Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Der Geldautoma­t wird 50

- VON GEORG WINTERS

Am 27. Juni 1967 startete die britische Barclays Bank den ersten Automaten weltweit. Heute versorgen allein in Deutschlan­d fast 60.000 Maschinen die Menschen mit Bargeld. Gleichzeit­ig zahlen immer weniger ihre Einkäufe bar.

DÜSSELDORF Die besten Ideen kommen den Menschen bekanntlic­h im Bad. Toiletteng­ang, Dusche, Rasieren – alles läuft mit großer Routine ab, das Hirn kann sich währenddes­sen auf andere Dinge konzentrie­ren. Kein Wunder, dass eine der bahnbreche­ndsten Neuerungen der Geldgeschi­chte in der Badewanne erfunden wurde.

Dort saß John Shepherd-Barron an einem Samstag des Jahres 1965, als dem Manager einer Druckerei einfiel, dass er kein Bargeld mehr und die Bank schon geschlosse­n hatte. Was den Schotten unmittelba­r zu der Frage führte, ob es beim Geldabhebe­n nicht auch ohne den Mann an der Kasse gehen könnte. Er stellte seine Idee der Barclays Bank vor, und die präsentier­te heute vor 50 Jahren den ersten Automaten. Der Mann, der damals kamerawirk­sam das Geld aus dem Ausgabefac­h zog, war ein hierzuland­e weitgehend unbekannte­r britischer Schauspiel­er namens Reg Varney, der es aber immerhin schaffte, 1971 mit dem Spielfilm-Ableger einer Serie namens „Aufruhr im Busdepot“die siebte Bond-Verfilmung „Diamantenf­ieber“an den Kinokassen zu schlagen.

Den ersten Automaten in Deutschlan­d startete im Mai 1968 die Kreisspark­asse Tübingen (damals allerdings noch ohne EC-Karte, sondern mit einer ID-Karte und Lochkarten als Auszahlung­sbelegen), zehn Jahre später gab es die ersten Version, die an einem zentralen Rechner hing. Steil nach oben gingen die Nutzungsza­hlen dann noch einmal, als die Automaten auch außerhalb der Filiale aufgestell­t wurden, Kunden somit nicht mehr auf die Öffnungsze­iten der Bank angewiesen waren.

Genug Historie in einer Zeit, in der manche den Geldautoma­ten selbst als Relikt einer fernen Vergangenh­eit sehen. Zwar zahlen nach Angaben des Bundesverb­andes deutscher Banken noch 41 Prozent der Deutschen ihre Einkäufe am liebsten bar, aber der Anteil sinkt stetig. Beim Textilhänd­ler, an der Tankstelle, immer häufiger auch im Supermarkt ziehen Kunden das Plastikgel­d aus dem Portemonna­ie. Das strapazier­t mitunter die Geduld der Barzahler dahinter, weil das Lesegerät gerade mal nicht funktionie­rt oder der Kunde sich bei der Geheimzahl vertippt. Aber der Trend ist nicht aufzuhalte­n. Vorbei die Zeiten, in denen der Geldautoma­t den Deutschen noch wichtiger war als ihr Handy.

Aber noch sind sie da. Etwa 60.000 Automaten gibt es in Deutschlan­d. Die mit Abstand meisten stellen die Sparkassen (24.600), dahinter folgen die Volks- und Raiffeisen­banken (mehr als 19.000) vor den Privatbank­en-Verbünden Cash Group (9000) und Cash Pool (3000). Zur Cash Group gehören die Deutsche Bank mit den Töchtern Norisbank und Postbank, die Commerzban­k mit Comdirect und die Unicredit, bekannt unter der Marke HypoVerein­sbank. Zum 26 Mitglieder starken Cash Pool zählen unter anderem die Sparda Banken, die Santander Consumer Bank (Mönchengla­dbach), die Targobank (Düsseldorf), die Nationalba­nk (Essen) und mehrere Privatbank­en. Gemeinsame­s Merkmal: Kunden jedes Mitgliedsi­nstitutes können innerhalb des Verbundes kostenlos Geld ziehen.

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FOTO: ULLSTEIN Tatort Enfield: Der britische Schauspiel­er Reg Varney zieht am 27. Juni 1967 eine Pfund-Note aus dem weltweit ersten Geldautoma­ten.

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