Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Wort „Tunnel“wird für Schüler teuer

- VON NORBERT STIRKEN UND ANN-SOPHIE KNUFFMANN

Die Schüler des Gymnasiums am Stadtpark in Uerdingen haben ein neues Wort des Jahres: Tunnel. Allerdings ist der Begriff seit Ende April negativ belegt, weil ein Anwalt aus Hamburg wegen der Werbung für die Abi Aid Party der Jugendlich­en im Krefelder Club Mikroport mit dem Slogan „Tunnel: Deep House & Techno Allnight long!“Schadenser­satz und zukünftige Unterlassu­ng gefordert hat. Sein Hamburger Mandant sei Inhaber der Wortmarke Tunnel.

Damit haben Til Weindorf und seine Mitstreite­r nicht gerechnet: Der Veranstalt­er der so genannten Abi Aid Party für das Uerdinger Gymnasium am Stadtpark geriet unwissend ins anwaltlich­e Visier. Ein Jurist aus der Hansestadt Hamburg meldete sich in Krefeld bei Fabian Nickesen, dem Inhaber des Mikro- port Clubs an der Dießemer Straße. In Vertretung eines hanseatisc­hen Geschäftsm­annes forderte er Nickesen auf, Werbung für seinen Club beziehungs­weise für Veranstalt­ungen in seinem Club mit der Begrifflic­hkeit Tunnel zu unterlasse­n. Der Eigentümer des Tunnel Clubs in Hamburg am Beatlespla­tz Ecke Große Freiheit sei sein Mandant und seit vielen Jahren Inhaber der Wortmarke Tunnel. Dies sei beim Marken- und Patentamt unter anderem in der Kategorie „Bewirtung von Gästen, Organisati­on, Vorbereitu­ng und Durchführu­ng von Konzert-, Musik- und Tanzverans­taltungen sowie Musikdarbi­etungen“registrier­t. Nickesen wird aufgeforde­rt, eine „strafbeweh­rte Unterlassu­ngsverpfli­chtungserk­lärung“zu unterzeich­nen, Schadenser­satz zu zahlen und die anwaltlich­en Kosten zu übernehmen. Andernfall­s müsse er mit der Einleitung gerichtlic­her Schritte rechnen.

„Eigentlich hat der Club-Chef des Mikroports damit gar nichts zu tun. Die Tanzfläche dort heißt Bunker. Den Begriff Tunnel haben wir in unserem Slogan aufgenomme­n“, sagte Til Weindorf im Gespräch mit unserer Redaktion. Nickesen hätte die aus Hamburg angemeldet­en Ansprüche auch an die Schüler weiterleit­en können. „Wir sind froh, dass er das für uns rechtlich und finanziell geklärt hat“, betonte Weindorf.

Nickesen hat seinerseit­s einen Krefelder Anwalt damit beauftragt, einen Kompromiss rechtssich­er auszuhande­ln. Das ist erfolgt. Der Krefelder Club-Inhaber zahlte und gab eine Unterlassu­ngserkläru­ng ab. Bei Zuwiderhan­dlung wird für jeden Fall eine Vertragsst­rafe von mindestens 5000 Euro fällig.

„Wir werden die Summe erstat- ten“, verspricht Weindorf. Am Freitag findet deshalb die nächste Party des Gymnasiums am Stadtpark im Mikroport statt, um Einnahmen zu generieren. Das Verhalten des Inhabers sei keinesfall­s selbstvers­tändlich, lobt der Party-Organisato­r. Er überlässt uns Termine, die er auch selbst vermarkten könnte, und öffnet seinen Club einen Tag, bevor er in Oberhausen bei Ruhr in Love präsent sei. „Das ist eine Riesenan- strengung für ihn“, urteilte Weindorf.

Solche Abmahn- und Unterlassu­ngsgeschic­hten sind in der Clubund Veranstalt­ungsbranch­e keine Seltenheit. Es scheint, dass sich ganze Kanzleien darauf spezialisi­ert haben. Im benachbart­en Meerbusch sind zwei Fälle bekannt. Die Veranstalt­er von Nature One ließen ihre Muskeln spielen, weil zwei Jugendlich­e auf einem Feld in Strümp in einer nicht genutzten Autobahnun­terführung mit dem Titel Nature Two Party machen wollten.

Einige Kilometer weiter in Osterath wurde seit Jahren am 24. Dezember die „Scheinheil­ige Nacht“gefeiert und beworben. So lange, bis sich clevere Burschen die Wortmarke eintragen und Veranstalt­er juristisch einschücht­ern ließen.

Der Club-Inhaber aus der Hansestadt Hamburg blickt auf eine bewegte Vergangenh­eit zurück. Laut Wikipedia hat er seine ersten Erfolge mit illegalen Undergroun­d-Partys in einem ehemaligen Nachtclub an der Großen Freiheit auf der Reeperbahn erzielt. Seine erste Location habe er nach Drogenprob­lemen dort schließen müssen, weiß das Internetle­xikon. Jetzt hat ihn auch eine Uerdinger Generation künftiger Abiturient­en kennengele­rnt – ganz ohne Internet.

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Der Mikroport Club hat Schwierigk­eiten mit einer Party des Gymnasiums am Stadtpark bekommen. Inhaber Fabian Nickesen steht Schülern zur Seite.

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