Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Deutsche Bahn hat fast nichts für Anwohner am Abstellbahnhof geändert
Am Grüner Weg ist es seit einigen Wochen wieder ruhiger, „aber die Menschen am Speyerweg leiden richtig“, sagt Petra Krüger, die die Stille vor ihrem Fenster richtig genießt. Immer wieder standen aufgerüstete Züge am Abstellbahnhof Wersten, Motoren brummten, Lüfter surrten. Und das manchmal tage- und nächtelang. Weil die Bahn aber zuerst in der Siedlung war, müssen keine zusätzlichen Lärmschutzmaßnahmen umgesetzt werden. Das verstehen viele Anwohner nicht. Im Frühjahr ist die Saisonkarte für den Unterbacher See auf 60 Besuche beschränkt worden. Die Preise sind gestiegen in den letzten 20 Jahren, das hat Gertrud Mühlemeier-Osthoff immer akzeptiert, „weil der Unterbacher See ein kleines Paradies ist“. Dass sie in diesem Jahr aber für 122 Euro nur noch 60 Mal Schwimmen kann, das ärgert die 63-Jährige. „Trickserei ist das“, sagt sie. „Das ist ein Preisaufschlag von mindestens 100 Prozent für uns“, sagt Wolfgang Becker, der mit seiner Frau seit vielen Jahren eine Saisonkarte besitzt. Nach dem Krieg hat Fritz Sommer in Heerdt gebaut. Das Grundstück pachtete er damals von einer Erbengemeinschaft. Später ging es in den Besitz der Stadt über, die dort jetzt eine öffentliche Grünfläche schaffen will. Wohnen darf Fritz Sommer in seinem Haus an der Büttgenbachstraße nicht mehr, seit er seine Lebensgefährtin pflegt und sich dafür ummelden musste. Jetzt soll der 88-Jährige sein Haus abreißen lassen. Das will die Stadt so – der Bebauungsplan sieht eine Grünfläche vor. Die Parkplatz-Not ist groß vor Christian Kengels’ Tür. Obwohl es viele freie Parkplätze gibt an der Bachstraße. Mit seinem Anwohner-Parkausweis darf Kengels aber nur auf den Flächen stehen, die auf der Seite der geraden Hausnummern liegen, dort wo Kengels auch wohnt. Dutzende Straßen sind für ihn freigegeben, manche liegen zehn Minuten zu Fuß entfernt. Warum er nicht gleich vor seiner Tür parken darf, das versteht er einfach nicht. „Vielen Nachbarn geht es ähnlich“, sagt Christian Kengels. Eine rund 30 Meter hohe Mobilfunkanlage soll auf der Bezirkssportanlage am Dechenweg gebaut werden. Anwohner und der Verein Wersten 04 wehren sich gegen den Mast. Das Sportamt hat mit der Telekom einen Mietvertrag über 15 Jahre geschlossen. Viele Anwohner waren fassungslos, als sie im Februar zufällig vom Bau des Masts erfuhren. Die zuständige Bezirksvertretung 9 hatte 2016 dem Mietvertrag zwischen Sportamt und Telekom zugestimmt. Eine Schnellverbindung zwischen dem Kölner und dem Dortmunder Hauptbahnhof will die Deutsche Bahn mit dem geplanten Rhein-Ruhr-Express (RRX) schaffen, mitten durch Düsseldorf soll die Strecke verlaufen. Seit die Pläne für den Abschnitt Wehrhahn bis Reisholz im Juni offengelegt wurden, ist die Sorge bei den Anwohnern groß. Unzählige Bäume könnten dafür gefällt werden, entlang der GustavPoensgen-Straße in Friedrichstadt soll auf dem Bahndamm eine Schallschutzwand errichtet werden. Übernächtigte Kinder, schlecht gelaunte Arbeitnehmer, entnervte Nachbarn – die Stimmung in der Siedlung wird von Woche zu Woche schlechter. Böse Briefe und EMails schreiben vor allem die Menschen vom Speyerweg fast täglich an die Bahn, inzwischen ist der Bahnhof auch Thema im Umweltausschuss. „Aber der ist machtlos“, sagt Dieter Reinold von der CDUFraktion, der helfen will. So wie die Bezirksvertreter, angeführt von Bezirksbürgermeister Gerwald van Leyen (CDU). 120 Mal waren Wolfgang und Claudia Becker sicher im vorigen Jahr am See, Getrud Mühlemeier-Osthoff ist gerne zwei Mal am Tag gekommen, immer für ein Stündchen, um ein paar Bahnen zu ziehen. Im Vorfeld habe Peter von Rappard, Geschäftsführer vom Zweckverband Erholungsgebiet Unterbacher See, sich ausgetauscht mit den Stammgästen, „natürlich war niemand erfreut darüber“, sagt von Rappard. Aber Verständnis hätten viele Kunden gehabt für den Schritt, entsprechend sei die Zahl der Beschwerden niedrig gewesen. „Bislang hat die Stadt davon abgesehen, den Abbau ordnungsbehördlich zu verlangen, sondern sich als gleichzeitige Grundstückseigentümerin darauf beschränkt, privatrechtlich vorzugehen und die bestehenden Pachtverträge sozialverträglich ,auslaufen’ zu lassen“, sagt Valentina Meissner von der Stadt. 2015 wurde Sommer gekündigt. „Aber warum muss nur mein Haus weg?“, fragt sich der Rentner. Fünf Kinder hat er in dem Haus großgezogen, zehn Jahre lang seine Frau gepflegt. Jeden Nachmittag, wenn Christian Kengels von der Arbeit nach Hause kommt, dreht der Unterbilker seine Runden um den Block, in der Hoffnung, einen Stellplatz zu finden, der kostenfrei ist. Neulich parkte er zwischen zwei Betonklötzen, die am Florapark für Skater aufgestellt wurden. Dort kassierte er dann gleich zwei Knöllchen, auch wegen Behinderung des Fließverkehrs. Die Beschilderung ist unklar, findet Kengels. Vor dem ersten Betonklotz ist das einzige Halteverbot-Schild angebracht. Irmgard Schwemin und ihre Nachbarn fürchten um den Wert ihrer Immobilien und Grundstücke. Mit bis zu 20 Prozent Werteverlust rechnen sie. Der Bereich, auf dem die Mobilfunkanlage gebaut werden soll, liegt zwischen dem Platzwart-Häuschen und dem alten Ascheplatz. Frank Junius steht dem Verein vor. „Immerhin haben wir durchsetzen können, dass wir eine Unbedenklichkeitsbescheinigung bekommen.“Die könne man Eltern zeigen, die sich wegen Strahlenbelastung sorgen. In acht Jahren etwa sollen die Bauarbeiten starten. Gleiserweiterungen und Lärmschutzmaßnahmen sind in den Plänen eingezeichnet. Wie die Wände beschaffen sein werden, ist offen. Bis zu zehn Meter hoch könnte diese Mauer werden. Ebenso unklar ist, wo die Stützen stehen. LärmGrenzwerte müssen eingehalten werden. Das macht im Fall Friedrichstadt die hohe Mauer-Variante wahrscheinlich. Die Anwohner sind entsetzt, sie fürchten eine Verdunkelung ihrer Straße, ihres Stadtteils und eine schlechtere Frischluftzufuhr. Die Bundestagsabgeordnete Sylvia Pantel (CDU) hat Reinold angeschrieben, „vielleicht kann sie Druck aus Berlin ausüben“, sagt Reinold. Er fordert eine unabhängige Messung. Die Deutsche Bahn sieht keine Notwendigkeit in dieser Maßnahme, sagt, Lärmgrenzen würden nicht überschritten. So zumindest erklärte es Klaus Scheffer von der Deutschen Bahn bei der Mobilen Redaktion der Rheinische Post vor gut fünf Wochen. Ein paar Punkte wollte er aber verbessern.
Saisonkarten-Besitzerin für den Unterbacher See startet Unterschriften-Aktion
Offenbar aber sind weit mehr Stammgäste unzufrieden mit dem neuen Angebot, als Peter von Rappard angenommen hat. Gertrud Mühlemeier-Osthoff hat in den letzten Wochen Unterschriften gesammelt, 92 Kunden haben sich in die Listen eingetragen. Per Mail und samt Anhang hat die 63-Jährige ihre Sammlung an den Zweckverband geschickt. Eingeladen hat von Rappard die Schwimmer in dieser Woche zu einem Gesprächstermin, etwa zehn Karten-Besitzer sind mit Mühlemeier-Osthoff dem Angebot gefolgt. Wenn die übrigen Häuser in der Siedlung stehen bleiben, da die Pachtverträge weiter laufen, würde die Stadt noch Jahre warten müssen, um die Siedlung anderweitig nutzen zu können. Inzwischen hat sich auch Macro Staack (SPD) von der Bezirksvertretung 4 mit dem Thema befasst und eine Anfrage gestellt. Eine Antwort aus der Verwaltung ist in der letzten Sitzung ausgeblieben. „Lasst dem alten Mann doch sein Häuschen, so lange er noch lebt“, sagt er. Ingo Pähler, Leiter des Amtes für Verkehrsmanagement, hat die Problematik an der Bachstraße erkannt. Offenbar treffen zwei Bewohnerparkgebiete dort aufeinander. „Die Gebiete werden normalerweise im Ordnungs- und Verkehrsausschuss beschlossen“, sagt Pähler, der hofft, in einem kleineren Rahmen Anpassungen vornehmen zu können. In jedem Fall will er die Mitarbeiter des Ordnungsamtes sensibilisieren für Fahrzeuge, in denen ein Parkausweis ausliegt, auf dem die Bachstraße aufgelistet ist. Mehrere Anwohner haben sich zusammengetan und Klage gegen die Errichtung des Sendemasts eingereicht und eine einstweilige Verfügung beantragt. Am 25. Juli sollten eigentlich, mit einer Woche Verspätung, die Arbeiten auf dem Gelände von Wersten 04 beginnen. Doch die Anwohner haben sich vor Gericht ein paar Tage Gnadenfrist erstritten. Das Gericht hat der Beklagten, der Telekom, zehn Tage Frist gegeben, um sich zu der Angelegenheit zu äußern. Dass die Deutsche Bahn die Strecke für den Rhein-Ruhr-Express (RRX) ausbauen will, befürworten viele Anwohner und Politiker. Auch Lärmschutz wollen sie. Aber nicht so, wie es die Bahn plant. Es gibt Alternativen – transparente Materialen, ein anderes Gleis. Von der Hüttenstraße bis zur Oberbilker Allee gibt es eins, das nicht gebraucht wird. Würde dort die Schutzwand entstehen, könnten die Bäume an der Gustav-Poensgen-Straße bleiben. Jetzt konnten Betroffene Einwendungen zum Plan an die Bezirksregierung schicken. „Herr von Rappard sieht keine Möglichkeit, die Situation zu verbessern“, fasst MühlemeierOsthoff das Gespräch zusammen. Es habe Beschwerden gegeben von Schwimmern, die sich keine Saisonkarte leisten könnten und es nicht gerecht fänden, dass Saisonkarten-Besitzer für weniger als zum Sozialtarif schwimmen dürften, sagt von Rappard und verweist auf gestiegene Personalkosten.
Rentner Fritz Sommer will sein Haus in Heerdt nicht aufgeben
Neue Beschilderung an der Bachstraße soll für Klarheit sorgen
Werstener wollen vor Gericht Baustopp gegen Telekom-Funkmast erstreiten
Beim Streckenausbau für den Rhein-Ruhr-Express ist jetzt die Politik gefragt