Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Partnerbörse sollte Rentner betrogen haben
Die 54-jährige Chefin der Vermittlungsagentur und zwei Mitarbeiter müssen Auflage zahlen.
Der Traum vom späten Glück – er war nur vorgegaukelt, war Lug und Betrug. Das behauptete die Anklage gestern über die 54-jährige Leiterin einer Partnervermittlung in Derendorf. Wegen Betruges von zehn Senioren musste sie vors Amtsgericht, zusammen mit einem ihrer Außendienstmitarbeiter (67). Auch 88-jährigen Kunden sollen sie mehrere Singles angeboten haben. Dass die Rentner und Rentnerinnen damit aber nur trickreich betrogen werden sollten, bestritt die Chefin empört. Dennoch muss sie nun 5500 Euro zahlen, allein 5000 Euro davon an eine der Kundinnen.
Ein gewisser Harald hatte es einer 78-jährigen Witwe sofort angetan. In Annoncen wurde für den 76-Jährigen, verwitwet seit Jahren und ExHandwerksmeister, naturliebend und des Alleinseins müde, eine „liebe, ältere Dame“gesucht. Die Witwe bezahlte rund 9000 Euro an die Angeklagte – doch Harald habe sie nie getroffen. „Er war anscheinend ein Phantom“, seufzte die Rentnerin, als sie auf dem Gerichtsflur nun auf ihren Zeugenauftritt wartete.
Drinnen hatte sich die AgenturChefin gerade gegen alle Vorwürfe gewehrt. Gezielt soll sie laut Anklage „alte und hochbetagte Menschen“mit ähnlichen Harald-Anzeigen angelockt, dann gnadenlos abkassiert haben. So sollte eine Vermittlung angeblich 120 bis 150 Euro monatlich kosten, so die Anklage weiter – jedoch nur bei einer Darlehensfi- nanzierung des wahren Gesamtbetrages: 9520 Euro wurden für Kunden nämlich für Kontakte zu anderen betagten Singles fällig. Doch das sei so kleingedruckt gewesen in den Verträgen, dass es für „ältere Menschen nicht ohne Lupe“zu lesen war, so der Staatsanwalt. Die Angeklagte: „Meine Verträge sind deutlich zu lesen!“Sie habe auch „immer genug Lesebrillen dabei“, um älteren Kunden „auszuhelfen“. Zudem sei ihr Außendienstmitarbeiter „sehr verantwortungsvoll“und kläre die Kunden stets über alle Vertragsdetails auf.
Zehn Senioren sahen das aber anders und haben Anzeige erstattet, weil die Chefin am nächsten Tag statt 120 bis 150 Euro die volle Summe von 9520 Euro kassieren wollte, sogar mit zur Bank gefahren sei, um den Betrag bar mitzunehmen. Denn mit dem Vertrag in der Hand, den manche Kunden tags zuvor ohne genaues Hinsehen unterzeichnet hatten, soll die Chefin gedroht haben, sie werde sonst einen Gerichtsvollzieher und die Polizei holen.
Doch vier Jahre nach den ersten Anzeigen standen sechs der damaligen Kunden als Zeugen nicht mehr zur Verfügung. Eine der Rentnerinnen ist psychisch erkrankt, drei sind dement, zwei gestorben. Im Hinblick darauf wurde das Verfahren gegen beide Angeklagte eingestellt, dafür allerdings muss der nun mittellose Außendienstler jetzt 180 Euro an eine soziale Einrichtung zahlen, die Agentur-Chefin sogar 5500 Euro herausgeben.