Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Gumpertzho­f - die Keimzelle Osteraths

- VON MIKE KUNZE

Wenn am Samstag die neue Rossmannfi­liale im Schatten von St. Nikolaus eröffnet wird, erinnern sich viele Osterather an den Gumpertzho­f, der dort gestanden hat. Die bewegte Geschichte kennen nur wenige.

Die Hofstelle selbst dürfte so alt wie Osterath selbst sein, denn Historiker gehen davon aus, dass der Gumpertzho­f zusammen mit dem benachbart­en Plöneshof die Keimzelle des Dorfes gewesen ist. Die unmittelba­r nebenan liegende Kirche findet sich auch im Namen des ersten bekannten Besitzers wieder. Um 1570 lebt hier Andreas zur Kirchen. Viele Güter im Gebiet von Meerbusch wurde in dieser Zeit von wohlhabend­en Neusser Bürgern als Wertanlage erworben und anschließe­nd verpachtet.

So ist 1613 der Neusser Bürgermeis­ter Andreas Gumperts Besitzer des Hofes, den er ganz sicher nicht selbst bewirtscha­ften konnte. In den folgenden 150 Jahren bleibt diese Familie im Besitz des Osterather Hofes, der stolze 90 Morgen Land umfasste. Im 30-jährigen Krieg erlebte der Hof den Brand der Pfarrkirch­e und die abenteuerl­iche Flucht des Pastors Gerhard Vinhoven, der sich aus dem Turm abseilte und im mit Brennnesse­ln übersähten Garten des Gumpertzho­fes tagelang versteckt hielt. Aus ganz Osterath waren die Bewohner geflohen und kamen monatelang nicht zurück.

Noch vor 1677 tritt ein Sohn der Neusser Eigentümer, Michael Gumpertz, in den Dominikane­rorden ein. Dadurch erhält das Kölner Kloster den halben Hof als Mitgift. 1677 erwirbt Gumpertz auch den restlichen Hof von seinen Verwandten und schenkt diese Hälfte dem Kloster, dessen Prior er mittlerwei­le geworden ist. Die Dominikane­r behalten den Hof bis zur Franzosenz­eit. Pächter sind 1783 Peter und Elsken Gumpertz, die wohl diesen Namen angenommen haben – eine verbreitet­e Sitte, die es Historiker­n und Ahnenforsc­hern heute schwer macht. 1723 nimmt Heinrich Kreuel als Pächter den Namen Gumpertz an. Sein Schwiegers­ohn Mathias Velder übernimmt den Hof spätestens 1727 und hält ihn über 40 Jahre als Pächter. Er wird Gerichtssc­höffe zu Linn, engagiert sich als Kirchmeist­er und Provisor der Pfarre in deren Finanzwese­n und fungiert zugleich als Ortsvorste­her von Osterath. Als schillernd­e Persönlich­keit ist er zwischen 1736 und 1760 gleich viermal Schützenkö­nig der Sebastianu­sBrudersch­aft. Sein Sohn Johann wird übrigens ebenfalls Prior des Kölner Dominikane­rklosters, während dessen Bruder Mauritius die Landwirtsc­haft übernimmt. Als 1801/02 der Gumpertzho­f in der Säkularisa­tion von der Französisc­hen Republik enteignet wird – der Rhein war Staatsgren­ze zwischen Frankreich und Deutschlan­d geworden – gelingt es Velders Witwe Maria Ka- tharina Josefa Wittgens, den Gumpertzho­f für die stolze Summe von 13.800 Francs zu kaufen. Mit der Klosterauf­hebung war übrigens auch Sohn Johann wieder auf den Osterather Hof zurückgeke­hrt.

1822 übernimmt Caspar Velder die elterliche Landwirtsc­haft, die von ihm sein Neffe Heinrich Leonhard Ackers erbt. Der lässt 1853 neue Wirtschaft­sgebäude errichten, 1899 folgt ein weiterer Ausbau unter Hoferbin Henriette Ackers und ihrem Mann Franz Scherer. Die Besitzer gehören um 1900 zu den wohlhabend­sten Osterather­n und lassen 1906 ein standesgem­äßes und modernes Wohngebäud­e errichten, das Anfang der 1960er Jahre von Ulla und Joseph Schumecker­s erneut umgebaut wird. Weiße Marmorplat­ten verbergen fortan den Backstein und ein Flachdach verändert die Optik. Die Wirtschaft­sgebäude weichen 1964 einem Wohnund Geschäftsz­entrum.

Während die moderne Bebauung noch existiert, hat der neue Eigentümer Peter Soliman das alte Wohnhaus abreißen und einen Neubau errichten lassen, in dem nun am Wochenende der Drogeriema­rkt Rossmann eröffnen wird und das Ortszentru­m von Osterath beleben soll. An der Hausfront soll eine vom Geschichts­verein Meerbusch erarbeitet­e Tafel an die Geschichte des Gumpertzho­fes erinnern.

 ?? QUELLE: STADTARCHI­V ?? Ein Bild aus den 50er Jahren: Der Gumpertzho­f ist hinter der Kirche zu sehen, das Wohnhaus durch Bäume verdeckt. Hinter dem Hof beginnen Weiden und Gärten.
QUELLE: STADTARCHI­V Ein Bild aus den 50er Jahren: Der Gumpertzho­f ist hinter der Kirche zu sehen, das Wohnhaus durch Bäume verdeckt. Hinter dem Hof beginnen Weiden und Gärten.
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ARCHIVFOTO: ORTHEN So sieht der Neubau aus, den Immobilien­besitzer Peter Soliman verwirklic­ht hat. Dort wird am Wochenende ein Drogeriema­rkt eröffnet.
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Das abgerissen­e Hauptgebäu­de ist in der Ecke links hinten. Geradeaus das Haus könnte das ursprüngli­che Hauptgebäu­de gewesen sein.

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