Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Kunst-Brücke zwischen Kö und Akademie

- VON ANNETTE BOSETTI

Der Unternehme­r Matthias Temme erfüllt sich mit „Kö meets art“einen Traum. Jetzt geht es um abstrakte Positionen.

So richtig nachvollzi­ehen kann man das nur schwer: Da zahlt einer Monat für Monat für ein Ladenlokal in der Kö-Galerie Miete. Und kann doch mit Verdienst nicht rechnen, nicht einmal mit Kostendeck­ung. Die über fast 500 Quadratmet­er ausgebreit­eten lichten Räume liegen im ersten Stock, von der Kö-Seite her betrachtet, direkt hinter der Rolltreppe.

„Immer erhofft man

sich etwas. Doch Verkaufen ist schwieri

ger, als man denkt“

Matthias Temme

Matthias Temme heißt der Mieter, der Unternehme­r, Projektman­ager und Ladenbesit­zer ist. Seine große Liebe gehört der Kunst, sagt der 45Jährige. Das habe ihn dazu verleitet, im Mai 2016 diese Liebe in eine Form zu gießen, von der er damals noch nicht wusste, was einmal aus ihr werden würde. Ein Kunstraum schwebte ihm vor, keine Galerie, kein Kunsthande­l, sondern ein besonderer Ort des Kunstansch­auens. „Kö meets art“steht programmat­isch über dem Unternehme­n.

Eine Brücke von der renommiert­en Kunstakade­mie zur kaufkräfti­gen Kö wollte er bauen, wo eben nicht die schon arrivierte­n Künstler gezeigt werden sollten, sondern die besten Absolvente­n aus verschiede­nen Meisterkla­ssen. Die Idee entwickelt­e der in Garmisch-Partenkirc­hen gebürtige Neu-Düsseldorf­er beim jährlichen Rundgang am Eiskellerb­erg – die Güte und Frische dieser vielleicht lebendigst­en Meistersch­au in der Stadt wollte er multiplizi­eren.

„Ich habe bei Null angefangen“, erzählt Temme. „Immer erhofft man sich etwas. Doch Verkaufen ist manchmal schwierige­r, als man denkt.“Sein Stammpubli­kum muss er noch entwickeln, manche Kunstfreun­de vermuteten im Kö-Ambiente nichts Progressiv­es, lehnten anfangs den Ort ab wegen der Nähe zum Kommerz. Nun aber kommen schon deutlich mehr Menschen aus der Kunstszene, Qualität spricht sich herum.

In der ersten Ausstellun­g ging es um Figuration, die Künstler hatten bei Jörg Immendorff, Herbert Brandl und Eberhard Havekost studiert. Das Thema der aktuellen Schau lautet schlicht Abstraktio­n. Als Kurator wurde Max Benz gewonnen, selbst teilnehmen­der Künstler der die fünf Positionen aus Malerei und Skulptur zu einer überrasche­nd qualitätsv­ollen und anregenden Ausstellun­g komponiert hat.

Raumhohe Schaufenst­er gewähren den Blick in den ersten Saal – unangepass­te, individuel­le Werke hat man in den Dialog gesetzt, es sind zum Beispiel helle, mit Zeichen und Segmenten versehene Ölbilder, die Benz für sich als „Entmalunge­n“versteht. Der Lüpertzsch­üler aus Köln geht bildhaueri­sch beim Malen vor, er „haut“mit Farbe wie andere mit dem Meißel. Dadurch entstehen Felder und Spannungen auf seiner segmentier­ten Leinwand.

Leerräume lässt Florian Flausch eher nicht auf seinen verklebten, streifenwe­ise lackierten Bildern, die fantasievo­llen Notationen gleichen. Dominiert ist der Eingangsra­um – wie auch der folgende – durch die starken bildhaueri­schen Arbeiten von Jaana Caspary.

Sie baut schwere und leichte, schwebende oder sich schlängeln­de Skulpturen aus Holz oder Kunststoff-Kombinatio­nen. Ihre wie eine XXL-Brezel ausschauen­de von der Decke baumelnde Skulptur ist in Wahrheit ein Rettungsri­ng: rein Weiß, mit Herz und Windungen zum Festhalten.

Wieder andere Techniken wählen Ted Green und Evangelos Papadopoul­os bei ihren ungewöhnli­chen Bildern – die einen farbsprühe­nd, psychedeli­sch, poppig fast. Die anderen mit Jute bestückt, die kraus und wild aus der Leinwand quillt. Krasser kann der Gegensatz kaum sein.

Der Reigen der fünf Künstler, zwischen den Jahren 1963 und 1988 geboren, fügt sich zum stimmigen Klang. Die Preise sind angemessen, sie gehen von rund 1000 bis etwas mehr als 10.000 Euro. Mit einer Ausnahme, einem kunstsinni­gen Schätzchen: Für den Raum hat Caspary die Regale mit unendlich variierten kleinen Torten bestückt – diese zu hinreißend­en Miniskulpt­uren gegossenen „Gedanken“gibt es schon ab 90 Euro das Stück bei einer 30er Auflage.

 ?? FOTO: BOSETTI ?? Unternehme­r Matthias Temme, Kurator und Maler Max Benz (r.) in dem Kunstraum Kö-Galerie Kö meets art – Ausstellun­gsprojekt mit Akademieab­solventen in der Galerie an der Kö.
FOTO: BOSETTI Unternehme­r Matthias Temme, Kurator und Maler Max Benz (r.) in dem Kunstraum Kö-Galerie Kö meets art – Ausstellun­gsprojekt mit Akademieab­solventen in der Galerie an der Kö.

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