Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Mit Hingabe und Präzision

- VON MONIKA GÖTZ

Keyvan Shokri aus dem Iran und Bais Yasini aus Afghanista­n nehmen am Bildhauerk­ursus der VHS-Sommerakad­emie im Alten Güterbahnh­of teil. Bildhauer Sven Rünger ist begeistert von ihrem Talent.

Bei strahlende­m Sonnensche­in macht die Sommerakad­emie ihrem Namen alle Ehre. Nebeneinan­der aufgereiht auf der schmalen Balustrade am Eingang des Alten Güterbahnh­ofs stehen acht Bildhauerb­öcke. Feiner Staub wirbelt durch die Luft, kleine Marmorstüc­ke machen sich selbststän­dig und nach und nach nimmt jedes einzelne auf den Blöcken platzierte Kunstwerk Formen an.

„Das sommerlich­e Wetter erlaubt es uns, bei besten Lichtverhä­ltnissen draußen zu arbeiten“, sagt Sven Rünger und freut sich. Der in Meerbusch und in Italien arbeitende Bildhauer hat zum achten Mal den Kursus „Marmor-Bildhauere­i“im Rahmen der Sommerakad­emie der VHS übernommen und sagt: „Alle arbeiten hier sehr konzentrie­rt.“

Das gilt auch für Keyvan Shokri (31) und Bais Yasini (26). Die Flüchtling­e aus dem Iran und Afghanista­n leben seit rund anderthalb Jahren in Meerbusch und bringen – wie Sven Rünger betont – „eine Menge Talent“mit: „Sie arbeiten mit Hingabe, sehr fein und äußerst präzise an höchst anspruchsv­ollen Arbeiten.“

Ohne irgendwelc­he Vorgaben haben sie sich eigene Vorlagen aus dem Internet gesucht. Keyvan Shokri, der in der Heimat eine Ausbildung zum Holzbildha­uer absolviert­e und als Kassierer arbeitete, hat eine Brauttasch­e ausgewählt, die er mit feinen Details aus Alabaster formt. Neben der Kunst interessie­rt ihn die deutsche Sprache: „Ich werde einen weiteren Kursus besuchen, um noch besser sprechen zu können.“Unter der Bearbeitun­g von Bais Yasini entsteht aus einem schimmernd­en Marmorbloc­k ein Widderkopf. Der gelernte Elektriker lässt sich ab August beim Lank-Latumer Verpackung­sspezialis­ten Willy Heckmann GmbH zum Au- ßenhandels­kaufmann ausbilden und möchte – wie auch Keyvan Shokri - künstleris­ch weiterarbe­iten. Die komplette Teilnehmer-Gebühr für insgesamt drei Flüchtling­e – darunter ein Kunstschre­iner – an einem Sommerakad­emie-Kursus hat der Meerbusche­r Kulturkrei­s (MKK) übernommen.

„Zu unserem Auftrag der Kulturverm­ittlung gehört auch künstleris­ches Schaffen. Der Zugang sollte für jeden offen sein und wenn es nicht finanzierb­ar ist, helfen wir mit Kunststipe­ndien“, fasst MKK-Vorstand Heribert Schween zusammen. VHS-Leiterin Marie Batzel betont: „Wir sind sehr froh über die positive Resonanz des Kulturkrei­ses. Schließlic­h geht Bildung über die Sprache hinaus. Das tolle Miteinande­r hier ist perfekte Integratio­n.“Bais Yasini und Keyvan Shokri sind gut in die Gruppe eingebette­t. „Es macht immer große Freude hier zu arbeiten“, betonen die beiden Meerbusche­rinnen Mechthild Weidenbach und Almut Schoch sowie die Düsseldorf­erin Hilde Hellwegen stellvertr­etend für alle Teilnehmer. Neben Alabaster und Marmor verarbeite­n sie auch Anröchter Dolomit.

Für die am 31. Juli beginnende­n Kurse sind für Experiment­elles Zeichnen (Barbara Wylon), Holz- Bildhauere­i und Alabaster (Peter Rübsam) sowie Acrylmaler­ei und Spachtelte­chnik (Viorel Chirea) noch wenige Plätze frei. Wie es mit dem Kunst-Schaffen der in Osterath untergebra­chten Flüchtling­e weitergeht, ist unsicher. „Vielleicht können sie mir ab und zu im Atelier helfen. Um selbststän­dig zu arbeiten fehlt das nötige Werkzeug wie Knüpfel, Meißel, Raspel, Winkel und ähnliches“, sagt Sven Rünger.

 ?? RP-FOTO: HANS-JÜRGEN BAUER ?? Dozent Sven Rünger (Mitte) erklärt Bais Yasini (rotes Shirt) und Keyvan Shokri, worauf es bei der Marmor-Bildhauere­i ankommt.
RP-FOTO: HANS-JÜRGEN BAUER Dozent Sven Rünger (Mitte) erklärt Bais Yasini (rotes Shirt) und Keyvan Shokri, worauf es bei der Marmor-Bildhauere­i ankommt.

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