Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Maisonette statt morscher Speicher
In einem Gründerzeithaus in Oberkassel hat die Vergangenheit mit Stuck und Terrazzoböden noch ihren Platz.
Großbürgerlich sollte der neue Stadtteil sein, geprägt vom opulenten Stil der Gründerjahre, gesegnet mit guter Luft, der Nähe zum Rhein und einem breiten Boulevard: An einem Sommertag des Jahres 1909 rollten Kutschen und die neuen Automobile zum ersten Mal über die Luegallee in Oberkassel. Fünf Jahre später wurden dort Soldaten, die an die Front geschickt wurden, mit Tamtam und Tränen verabschiedet. In jenem Jahr 1914 kaufte ein Oberkasseler Schuhmachermeister ein Haus in der Cheruskerstraße, mit Blick auf die prächtige neue Allee – und besohlte in seiner Werkstatt im Hinterhof die Schuhe des Viertels. Heute gehört seinen drei Enkelsöhnen dieses Haus, das die Vergangenheit mit der Moderne verknüpft.
Terrazzoböden im Treppenhaus, gedrechseltes Geländer, hölzerner Handlauf – alles Original. „Das haben wir selbstverständlich so gelassen, als wir das Haus saniert haben“, meint einer der heutigen Besitzer. Auch die Fassade blieb so stuckverschönt wie sie immer war, wechselte lediglich von Himmelblau zu Silbergrau. Doch wo einst auf halber Treppe die Toiletten waren, sind nun Abstellkammern. Und ein Detail wurde radikal verändert: Die Dachgaube in der dritten Etage war aus der Achse gerückt, was die rechte Haushälfte merkwürdig betonte. „Diese Asymmetrie haben wir aufgehoben,“erläutert die Kölner Architektin Maria Nagy, Spezialistin für Altbausanierung. Nun sitzt die Gaube wieder exakt in der Mitte, und ihr großes Fenster weckt Neugierde: Was verbirgt sich wohl dahinter? Ein Schmuckstück.
Wo früher eine Wohnung mit vier kleinen Zimmern war und darüber ein ungenutzter Speicher mit morschen Holzbalken, entstand während der Sanierungsarbeiten ein lichter Maisonettetraum. Fotos zei- gen die abenteuerlichen Bauarbeiten: Während eines einzigen Tages im Sommer vergangenen Jahres wurde der komplette alte Dachstuhl abmontiert und die neuen Balken eingezogen. „Ich habe ständig zum Himmel geguckt, ob es nicht regnet“, erinnert sich der Eigentümer. Der Regen kam tatsächlich, aber erst nachdem das neue, noch offene Dach mit Kunststofffolien wasserdicht verhüllt war. Glück gehabt.
Damit die neue Wohnung mit einer offenen Galerie entstehen konnte, musste – so die Idee der Architektin – der Dachfirst um einen Meter angehoben werden, „sonst