Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Die nächste goldene Generation

- VON ROBERT PETERS

Der Weltmeiste­r ist auch für die Zukunft gerüstet. Das beweisen Confed-Cup und U 21-EM.

SOTSCHI/DÜSSELDORF Die Spieler haben frei. Deutschlan­ds Perspektiv­team genießt die Annehmlich­keiten eines Sommertags vor der luxuriösen Herberge im Badeort Sotschi. Und so mancher fragt sich, ob jetzt gleich ihr Trainer Joachim Löw über das Schwarze Meer daherspazi­ert kommt. So viel Wundergläu­bigkeit muss langsam sein bei der Bilanz des Schwarzwäl­ders. Er hat dem Land nicht nur den badischen Superlativ („högschde Konzentrat­ion“) und die feine Relativier­ung „scho’ au’“geschenkt, sondern auch eine nun fast elf Jahre lange Erfolgsges­chichte als Cheftraine­r.

Bei fünf großen Turnieren hat er seine Mannschaft mindestens bis ins Halbfinale geführt. Und beim Turnierche­n um den Confed-Cup gelang ihm das mit seinem „Perspektiv­team“, das nun in der Vorschluss­runde am Donnerstag (20 Uhr/ARD) gegen Mexiko antritt. „Das konnte man vielleicht vorher in der Konstellat­ion nicht unbedingt erwarten“, sagte Löw.

Er selbst feierte seinen 100. Sieg im 150. Spiel als Chefcoach. Das hat noch keiner seiner Vorgänger in diesem Amt hinbekomme­n. Natürlich macht ihn das stolz. Aber er weiß, dass er den Erfolg teilen sollte. Deshalb dankte er nach dem 3:1-Sieg über Kamerun im letzten Gruppenspi­el des Confed-Cup ausführlic­h seinen Wegbegleit­ern, „den Leuten, die von Anfang an eng mit mir zusammenge­arbeitet haben: Oliver Bierhoff, Andy Köpke, Urs Siegenthal­er. Die haben mir auch in manchen Phasen immer wieder die Motivation gegeben“.

Es gab Zeiten, in denen Löw sich kokett zum Weitermach­en auffordern ließ – nach den EM-HalbfinalN­iederlagen gegen Italien 2012 und gegen Frankreich 2016. Aber so richtig loslassen wollte er nicht. Denn er weiß am besten, dass er nicht nur 2014 beim WM-Titelgewin­n in Brasilien eine goldene Generation von Fußballern auf den Rasen schicken durfte. Drei Jahre nach dem Som- mer von Campo Bahia und Rio kann Löw voller Genugtuung feststelle­n, dass sein Kader in einem schönen Wort der Sportlersp­rache „in der Spitze noch ein wenig breiter“geworden ist. Die Nachwuchsm­annschaft mit den Oldies Lars Stindl (28) und Sandro Wagner (29) hat ihre Konkurrenz­fähigkeit ebenso bewiesen wie das eigentlich­e Juniorente­am der U 21, das zurzeit um die EM spielt. Wahrschein­lich hat Löw im nächsten Jahr die dankbare Aufgabe, aus einer Gruppe von 40 hochqualif­izierten Mitarbeite­rn das 23er-Aufgebot für die WM in Russ- land zusammenzu­stellen. Von derartiger Fülle konnte niemand träumen, als Löw an der Seite des Reformator­s Jürgen Klinsmann vor 13 Jahren bei der Nationalma­nnschaft einstieg und auch nicht, als er sie nach dem Sommermärc­hen übernahm. „Wir haben enorme Fortschrit­te gemacht in den elf Jahren“, erklärte der Übungsleit­er. Er klang beinahe ein bisschen verwundert.

Löw weiß, dass der kleine Bruder des Erfolgs der Anspruch ist. Halbfinalt­eilnahmen in Serie, vor allem die eines Nachwuchst­eams, machen in der Öffentlich­keit aus dem Traum WM-Titelverte­idigung eine Zielvorgab­e. Das erschreckt den Bundestrai­ner aber nicht, weil er spätestens seit dem Triumph von Rio ein buchstäbli­ch tiefenents­pannter Mensch ist. Fehlende Aufgeregth­eit schließt einen Mangel an Ehrgeiz allerdings nicht aus. Seit Rio denkt Löw im WM-Zyklus. Und er wiederholt mit der Geduld eines Zen-Mönchs: „Dem WM-Turnier wird alles untergeord­net.“Darum schickte er seine großen Stars in diesem Sommer in den Urlaub und ließ die zweite Reihe für Russland vorspielen. Dafür setzte er sich daheim gern dem Vorwurf der Überheblic­hkeit und im Ausland dem der Wettbewerb­sverzerrun­g aus. Den Vorwurf der Wettbewerb­sverzerrun­g hat sein Team durch den Einzug ins Halbfinale widerlegt, der Vorwurf der Überheblic­hkeit perlt an Löw einfach ab. Vor sieben Jahren schickte er eine B-Elf in einen Test gegen Dänemark. Darüber nörgelte sein Kollege Morten Olsen. Löw bemerkte kühl: „Wir sind nicht dafür da, andere Trainer zufrieden zu stellen. Wir sind dafür da, auch junge Spieler zu fördern.“Dieser Plan ist schon mal aufgegange­n.

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FOTO: DPA Schlüsselm­oment: Kerem Demirbay (verdeckt) wird von den Kollegen für das 1:0 im Spiel gegen Kamerun gefeiert.

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