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Bankenrettung sorgt für Streit in EU
Die italienischen Steuerzahler sollen mit 17 Milliarden Euro die Veneto Banca und die Banca Populare retten. Die Anleger freut es. Deutsche Politiker und Ökonomen kritisieren dagegen den Bruch mit EU-Regeln.
FRANKFURT Die Rettung von zwei italienischen Regionalbanken auf Staatskosten stößt bei deutschen Politikern auf heftige Kritik. „Mit dieser Entscheidung geleitet die EUKommission die Bankenunion zum Sterbebett“, sagte der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber. „Das ist eine empörende Umgehung der Regeln der europäischen Bankenunion“, findet der finanzpolitische Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament, Sven Giegold. „Wie beim Stabilitätspakt droht nun auch die Unglaubwürdigkeit der EU-Regeln der Bankenunion.“
Es geht um die Grundsatzfrage, wie viel Staat sein muss, wenn eine Bank pleitegeht. Nach der Finanzkrise 2007 musste es viel Staat sein. Die Bankenrettung belief sich nach einer Schätzung der Europäischen Zentralbank auf 475 Milliarden Euro. Deshalb hatten Regierungen versprochen, den Steuerzahler künftig zu schonen. Stattdessen sollen Eigentümer und Gläubiger bezahlen, nicht aber die Sparer mit Einlagen von bis zu 100.000 Euro. Doch nun werden die Veneto Banca und die Banca Popolare di Vicenza zerschlagen und auf die zweitgrößte Bank des Landes, Intesa Sanpaolo, übertragen. Italien stützt das mit knapp fünf Milliarden Euro Kapital und zwölf Milliarden an Garantien.
In der Sache hat es niemanden verwundert, dass nach der Monte dei Paschi di Siena wieder zwei italienische Banken ins Schlingern geraten sind. Denn es geht den Banken dort wie der Wirtschaft, weiß Michael Heise, Chefvolkswirt der Allianz: „Das kommt daher, dass die italienische Wirtschaft jetzt seit vielen Jahren kaum noch gewachsen ist und dass viele der Kreditforderungen ausfallgefährdet sind, die in italienischen Bankbilanzen sind.“
Auch juristisch geht es letztlich in Ordnung, dass die beiden Banken nicht von der europäischen Abwicklungsbehörde, dem Single Resolution Board (SRB), sondern nach italienischem Insolvenzrecht aufgefangen werden. Das sei „völlig in Ordnung“, sagt Mark Wahrenburg, Professor für Bankmanagement an der Universität Frankfurt. „Die europäische Abwicklungsbehörde ist allein für die Großbanken zuständig.“
Strittig war, ob in diesem Fall eine Bankpleite die gesamte Finanzstabilität gefährdet. Denn die entsprechende Richtlinie sieht vor, „unter Berücksichtigung der Systemrelevanz für bestimmte Institute“Ausnahmen von einer regelgerechten Abwicklung zu erlauben. Systemrelevanz wurde in diesem Fall für die europäische Ebene verneint. Italien hat aber für die Region Venetien behauptet, „dass es für seine Region relevant ist“und rettet nun die beiden Institute. Zwar wurden zunächst die Eigentümer und die Inhaber nachrangiger, also risikoreicher Anleihen der beiden Institute zur Kasse gebeten. Aber das reichte nicht. Denn nicht nur kleinere Sparer wurden verschont, wie es das europäische Recht vorsieht. Auch Inhaber erstrangiger Bankanleihen, in Italien zur Altersvorsorge weit verbreitet, sollten nicht bluten müssen. Deshalb sprang der Staat mit 17 Milliarden Euro ein.
Spanien hat gezeigt, dass es auch anders geht. Dort war die schlin- gernde Banco Popular als Ganzes bei der Großbank Santander untergekommen. Eine sauberer Lösung, findet Helaba-Analystin Susanne Knips: „Hier ist der Unterschied, dass der Steuerzahler eben nicht einspringen musste.“
Bankrott der Bankenretter
Das Rettungspaket für die Veneto Banca und Banca Popolare di Vicenza führt den sorgsam ausgeklügelten Plan, marode Geldhäuser in Europa im Krisenfall abzuwickeln, ad absurdum. Das Ganze ist das Papier nicht wert, auf dem es steht, weil es Europas Regierungen per Ausnahmeregelung doch wieder die Möglichkeit gibt, Steuerzahler statt Investoren bluten zu lassen. So verliert die Bankenüberwachung jede Glaubwürdigkeit. Nach der Finanzkrise haben es italienische Regierungen über Jahre versäumt, das Geldgewerbe zu sanieren. Banken wurden weder dazu gezwungen, Milliarden an faulen Krediten abzuschreiben, noch dazu, frisches Kapital aufzunehmen. Das rächt sich jetzt. Italiens Regierung fürchtet vor den Wahlen (spätestens im Mai 2018) um die Stimmen der Kleinsparer und leistet daher Milliarden-Staatshilfe. Die Erkenntnis daraus: Banken müssen nicht mehr groß genug sein, um gerettet zu werden, sondern nur noch politisch bedeutsam. Eine fatale Entwicklung. Georg Winters