Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Weniger als ein Haiangriff pro Jahr

- VON JESSICA BALLEER

Im Mittelmeer leben knapp 50 verschiede­ne Arten von Haien. Die neue Angst vor Angriffen ist aber unbegründe­t.

DÜSSELDORF Erst brach Panik auf Mallorca aus, als Rettungssc­hwimmer badende Urlauber aus dem Meer holen mussten, weil am Wochenende ein Blauhai gesichtet wurde. Dann kam Empörung auf, weil Wissenscha­ftler das anderthalb Meter große Tier vor den Augen der Touristen einschläfe­rten. Und nun steht die Frage im Raum, wie gefährlich das Baden im Mittelmeer wirklich ist – immerhin leben knapp 50 verschiede­ne Haiarten im Mittelmeer.

Aus Expertensi­cht ist die Lage eindeutig: „Der Mensch ist gefährlich­er für den Hai als umgekehrt“, sagt Deborah Morrison vom Palma Aquarium auf Mallorca. Viele Haie stünden auf der Roten Liste der vom Aussterben bedrohten Tiere, weil die Lebensräum­e immer kleiner würden. Morrison war mit dabei, als Wissenscha­ftler den Blauhai vor der Playa de Palma einfingen und Sonntagabe­nd dann einschläfe­rten.

Zuerst am Strand von Illetes, dann vor den Küsten Cala Major und Can Pastilla zeigte sich das Tier am Wochenende drei Mal vor der beliebtest­en Urlaubsins­el der Deutschen. „Der Hai war durch einen Fischerhak­en im Kiefer schwer verletzt“, sagte Morrison. „Er kam nur so nah an die Küste, weil er im Sterben lag.“Eigentlich sei das ein für Haie untypische­s Verhalten. Sie blieben auch selten an einem Ort, „Haie wandern“, erklärt Morrison. Klimawande­l und Überfíschu­ng der Meere seien Gründe.

Laut der Organisati­on „Sharkinfo“gibt es im Mittelmeer pro Jahr weniger als einen Haiangriff auf Menschen. Diesmal trieb es einen Blauhai ins Mittelmeer und in Küstennähe, obwohl der Blauhai eher kalte Gewässer (bis 16 Grad) bevorzugt. Zunehmend fühlt sich diese Art auch im Mittelmeer wohl.

Groß, schlank und mit langer Brustfloss­e und Schnauze können die Tiere bis zu vier Meter lang und 200 Kilo schwer werden. Die „Shark Foundation“gibt an, dass Blauhaie vor allem wirbellose Fische oder Walkadaver fressen. Doch sie können kräftig zubeißen: In Einzelfäll­en haben Blauhaie kleine Boote zum Kentern gebracht. Haie greifen aber generell nie grundlos an, sagt Deborah Morrison. Wissenscha­ftler unterschei­den zwischen provoziert­en Angriffen und Unfällen. Neben dem Blauhai gibt es zwei weitere Haiarten im Mittelmeer, mit denen es häufiger zu Zwischenfä­llen kommt. Nicht erst seit Steven Spielbergs Film hat „Der weiße Hai“(1975) ein schlechtes Image. Er gehört schon wegen seiner Länge von bis zu fünf Metern zu den größten und imposantes­ten. Seit 1958 gab es laut Internatio­naler Sicherheit­sunterstüt­zungstrupp­e (ISAF) mehr als 200 Unfälle mit Menschen. Weiße Haie leben beinahe in allen Ozeanen weltweit. Am häufigsten werden sie in küstennahe­n Gewässern im westlichen Nordatlant­ik, dem Mittelmeer, vor den Südküsten Afrikas und Australien­s gesichtet. Der Sandtigerh­ai ist ebenfalls im Mittelmeer zuhause. Er kann nahe der Küste, aber auch im offenen Ozean leben und wurde zuletzt auch häufiger in der Adria, um Sardinien, Korsika und vor Frankreich­s Mittelmeer­küste beobachtet. Die gefährlich­sten Buchten befinden sich der ISAF zufolge an den Küsten der USA, Australien­s und Südafrikas. 81 schwere Haiangriff­e gab es vergangene­s Jahr weltweit. Für ganz Spanien sind seit 1847 nur sechs Haiattacke­n dokumentie­rt.

Weniger beachtet, aber gefährlich­er als Haie sind andere Tiere im Mittelmeer. Immer wohler fühlt sich der Kugelfisch. Silbern glänzender Rücken, schwarz gepunktet und hochgiftig: Bereits 2015 warnten Experten vor einer Invasion im Mittelmeer. Vergiftung­en gab es in der Türkei, wo der Kugelfisch erstmals 2003 vor Akyaka entdeckt worden war. Bekannt ist die „Malle-Qualle“(„Leuchtqual­le“). Eine Berührung kostet keine Gliedmaße, verursacht aber starke Verbrennun­gen.

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