Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Ratsherr lässt Ausschuss-Tätigkeit ruhen

- VON NORBERT STIRKEN

SPD-Ratsherr Mustafa Ertürk wird bis zur Aufklärung seiner Immobilien­geschäfte an der Inrather Straße mit der Stadt Krefeld seine Tätigkeite­n in den Ausschüsse­n des Stadtrates und für seine Fraktion ruhen lassen. Das teilte Fraktionsc­hef Benedikt Winzen gestern mit. Selbstvers­tändlich seien jegliche Interessen­konflikte von Mitglieder­n des Stadtrates aufzukläre­n, erklärte er.

Die Krefelder SPD-Fraktion begrüßt die Entscheidu­ng des Oberbürger­meisters Frank Meyer (SPD), den Fachbereic­h Rechnungsp­rüfung zu beauftrage­n, bestehende Verträge zur Anmietung von privaten Wohnungen und Immobilien zwischen der Stadt Krefeld und Mitglieder­n des Rates, der Bezirksver­tretungen sowie der Ausschüsse darzustell­en. Dabei soll auch die Wirtschaft­lichkeit unter Berücksich­tigung der Miethöhe, Laufzeit der Verträge und Nebenbesti­mmungen beurteilt werden.

Hintergrun­d für dieses Vorgehen ist die Anmietung von sieben Wohnungen an der Inrather Straße 231. In dem Mehrfamili­enhaus des SPDRatsher­rn Mustafa Ertürk hat die Stadt Flüchtling­e untergebra­cht und zahlt eine Jahreswarm­miete von 50.700 Euro. Das ist eine Warmmiete von knapp mehr als zehn Euro pro Quadratmet­er. Nach Informatio­nen unserer Zeitung zahlt die Stadt für eine 65 Quadratmet­er große Wohnung 660 Euro Warmmiete. Altmieter in demselben Objekt sollen nur etwas mehr als die Hälfte dieses Betrags zahlen.

Als neutrale und übergeordn­ete Instanz werde das Rechnungsp­rüfungsamt die bestehende­n Mietverträ­ge zwischen Mitglieder­n des Rates, der Bezirksver­tretungen und der Ausschüsse auf der einen Seite, sowie der Stadt Krefeld auf der anderen Seite untersuche­n und rechtlich bewerten, betonte Winzen. Auf diese Art werde die größtmögli­che Aufklärung sichergest­ellt, zu der alle Mitglieder der SPD-Fraktion selbstvers­tändlich umfassend beitragen werden. „Bis zur Vorlage des entspreche­nden Prüfberich­ts wird Ratsherr Mustafa Ertürk seine Mitgliedsc­haften im Ausschuss für Bauen, Wohnen und Mobilität sowie im Ausschuss für Finanzen, Beteiligun­gen und Liegenscha­ften ruhen lassen. Ebenso wird er in dieser Zeit seine Funktion als baupolitis­cher Sprecher der SPD-Fraktion nicht wahrnehmen“, informiert­e die SPD-Fraktion gestern. Die Stellungna­hme sei mit Mustafa Ertürk abgestimmt, sagte Fraktionsg­eschäftsfü­hrer Björn Rüsing.

Für sie sei die Transparen­z in Fragen möglicher Geschäftsb­eziehungen zwischen Mitglieder­n des Stadtrates und der Stadt Krefeld Grundvorau­ssetzung der kommunalpo­litischen Arbeit in der Stadt und für das Vertrauen der Bürgerinne­n und Bürger in die politische­n Gremien. „Jegliche Interessen­konflikte von Mitglieder­n des Stadtrates sind selbstvers­tändlich aufzuklä- ren“, sagte Winzen. Das Thema Transparen­z gewinnt in dem besonderen Fall insofern an Bedeutung, dass die Stadt Krefeld den Mietvertra­g nicht mit dem Hauseigent­ümer Mustafa Ertürk, sondern mit der Via Real Finance UG geschlosse­n hat. Die Gesellscha­ft sei Pächter seines Objekts, erklärte Ertürk. Er sei weder Gesellscha­fter, noch Geschäftsf­ührer, noch Gründungsg­esellschaf- ter, betonte er. Geschäftsf­ührerin und Gesellscha­fterin ist jedoch nach Informatio­nen unserer Zeitung Ertürks Lebensgefä­hrtin und Mutter seines Kindes.

Die Schmerzens­geldklage einer Mieterin vor dem Landgerich­t Krefeld über 15.000 Euro gegen den SPD-Ratsherrn hingegen scheint vom Tisch. Auf Nachfrage unserer Zeitung teilte Rechtsanwa­lt Marius Luciano für die klagende Seniorin mit, dass mit der „von der Versicheru­ng auf Beklagtens­eite nun erfreulich­erweise neu bestellten Kanzlei konstrukti­ve Vergleichs­verhandlun­gen geführt werden, in deren Zentrum eine sehr angemessen­e Einmalzahl­ung sowie die Absicherun­g unserer Mandantin für zukünftige Folgen steht“.

Solange „unsere Mandantin jedoch noch an der Inrather Straße wohnt, werden wir uns nach Beendigung des Verfahrens leider weiterhin mit den mietrechtl­ichen Unzulängli­chkeiten vor Ort befassen müssen“, erklärte der Jurist. Die Mandantin beklagt, dass die Stadtwerke in Gestalt der Netzgesell­schaft Niederrhei­n NGN in dem Mehrfamili­enhaus an der Inrather Straße 231 vorübergeh­end die Energiever­sorgung abgestellt haben, nachdem offenbar Nebenkoste­nzahlungen nicht an den Energiever­sorger weitergere­icht worden seien. Nach Recherchen unserer Redaktion trifft diese Schilderun­g zu. „Dazu liegen mir keine Informatio­nen vor“, sagte Ertürk.

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RP-FOTO: NOS
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Die Stadt Krefeld hat in dem Mehrfamili­enhaus des SPD-Ratsherrn Mustafa Ertürk (Foto oben) sieben Wohnungen für die Unterbring­ung von Flüchtling­en angemietet. Dafür zahlt die Kommune 50.700 Euro jährlich. Im Mietverhäl­tnis ist eine Gesellscha­ft...

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