Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Ratsherr lässt Ausschuss-Tätigkeit ruhen
SPD-Ratsherr Mustafa Ertürk wird bis zur Aufklärung seiner Immobiliengeschäfte an der Inrather Straße mit der Stadt Krefeld seine Tätigkeiten in den Ausschüssen des Stadtrates und für seine Fraktion ruhen lassen. Das teilte Fraktionschef Benedikt Winzen gestern mit. Selbstverständlich seien jegliche Interessenkonflikte von Mitgliedern des Stadtrates aufzuklären, erklärte er.
Die Krefelder SPD-Fraktion begrüßt die Entscheidung des Oberbürgermeisters Frank Meyer (SPD), den Fachbereich Rechnungsprüfung zu beauftragen, bestehende Verträge zur Anmietung von privaten Wohnungen und Immobilien zwischen der Stadt Krefeld und Mitgliedern des Rates, der Bezirksvertretungen sowie der Ausschüsse darzustellen. Dabei soll auch die Wirtschaftlichkeit unter Berücksichtigung der Miethöhe, Laufzeit der Verträge und Nebenbestimmungen beurteilt werden.
Hintergrund für dieses Vorgehen ist die Anmietung von sieben Wohnungen an der Inrather Straße 231. In dem Mehrfamilienhaus des SPDRatsherrn Mustafa Ertürk hat die Stadt Flüchtlinge untergebracht und zahlt eine Jahreswarmmiete von 50.700 Euro. Das ist eine Warmmiete von knapp mehr als zehn Euro pro Quadratmeter. Nach Informationen unserer Zeitung zahlt die Stadt für eine 65 Quadratmeter große Wohnung 660 Euro Warmmiete. Altmieter in demselben Objekt sollen nur etwas mehr als die Hälfte dieses Betrags zahlen.
Als neutrale und übergeordnete Instanz werde das Rechnungsprüfungsamt die bestehenden Mietverträge zwischen Mitgliedern des Rates, der Bezirksvertretungen und der Ausschüsse auf der einen Seite, sowie der Stadt Krefeld auf der anderen Seite untersuchen und rechtlich bewerten, betonte Winzen. Auf diese Art werde die größtmögliche Aufklärung sichergestellt, zu der alle Mitglieder der SPD-Fraktion selbstverständlich umfassend beitragen werden. „Bis zur Vorlage des entsprechenden Prüfberichts wird Ratsherr Mustafa Ertürk seine Mitgliedschaften im Ausschuss für Bauen, Wohnen und Mobilität sowie im Ausschuss für Finanzen, Beteiligungen und Liegenschaften ruhen lassen. Ebenso wird er in dieser Zeit seine Funktion als baupolitischer Sprecher der SPD-Fraktion nicht wahrnehmen“, informierte die SPD-Fraktion gestern. Die Stellungnahme sei mit Mustafa Ertürk abgestimmt, sagte Fraktionsgeschäftsführer Björn Rüsing.
Für sie sei die Transparenz in Fragen möglicher Geschäftsbeziehungen zwischen Mitgliedern des Stadtrates und der Stadt Krefeld Grundvoraussetzung der kommunalpolitischen Arbeit in der Stadt und für das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die politischen Gremien. „Jegliche Interessenkonflikte von Mitgliedern des Stadtrates sind selbstverständlich aufzuklä- ren“, sagte Winzen. Das Thema Transparenz gewinnt in dem besonderen Fall insofern an Bedeutung, dass die Stadt Krefeld den Mietvertrag nicht mit dem Hauseigentümer Mustafa Ertürk, sondern mit der Via Real Finance UG geschlossen hat. Die Gesellschaft sei Pächter seines Objekts, erklärte Ertürk. Er sei weder Gesellschafter, noch Geschäftsführer, noch Gründungsgesellschaf- ter, betonte er. Geschäftsführerin und Gesellschafterin ist jedoch nach Informationen unserer Zeitung Ertürks Lebensgefährtin und Mutter seines Kindes.
Die Schmerzensgeldklage einer Mieterin vor dem Landgericht Krefeld über 15.000 Euro gegen den SPD-Ratsherrn hingegen scheint vom Tisch. Auf Nachfrage unserer Zeitung teilte Rechtsanwalt Marius Luciano für die klagende Seniorin mit, dass mit der „von der Versicherung auf Beklagtenseite nun erfreulicherweise neu bestellten Kanzlei konstruktive Vergleichsverhandlungen geführt werden, in deren Zentrum eine sehr angemessene Einmalzahlung sowie die Absicherung unserer Mandantin für zukünftige Folgen steht“.
Solange „unsere Mandantin jedoch noch an der Inrather Straße wohnt, werden wir uns nach Beendigung des Verfahrens leider weiterhin mit den mietrechtlichen Unzulänglichkeiten vor Ort befassen müssen“, erklärte der Jurist. Die Mandantin beklagt, dass die Stadtwerke in Gestalt der Netzgesellschaft Niederrhein NGN in dem Mehrfamilienhaus an der Inrather Straße 231 vorübergehend die Energieversorgung abgestellt haben, nachdem offenbar Nebenkostenzahlungen nicht an den Energieversorger weitergereicht worden seien. Nach Recherchen unserer Redaktion trifft diese Schilderung zu. „Dazu liegen mir keine Informationen vor“, sagte Ertürk.