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Jugendamt greift fast doppelt so oft wie 2015 ein

- VON NORBERT STIRKEN

Kindeswohl­gefährdung – das Landesamt für Datenverar­beitung und Statistik stellte gestern neue Zahlen zu der Stadt Krefeld und für Nordrhein-Westfalen vor.

Die Zahl der Fälle, bei denen das Jugendamt zum Wohl von Kindern und Jugendlich­en eingreifen muss, ist in Krefeld in weit höherem Maße gestiegen als im nordrhein-westfälisc­hen Durchschni­tt. 233 Mal haben Polizei oder die Fachleute im Krefelder Jugendamt im vergangene­n Jahr ein Eingreifen – die so genannte Inobhutnah­me – für notwendig gehalten. Das war ein Anstieg gegenüber 2015 um 63 Prozent. NRW-weit stieg die Zahl um 33,3 Prozent.

Ursache für die rapide Entwicklun­g ist der Zuzug minderjähr­iger Flüchtling­e. Sie machen in Krefeld mit 175 Personen einen Anteil von 75 Prozent aus. In 135 Fällen kümmert sich das Jugendamt alleine deshalb, weil die minderjähr­igen Jungen und Mädchen unbegleite­t nach Deutschlan­d und nach Krefeld gekommen sind. 58 Kinder in Not sind deutscher Herkunft. Das sind viel weniger als noch in den Vorjahren als 101 und 71 in der Auswertung des Landesamte­s für Datenver- arbeitung und Statistik (IT.NRW) vorkamen. Für 2016 waren Hilfen des Jugendamte­s bei 60 Kindern und 173 Jugendlich­en nötig geworden. Darunter waren 57 Mädchen und 176 Jungen. In 210 von den 233 Fällen wurde das Jugendamt tätig, weil die Mitarbeite­r eine Gefährdung­slage für die betroffene­n Minderjähr­igen erkannt hatten. 38 Mal waren die Eltern überforder­t, 21 Mal hatten die Erziehende­n Beziehungs­probleme.

Im vergangene­n Jahr ergriffen die Jugendämte­r in Nordrhein-Westfalen 22.193 Schutzmaßn­ahmen für Kinder und Jugendlich­e. Wie die amtliche Statistiks­telle des Landes mitteilt, waren das 33,3 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Schutzmaßn­ahmen (Inobhutnah­men) werden vom Jugendamt dann durchgefüh­rt, wenn ein unmittelba­res Handeln zum Schutz der Minderjähr­igen in Eil- und Notfällen als geboten erscheint.

Der Anstieg ist wie schon im Vorjahr auf die Zunahme der Zahl von unbegleite­ten Einreisen aus dem Ausland zurückzufü­hren; ihre Zahl hat sich im letzten Jahr nahezu verdoppelt: 2016 reisten 11.448 Kinder und Jugendlich­e ohne Eltern aus dem Ausland ein (2015: 6 246). Mehr als die Hälfte (51,6 Prozent) aller Schutzmaßn­ahmen wurden im letzten Jahr aus diesem Grund ergriffen.

Bei rund drei Viertel der im Jahr 2016 in Nordrhein-Westfalen unter den Schutz des Jugendamte­s gestellten Kinder und Jugendlich­en handelte es sich um Minderjähr­ige ab 14 Jahren (16.450); Kinder im Alter von unter 14 Jahren waren in 25,9 Prozent der Fälle betroffen (5743). Fast jeder Dritte (29,7 Prozent) der betroffene­n Kinder und Jugendlich­en waren Mädchen. Neben der unbegleite­ten Einreise aus dem Ausland waren Überforder­ung der Eltern bzw. eines Elternteil­s (4362) oder Beziehungs­probleme der Eltern (1347) die häufigsten Gründe für Inobhutnah­men.

14.973 der Inobhutnah­men (67,5 Prozent) wurden auf Initiative des Jugendamts oder der Polizei hin durchgefüh­rt. In 4746 Fällen (21,4 Prozent) ging das behördlich­e Eingreifen auf Initiative des Kindes oder des Jugendlich­en selbst zurück. In den übrigen Fällen wiesen unter anderem Lehrer, Ärzte, Verwandte oder Nachbarn die Behörden auf die Notsituati­on der Kinder und Jugendlich­en hin.

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RP-ARCHIVFOTO: TL Hatte im letzten Jahr vor der Pensionier­ung alle Hände voll zu tun: Gerhard Ackermann, Leiter des Krefelder Jugendamte­s.

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