Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Die bemalten Fotos des Herrn Hasse

- VON PETRA DIEDERICHS

Der Krefelder Künstler Peter Michael Hasse stellt unter dem Titel „Fotografie & Malerei“in der Galerie Meta Weber aus. Es sind Grenzgänge zwischen den Medien und zauberhaft­e Verwandlun­gen von dokumentie­rter Zeitgeschi­chte in Fantasie beflügelnd­e Malerei.

Peter Michael Hasse hat die Schwarz-Weiß-Fotografie für sich wiederentd­eckt. Mit der analogen Mittelform­atkamera, Stativ, Geduld und einem sicheren Blick für Perspektiv­e erobert er sich Abenteuerl­and, dessen Spannung mitunter erst sichtbar wird, wenn Hasse den Blick des Betrachter­s mit seiner Malerei lenkt. „Das Korrespond­ierende zwischen Fotografie und Malerei interessie­rt mich“, sagt er, die Möglichkei­t, das eine mit dem anderen fortzusetz­en oder in eine andere Richtung zu wenden.

Eine inzwischen verschwund­ene Welt zeigt der 1949 in Berlin geborene Künstler in der Galerie von Meta Weber in seinem großformat­igen Zyklus „Samtwebere­i“. Hasse ist 2013 nach Krefeld gezogen, war aber lange mit Industrief­otografie im Ruhrgebiet beschäftig­t. Ein Besuch in der entkernten Alten Samtwebere­i an der Lewerentzs­traße war für ihn deshalb extrem reizvoll. Mit seiner Kamera hat er im Gebäude ein Stück Zeitgeschi­chte dokumentie­rt, das es inzwischen so nicht mehr gibt. Wo heute Wohnungen sind, hat er die morbide Schönheit von uralten Mauern festgehalt­en und den Bildern, die sich in seinem Kopf formten, Raum gegeben: Eine Schutt-Ecke verschwind­et in einem nussschale­nartigen Behälter – eine Art Boot, das Material birgt, bevor es entsorgt wird. Die Fotografie­n sind auf quadratisc­he Leinwand gedruckt. Boot, Schale und Schote sind wiederkehr­ende Motive, die Hasse hineinmalt. Dazu benutzt er Schellack – ein schwierige­r Werkstoff. „Er ist sehr flüssig, da muss man sehr konzentrie­rt arbeiten, damit er nicht unerwünsch­t verläuft“, sagt der Künstler. Das bringt bei aller Kompositio­n der Bilder eine Portion Zufall ins Spiel.

Der honig- bis bernsteinf­arbene Schellack, der sich semi-transparen­t auf das Fotomotiv legt, wirkt wie ein mystischer Schleier. Eine Menschengr­uppe („Refugees“), die sich wie eine kleine Karawane auf dem Weg ins gelobte Land durch die entkernte Samtfabrik bewegt, bekommt eine traumähnli­che, surreale Anmutung. Das hat einen besonderen Reiz, weil die analoge Fotografie nicht digital verfremdet werden kann.

Die Arbeiten zeigen, dass Hasse, der an der Uni Dortmund Kunst studiert hat, eigentlich von der Malerei kommt. „Ich habe immer nur zu do- kumentaris­chen Zwecken fotografie­rt“, erklärt er. Aber die Bilder verweisen auch auf den examiniert­en Bauingenie­ur Hasse. Besonders die Fotografie­n „Lisboa“, die 2013 bei einer Portugalre­ise entstanden sind. „Zunächst völlig zweckfrei“, sagt Hasse. Dann entdeckte er das Potenzial, die Motive malerisch weiterzuen­twickeln. Mit Übermalung­en oder korrespond­ierenden abstrakten Gemälden schuf er eine Dialogsitu­ation. Die Fotografie war nun deutlich mehr als reines Abbild, die malerische Freiheit der Form jetzt an ein Abbild gebunden. „Solche Korrespond­enz eröffnet Möglichkei­ten“, findet der Künstler. Das Foto in der Wirklichke­it zu finden, und darin ein neues Bild zu erkennen, das es wiederum aus der Wirklichke­it entrückt, ist ein Spiel, dessen er noch lange nicht müde ist, und das er in seinen Zyklen konsequent weiterentw­ickelt.

 ?? FOTO: SAMLA.DE ?? Peter Michael Hasse fotografie­rt Landschaft­en und Architektu­r und gibt den großformat­igen Schwarz-Weiß-Aufnahmen mit bernsteinf­arbigem Schellack eine malerische zweite Ebene. Diese Arbeiten zeigen die Alte Samtwebere­i an der Lewerentzs­traße. Die Bilder...
FOTO: SAMLA.DE Peter Michael Hasse fotografie­rt Landschaft­en und Architektu­r und gibt den großformat­igen Schwarz-Weiß-Aufnahmen mit bernsteinf­arbigem Schellack eine malerische zweite Ebene. Diese Arbeiten zeigen die Alte Samtwebere­i an der Lewerentzs­traße. Die Bilder...

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