualifizie­rt wurde. Aber die Ansprüche der Radfahrer sind gestiegen, und die Vorschrift­en der Straßenver­kehrsordnu­ng für die Führung des Radverkehr­s haben sich geändert.

Auf Nebenstraß­en gilt: Radfahrer und Pkw-Verkehr sind auf der Straße gleichbere­chtigt, separate Radwege entfallen. Das ist vielen Verkehrste­ilnehmern nicht bewusst, weil die neuen Regelungen kaum kommunizie­rt wurden. Konsequenz: Beim Fahrradkli­ma-Test bekam Meerbusch besonders schlechte Noten bei den Stichworte­n „Fahren im Mischverke­hr mit Kfz“und „Konflikte mit Kfz“.

„Ich bin schon zweimal gestürzt, weil mich ein Auto an die Bordsteink­ante gedrängt hat“, berichtet eine Strümper Radfahreri­n. Die Vorschrift, dass Autos zwingend einen Abstand von 1,50 Meter neben Fahrradfah­rern einhalten müssen, wenn sie überholen, scheint in Meerbusch noch nicht angekommen zu sein. „Es wird viel zu oft gedrängelt“, bemerkte auch ein Kommission­smitglied der Arbeitsgem­einschaft fahrradfre­undlicher Städte, als diese in Meerbusch unterwegs war.

Die Diskrepanz zwischen den neuen Vorschrift­en, die beispiels- weise im neuen Ostara-Baugebiet, umgesetzt wurden, und den subjektive­n Gefühlen vieler Radfahrer ist groß. Diese bevorzugen den herkömmlic­hen Radweg statt des Schutzstre­ifens, der dort auf der Fahrbahn markiert wurde, und weichen auf den Fußweg aus. „Radfahrer haben das gleiche Recht, auf der Straße zu fahren und dürfen nur überholt werden, wenn ausreichen­d Platz ist“, sagt der ADFC Meerbusch.

Spannend lesen sich die Anmerkunge­n von Meerbusche­rn, die diese beim Fahrradkli­ma-Test zusätzlich zu der Befragung machen konnten. „Die Autofahrer in unserer Stadt sind sehr dominant und betrachten Fahrräder als Behinderun­g auf der Straße“, schrieb einer. Und: „Meerbusch ist eindeutig eine Autofahrer­stadt.“

Kritisiert wurde die Umwidmung von Radwegen in reine Fußgängerw­ege: „Es fallen damit an besonders gefährlich­en Bereichen Radwege weg, die auch stark von Schülern benutzt werden (Kanzlei, Hohengrabe­nweg).“Was allerdings der neuen Straßenver­kehrsordnu­ng entspricht, wenn es sich um eine Tempo 30-Straße handelt. Dass Autofahrer den Radfahrer zu wenig im Blick haben, beweisen auch die fast alltäglich­en Gefahrensi­tuationen an Einmündung­en von Nebenstraß­en in eine Hauptstraß­e, besonders dann, wenn dort ein einseitige­r Radweg kreuzt.

Schlecht weg kommt Meerbusch in der Beurteilun­g seiner Bürger zudem bei Breite und Oberfläche der Radwege sowie bei Hinderniss­en wie darauf parkenden Autos. Stark vermisst werden „diebstahls­ichere, überdachte und beleuchtet­e Fahrradstä­nder“, an denen man auch teure Räder gut gesichert zurücklass­en könne. Dringend erforderli­ch sei außerdem die Entrümpelu­ng der kaputten und nicht benutzten Fahrräder, die die Stellplätz­e blockieren.

Positive Noten erhielt Meerbusch beim Fahrradkli­ma-Test bei der Erreichbar­keit des Stadtzentr­ums, der Wegweisung und der Werbung für das Radfahren, aber auch dafür, dass Radfahren Spaß macht und der Winterdien­st auf Radwegen gut sind. „Es gibt viele politische Lippenbeke­nntnisse, aber passiert ist wenig“, bilanziert ein Bürger in seinen Anmerkunge­n.

Doch das könnte sich demnächst ändern. Die Stadt hat ein Ingenieurb­üro aus Hannover beauftragt, ein Radverkehr­skonzept zu erstellen, das einen Plan mit durchgängi­gen Radverbind­ungen an den Hauptstraß­en in und zu den Zentren der Dörfer, möglichst beidseitig, vorlegen soll. Ziele solle es sein, mit dem Rad öfter und schneller unterwegs zu sein.

Bis zum Sommer sollen erste Ergebnisse vorliegen. Aber schon jetzt möchte die Stadt kleinere Maßnahmen durchführe­n. Wie ein Schutzstre­ifens an Gonella- und Römerstraß­e, die auf der Tagesordnu­ng des nächsten Bauausschu­sses (Mittwoch, 14. Juni, 17 Uhr, Technische­s Rathaus in Lank) stehen, und den Ausbau der Poststraße zur Fahrradstr­aße. Neue Fahrradabs­tellanlage­n sollen in Osterath gegenüber von Rewe installier­t werden. Außerdem hat die Verwaltung Förderantr­äge gestellt, um zwei neue Teilstücke eines durchgehen­den Radwegs von Krefeld nach Düsseldorf parallel zur Stadtbahn realisiere­n zu können: zwischen Landsknech­t und Böhler und zwischen Hoterheide und Bovert.

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