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Kritik an Medienminister Holthoff-Pförtner
Er ist Miteigentümer von Zeitungen, Zeitschriften und Radiosendern. Juristen und Opposition sehen darin einen Interessenkonflikt.
DÜSSELDORF Selten stand ein Minister so in der Kritik, bevor er als Mitglied einer Regierung überhaupt in Erscheinung trat. Weil der neue NRW-Medienminister Stephan Holthoff-Pförtner (CDU) mit rund 17 Prozent an der Funke-Mediengruppe und damit an einem der wichtigsten Verlagshäuser des Landes beteiligt ist, werfen ihm Kritiker Interessenskonflikte vor.
„Der Interessenskonflikt ist offenkundig. Er hat ein massives Eigeninteresse an diversen Themen, die unmittelbar seinen Geschäftsbereich als Medienminister betreffen. Das ist unvereinbar mit der Gemeinwohlverpflichtung eines Landesministers“, sagt zum Beispiel der Düsseldorfer Staatsrechtler Martin Morlok von der Heinrich-HeineUniversität. Auch sein Fachkollege von der Ruhr-Universität Bochum, Stefan Huster, sieht einen „klaren Interessenskonflikt, der dem Ansehen der Demokratie schadet“. Die Berufung zum Medienminister sei „nicht legitim“.
Zwar hat Holthoff-Pförtner nach seiner Vereidigung die Ämter in den Führungsgremien der Funke-Mediengruppe („WAZ“, „Gong“, „Hörzu“) niedergelegt. Dazu gehört der Sitz im Aufsichtsrat der Mediengruppe sowie die Mitgliedschaft im Gesellschafterausschuss der Holding Funke Management. Trotzdem hält der 68-jährige Essener Rechtsanwalt noch rund 17 Prozent an der Gruppe. Der Marktwert dieses Anteils beträgt unbestätigten InsiderInformationen zufolge 250 Millionen Euro.
Die Anteile wurden ihm von Gisela Holthoff übertragen, die ihn adoptierte. Sie ist eine der vier Töchter von „WAZ“-Mitgründer Jakob Funke. Bekannt ist auch, dass Holthoff-Pförtner ein Darlehen der „WAZ“-Mitgründerin Anneliese Brost in Höhe von 85 Millionen Euro erhalten hat, um Holthoffs Sohn Frank Holthoff herauszukaufen. Dieses Darlehen soll inzwischen auf die Brost-Stiftung übergegangen sein.
Die Funke-Mediengruppe ist nach eigenen Angaben mehrheitlich an zwölf privaten Radiosendern beteiligt. Diese refinanzieren sich über Werbung und stehen in direkter Konkurrenz zum öffentlichrechtlichen Radiosender WDR. Im schwarz-gelben Koalitionsvertrag, den der neue Medienminister umsetzen muss, heißt es: „Mittelfristig wollen wir einen weitgehend werbefreien WDR.“
Auch andere medienpolitische Ziele des Koalitionsvertrages wie die Überarbeitung des Landesmediengesetzes, die Anerkennung des Journalismus als gemeinnütziger Tätigkeit und der Entwurf einer neuen Gesamtstrategie für die landesweite Radiolandschaft sind kaum ohne Auswirkungen auf die Funke-Mediengruppe denkbar. Staatsrechtler Morlok: „Demokratie lebt von Vertrauen. Es gilt der Grundsatz, dass schon der Anschein eines Interessenskonflikts vermieden werden muss.“Im Falle Holthoff-Pförtner werde genau dieser Anschein heraufbeschworen. „Das ist in der öffentlichen Wirkung verheerend“, so Morlok. Die Opposition im Landtag ist alarmiert. Grünen-Fraktionschefin Monika Düker sagt: „Ich bezweifle, dass Ministerpräsident Armin Laschet mit dieser Besetzung eine unabhängige Regierungsarbeit in der Medienpolitik garantieren kann.“
Holthoff-Pförtner wollte sich gestern nicht äußern. Die Staatskanzlei sieht keine Probleme: HolthoffPförtner werde „sein Handeln allein an Verfassung und Gesetz sowie am Wohle des Landes Nordrhein-Westfalen und seiner Bürgerinnen und Bürger orientieren“, heißt es in ei- ner Stellungnahme, „an Entscheidungen, die seine Verlagsgesellschaft unmittelbar betreffen, wird er sich nicht beteiligen“. Dazu sagt der medienpolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Landtag, Alexander Vogt: „Angesichts der Aufgaben der Medienpolitik, vor denen wir in den kommenden Jahren stehen, sehe ich nicht, wie das Versprechen eingelöst werden kann.“
Ministerpräsident Laschet hat angekündigt, die Unabhängigkeit seines Kabinetts wie schon bei Vorgängerregierungen üblich durch eine Ehrenkommission prüfen zu lassen. Die Kriterien, die unserer Redaktion vorliegen, sehen auch die Überprüfung „der Vermögensverhältnisse auf etwaige Interessenkonflikte mit dem Amt“vor. Mitglieder dieser Kommission sind nach unseren Recherchen die ehemalige Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth (CDU), der Gewerkschafter Hubertus Schmoldt (SPD) und der Ehrenpräsident der Rheinischen Notarkammer, Hans-Christoph Schüller. Laut Staatskanzlei hat die Ehrenkommission noch nicht getagt.