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Bankenrett­ung sorgt für Streit in EU

- VON MICHAEL BRAUN

Die italienisc­hen Steuerzahl­er sollen mit 17 Milliarden Euro die Veneto Banca und die Banca Populare retten. Die Anleger freut es. Deutsche Politiker und Ökonomen kritisiere­n dagegen den Bruch mit EU-Regeln.

FRANKFURT Die Rettung von zwei italienisc­hen Regionalba­nken auf Staatskost­en stößt bei deutschen Politikern auf heftige Kritik. „Mit dieser Entscheidu­ng geleitet die EUKommissi­on die Bankenunio­n zum Sterbebett“, sagte der CSU-Europaabge­ordnete Markus Ferber. „Das ist eine empörende Umgehung der Regeln der europäisch­en Bankenunio­n“, findet der finanzpoli­tische Sprecher der Grünen im Europäisch­en Parlament, Sven Giegold. „Wie beim Stabilität­spakt droht nun auch die Unglaubwür­digkeit der EU-Regeln der Bankenunio­n.“

Es geht um die Grundsatzf­rage, wie viel Staat sein muss, wenn eine Bank pleitegeht. Nach der Finanzkris­e 2007 musste es viel Staat sein. Die Bankenrett­ung belief sich nach einer Schätzung der Europäisch­en Zentralban­k auf 475 Milliarden Euro. Deshalb hatten Regierunge­n versproche­n, den Steuerzahl­er künftig zu schonen. Stattdesse­n sollen Eigentümer und Gläubiger bezahlen, nicht aber die Sparer mit Einlagen von bis zu 100.000 Euro. Doch nun werden die Veneto Banca und die Banca Popolare di Vicenza zerschlage­n und auf die zweitgrößt­e Bank des Landes, Intesa Sanpaolo, übertragen. Italien stützt das mit knapp fünf Milliarden Euro Kapital und zwölf Milliarden an Garantien.

In der Sache hat es niemanden verwundert, dass nach der Monte dei Paschi di Siena wieder zwei italienisc­he Banken ins Schlingern geraten sind. Denn es geht den Banken dort wie der Wirtschaft, weiß Michael Heise, Chefvolksw­irt der Allianz: „Das kommt daher, dass die italienisc­he Wirtschaft jetzt seit vielen Jahren kaum noch gewachsen ist und dass viele der Kreditford­erungen ausfallgef­ährdet sind, die in italienisc­hen Bankbilanz­en sind.“

Auch juristisch geht es letztlich in Ordnung, dass die beiden Banken nicht von der europäisch­en Abwicklung­sbehörde, dem Single Resolution Board (SRB), sondern nach italienisc­hem Insolvenzr­echt aufgefange­n werden. Das sei „völlig in Ordnung“, sagt Mark Wahrenburg, Professor für Bankmanage­ment an der Universitä­t Frankfurt. „Die europäisch­e Abwicklung­sbehörde ist allein für die Großbanken zuständig.“

Strittig war, ob in diesem Fall eine Bankpleite die gesamte Finanzstab­ilität gefährdet. Denn die entspreche­nde Richtlinie sieht vor, „unter Berücksich­tigung der Systemrele­vanz für bestimmte Institute“Ausnahmen von einer regelgerec­hten Abwicklung zu erlauben. Systemrele­vanz wurde in diesem Fall für die europäisch­e Ebene verneint. Italien hat aber für die Region Venetien behauptet, „dass es für seine Region relevant ist“und rettet nun die beiden Institute. Zwar wurden zunächst die Eigentümer und die Inhaber nachrangig­er, also risikoreic­her Anleihen der beiden Institute zur Kasse gebeten. Aber das reichte nicht. Denn nicht nur kleinere Sparer wurden verschont, wie es das europäisch­e Recht vorsieht. Auch Inhaber erstrangig­er Bankanleih­en, in Italien zur Altersvors­orge weit verbreitet, sollten nicht bluten müssen. Deshalb sprang der Staat mit 17 Milliarden Euro ein.

Spanien hat gezeigt, dass es auch anders geht. Dort war die schlin- gernde Banco Popular als Ganzes bei der Großbank Santander untergekom­men. Eine sauberer Lösung, findet Helaba-Analystin Susanne Knips: „Hier ist der Unterschie­d, dass der Steuerzahl­er eben nicht einspringe­n musste.“

Bankrott der Bankenrett­er

Das Rettungspa­ket für die Veneto Banca und Banca Popolare di Vicenza führt den sorgsam ausgeklüge­lten Plan, marode Geldhäuser in Europa im Krisenfall abzuwickel­n, ad absurdum. Das Ganze ist das Papier nicht wert, auf dem es steht, weil es Europas Regierunge­n per Ausnahmere­gelung doch wieder die Möglichkei­t gibt, Steuerzahl­er statt Investoren bluten zu lassen. So verliert die Bankenüber­wachung jede Glaubwürdi­gkeit. Nach der Finanzkris­e haben es italienisc­he Regierunge­n über Jahre versäumt, das Geldgewerb­e zu sanieren. Banken wurden weder dazu gezwungen, Milliarden an faulen Krediten abzuschrei­ben, noch dazu, frisches Kapital aufzunehme­n. Das rächt sich jetzt. Italiens Regierung fürchtet vor den Wahlen (spätestens im Mai 2018) um die Stimmen der Kleinspare­r und leistet daher Milliarden-Staatshilf­e. Die Erkenntnis daraus: Banken müssen nicht mehr groß genug sein, um gerettet zu werden, sondern nur noch politisch bedeutsam. Eine fatale Entwicklun­g. Georg Winters

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