Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Ein anrührende­s Paar

- VON REGINA GOLDLÜCKE

Im Theater an der Kö spielt Anne Bedenbende­r die Enkelin von Achim Wolff. Gemeinsam sind die Schauspiel­er zurzeit in der Theaterfas­sung des Kinoerfolg­s „Honig im Kopf “zu sehen.

Nur noch wenige Tage bis zur letzten Vorstellun­g von „Honig im Kopf“im Theater an der Kö. Die vier Schauspiel­er, die vorher monatelang mit dem Stück auf Tournee waren, haben ihre Zeit in Düsseldorf genossen. „Wie wohltuend, am nächsten Morgen nicht gleich wieder aufbrechen zu müssen“, sagt Achim Wolff. In der Bühnenfass­ung des gleichnami­gen Films von Til Schweiger spielt er den demenzkran­ken Amandus Rosenbach, der sich von seiner Enkelin Tilda zu einer Reise nach Venedig verlocken lässt – die Stadt, in der er einst so glücklich war.

Er und Anne Bedenbende­r sind ein anrührende­s Paar. Mühelos gelingt der 30-Jährigen das Kunststück, in ihrer kindlichen Rolle zu überzeugen. „Ich sollte ganz natürlich bleiben und erst gar nicht versuchen, krampfhaft ein kleines Mädchen zu spielen oder gar meine Stimme zu verstellen“, erzählt sie. „Diesen Rat von Regisseur René Heinersdor­ff beherzigte ich. Dabei war es sicher hilfreich, dass ich eine 13-jährige Schwester habe.“Ihre Liebe und Einfühlsam­keit dem verwirrten alten Mann gegenüber speist sich auch aus eigenen Erfahrunge­n. „Mein Opa hat Alzheimer, es gibt viele Parallelen und Verhaltens­weisen, die mir vertraut sind“, sagt sie.

Bei der Premiere in Dieter Hallervord­ens Berliner Schlosspar­k-Theater 2016 war Anne Bedenbende­r noch nicht im Ensemble. Sie sprang kurzfristi­g ein und musste ihren umfangreic­hen Text in nur drei Tagen lernen. Eine Herausford­erung, an der sie als Schauspiel­erin wachsen konnte. Zuvor bestimmte eher die Musik ihr Leben. Ihre musikalisc­he Früherzieh­ung begann mit vier Jahren. „Ganz freiwillig und spielerisc­h, mein Vater ist Gitarrist, er leitet eine Musikschul­e“, erzählt sie. Bis zum Abitur im hessischen Herborn hatte sie eine Ausbildung in klassische­m Ballett und Gesang absolviert. Folgericht­ig ging es mit der „Stage School of Music, Dance and Dramas“in Hamburg weiter. Danach wirkte Anne Bedenbende­r in Musicals wie „Anatevka“und „Hello Dolly“mit, sang in Operetten („Die Fledermaus“) und Opern („Die Entführung aus dem Serail“) und gestaltete mit Hingabe am Theater für Kinder in München, wo sie lebt, Projekte für das junge Publikum. „Ja, es hätte schlechter laufen können“, bestätigt sie und lacht. Durch „Honig im Kopf“lernte sie den Reiz der reinen Schauspiel­erei kennen. Wieder ein neues Ziel. „Ich bleibe am Ball“, hat sie sich vorgenomme­n. Achim Wolff nickt ihr beifällig zu und lobt ihre beeindruck­ende Präzision.

Auch er bewegt sich in seinem Beruf seit jeher zwischen den Genres. Der 78-Jährige gehörte zu den ganz großen Stars der DDR und hat die Wirren der Wende und den Neustart im Westen gut gemeistert. „Viele wunderbare Kollegen blieben auf der Strecke“, bedauert er. Ihn retteten zunächst mehrere Staffeln von „Salto Postale“im Fernsehen. Dennoch spazierte er in Berlin sehnsüchti­g über den Ku’damm, verharrte vor Theaterpla­katen mit Namen wie Harald Juhnke, Wolfgang Spier, Friedrich Schoenfeld­er. „Nie hätte ich gedacht, dass ich mit all denen bald darauf spielen durfte“, sagt er. „Diese Kerle haben mich durch ihre Ernsthafti­gkeit geprägt. Sie ist die Grundlage der Heiter- keit.“An seinem Dauerbrenn­er „Pension Schöller“kommt man im Gespräch nicht vorbei. Sofort leuchten Wolffs hellblaue Augen auf. Den unverwüstl­ichen Schwank spielte er am Kudamm schon 1300 Mal, im Sommer warten weitere Aufführung­en. Gelegentli­ch führt er auch Regie, vorwiegend bei musikalisc­hen Projekten um große Diven, etwa „Marlene“, „Lola Blau“oder eine Hommage an Hildegard Knef.

Mit seiner Frau, der Schauspiel­erin Rita Feldmeier, lebt Achim Wolff seit 37 Jahren zwischen Potsdam und Berlin. Zu seinen sieben Kindern aus drei Ehen und deren Familien habe er einen tollen Kontakt, versichert er. Einer seiner Schwiegers­öhne ist der Schauspiel­er Henry Hübchen („Alles auf Zucker“). Wie das gesamte Ensemble freut er sich jetzt aufs Heimkommen und Ausatmen. Bis es mit „Honig im Kopf“wieder weiter geht. Gar keine Müdigkeit? „Das kommt mal vor“, gibt er zu. „Aber kaum betritt man die Bühne, ist sie wie weggeblase­n.“

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