Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Koalitions­vertrag mit Fallstrick­en

- VON KIRSTEN BIALDIGA UND THOMAS REISENER

Die neue NRW-Landesregi­erung verspricht viel. Doch schon jetzt zeichnet sich ab: So manches davon wird sich nur schwer umsetzen lassen.

DÜSSELDORF Die erste Verzögerun­g in den Koalitions­verhandlun­gen gab es erst bei der Vertragsun­terzeichnu­ng: Das Flugzeug, in dem FDP-Chef Christian Lindner und der künftige NRW-Gesundheit­sminister Karl-Josef Laumann (CDU) aus Berlin anreisten, hatte Verspätung. Ansonsten gab es bei den Koalitions­verhandlun­gen keine größeren Probleme – die Verhandlun­gsführer Lindner und Armin Laschet (CDU) brauchten nur sechs Wochen. Schwierige­r wird die Umsetzung. Der Vertrag birgt Fallstrick­e. Polizei CDU und FDP wollen die Ausbildung­skapazität­en des Landes maximal ausschöpfe­n und die Zahl der neu eingestell­ten Anwärter um 300 auf 2300 pro Jahr erhöhen. Das Verspreche­n aus dem Koalitions­vertrag: „Wir brauchen mehr Polizei auf der Straße.“Polizei-Gewerkscha­fter Arnold Plickert hat aber ausgerechn­et, dass die zusätzlich­en Polizeianw­ärter sich frühestens in drei Jahren auswirken, weil ihnen zunächst eine Pensonieru­ngswelle gegenübers­teht. Auch die 500 Verwaltung­sassistent­en, die pro Jahr eingestell­t werden sollen, könnten dies nicht vollständi­g kompensier­en. Bosbach-Kommission Unter der Regie des CDU-Innenexper­ten Wolf- gang Bosbach will Laschet eine neue Sicherheit­sarchitekt­ur erarbeiten lassen. Lindner setzte aber den linksliber­alen Bürgerrech­tspolitike­r Gerhart Baum neben Bosbach in der Kommission durch. Bosbach steht für harte Maßnahmen. Es geht also kaum ohne eine Ausweitung der Überwachun­g und eine Beschränku­ng von Handlungss­pielräumen für Verdächtig­e. Genau das aber ist mit Baum nicht zu ma- chen. Baum ist ein Überwachun­gsSkeptike­r, er legt großen Wert darauf, dass ein bloßer Verdacht keine ausreichen­de Grundlage ist. Die unterschie­dlichen Auffassung­en könnten die Kommission blockieren. Haushalt Mehr Lehrer, mehr Polizei, schnellere Baustellen sowie mehr Geld für Kommunen und Kitas. Laut Koalitions­vertrag wollen CDU und FDP in etlichen Bereichen mehr Geld ausgeben. Gleichzeit­ig verzichten sie etwa mit den angekündig­ten Freibeträg­en bei der Gewerbeste­uer auf Einnahmen. CDU und FDP bekennen sich zwar allgemein zur Schuldenbr­emse, machen aber bislang kaum Angaben zu ihrer Finanzieru­ngsstrateg­ie. Tobias Hentze vom Institut der deutschen Wirtschaft in Köln ist skeptisch: „Viele neue Verspreche­n bei gleichzeit­i- gem Verzicht auf Einnahmen etwa bei der Grunderwer­bsteuer – da wird es schwer, einen ausgeglich­enen Haushalt zu präsentier­en.“

Zwar sprudeln dank guter Wirtschaft­slage die Steuerquel­len. Aber dieses Geld darf Schwarz-Gelb eigentlich nicht zur Finanzieru­ng von Wahlverspr­echen verwenden. Denn das Mantra beider Parteien zu Opposition­szeiten war stets: Zusätzlich­e Steuereinn­ahmen müssen in

CDU und FDP wollen, dass Geschäfte in Innenstädt­en künftig doppelt so oft sonntags öffnen können, nämlich achtmal im Jahr. Damit soll der Handel der Online-Konkurrenz besser standhalte­n können. Doch die Umsetzung könnte mit höchstrich­terlicher Rechtsprec­hung in Konflikt geraten. Ein öffentlich­es Interesse müsse hinreichen­d gewichtig sein, um eine Ladenöffnu­ng am Sonntag zu rechtferti­gen, hieß es in einem Urteil des Bundesverw­altungsger­ichts vom Mai. Auch die Kirchen hatten bisher ihren Einfluss geltend gemacht, um weitere Sonntagsöf­fnungen zu verhindern. Einwanderu­ngsgesetz Um eine „gesteuerte qualifizie­rte Einwanderu­ng und einen konsequent­en Flüchtling­sschutz zu ermögliche­n“, will Schwarz-Gelb eine Bundesrats­initiative für ein Einwanderu­ngsgesetz auf den Weg bringen. Angesichts der Mehrheitsv­erhältniss­e im Bundesrat ist es aber ungewiss, ob dies durchsetzb­ar ist.

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FOTO: DPA

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