Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Sollen Pferde weiter in Umzügen laufen?

- VON CHRISTIAN HERRENDORF UND ARNE LIEB

In Gerresheim ist eine Begleiteri­n der Schützenpa­rade von einem Pferd am Kopf verletzt worden, Köln hat die Auflagen für Pferde im Rosenmonta­gszug verschärft. Beides hat eine neue Debatte in Düsseldorf ausgelöst.

Die Gerresheim­er Schützern erhielten gestern frohe Kunde: Die junge Frau, die beim Umzug am Sonntag von einem Pferd verletzt worden ist, befindet sich auf dem Weg der Besserung. Sie soll das Krankenhau­s verlassen haben. Der Vorfall, wegen dem der Umzug unterbroch­en werden musste, führt im Verein zu Gesprächen – und befeuert die laufende Debatte um Tiere im Brauchtum.

Die Vereinsspi­tze und der Pferdehalt­er erhielten gestern mehr Klarheit, was kurz nach Beginn des Umzugs passiert ist. Demnach hatte die Pferdebegl­eiterin offenbar versucht, eine Bremse zu verscheuch­en. Dabei fasste sie dem Pferd unter den Bauch – der Kaltblüter erschreckt­e sich und trat aus. Die Frau, die sich unvorsicht­ig unter das Pferd gebückt haben soll, stürzte zu Boden. Es bestand Verdacht auf eine Gehirnersc­hütterung.

„Einen solchen Unfall kann man natürlich nicht ausschließ­en“, sagt Friedhelm Tillmann, aus dessen Gestüt das Pferd kommt. Der erfahrene Reiter aus dem Verein hatte nicht mehr eingreifen können. Sorgen um eine Gefahr durch Pferde im Brauchtum findet Tillmann trotzdem nicht angebracht. „Es passiert so gut wie nie was“, sagt er. Das Tier sei auch nicht gestresst gewesen. Er suche seine Pferde speziell aus. „Ein Tier mit unsicherem Wesen kommt nicht auf die Straße“, sagt Tillmann.

Das Ja zu Pferden unterstütz­en die Spitzenver­treter des Brauchtums – auch wenn es wachsende Kritik gibt. Nach dem Kollaps einer Stute beim Kölner Rosenmonta­gszug arbeitet man dort an strengeren Auflagen, heute sollen sie verkündet werden. In Düsseldorf ist das kein Thema. „Das ist eine schöne Traditi- on und fernab von Tierquäler­ei“, so Schützench­efin Britta Damm, die selbst reitet. „Es wird gezielt Rücksicht auf die Pferde genommen, die Kapellen spielen etwa leiser.“

Tierschütz­er sprechen sich hingegen für ein Verbot von Pferden in Umzügen aus. „Zum einen ist das Unfallrisi­ko extrem hoch, zum anderen bedeuten solche Veranstalt­ungen so großen Stress, dass vielerorts verbotener­weise mit Sedativa nachgeholf­en wird, damit die Pferde es überhaupt ertragen können, ohne durchzugeh­en“, sagt Peter Höffken, Referent für Tiere in der Unterhaltu­ngsbranche bei „Peta“.

Die Karnevalis­ten haben sich nach ihrer Session erneut ausgetausc­ht. „Nach jetzigen Stand sind Pferde, Reiter und Veranstalt­er gut vorbereite­t“, sagt Sven Gerling, der im Comitee Düsseldorf­er Carneval (CC) für die Sicherheit zuständig ist. „Die Gefahr durch Pferde ist in all den Jahren nicht größer geworden.“Das CC hat mit der Stadt die Standards weiterentw­ickelt. Pferde haben beim Zoch einen eigenen Aufstellpl­atz. Dort schauen Amtstierär­zte sie an. Wenn diese vermuten, dass illegal Beruhigung­smittel verabreich­t wurden, dürfen sie Blutproben nehmen. Die Karnevalis­ten stehen zudem im Austausch mit den anderen Hochburgen. „Da wird es sicher auch um Pferde gehen“, sagt CC-Sicherheit­sexperte Gerling.

In den Vereinen geraten derweil die Fähigkeite­n der Reiter in den Fokus: Die Gerresheim­er Schützen haben sich vorgenomme­n, mehr zu kontrollie­ren, ob diese genug Praxis haben – auch wenn das diesmal nicht die Ursache war. „Wer auf Umzügen reitet, muss trainieren“, sagt der 2. Chef Stephan Friedel. Das befürworte­t auch Schützench­efin Damm. Viele Vereine schreiben 25 Reitstunde­n pro Jahr vor.

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