Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

„Im Juli zehn Landungen nach Mitternach­t“

- VON JULIA HAGENACKER

Der Verein „Bürger gegen Fluglärm“hat aktuelle Zahlen und Daten rund um den Düsseldorf­er Flughafen ausgewerte­t.

Für den Meerbusche­r Christoph Lange, Vorsitzend­er des Vereins „Bürger gegen Fluglärm“(BgF), sind die Sommerferi­en immer die Wochen im Jahr, in denen er sich besonders über den Düsseldorf­er Flughafen ärgert. In diesem Jahr schwingt in der Erklärung zu den aktuell von den BgF erhobenen Zahlen und Daten aber auch ein bisschen Genugtuung mit. Die Berichte der letzten Tage über regelmäßig­e Verspätung­en, gestrandet­e Passagiere, verloren gegangene oder umherstehe­nde Gepäckstüc­ke und lange Warteschla­ngen an den Checkin-Schaltern zeigten, dass der Flughafen technisch und organisato­risch noch nicht mal die aktuell möglichen Kapazitäte­n von 45 Flugbewegu­ngen pro Stunde bewältigen kann, sagt er. „Trotzdem will er 60 pro Stunde haben.“

Georg Regniet aus Essen, der die BgF-Datenbank führt und auswertet, ist in seiner Analyse zu folgenden Ergebnisse­n gekommen. Erstens: Im Juli wurden rund 20.000 Flugbewegu­ngen – Starts und Landungen, nur Linien- und Charterflü­ge – gezählt. Das, sagt der ChefStatis­tiker der „Bürger gegen Fluglärm“, sei die höchste je erreichte Anzahl und 2,9 Prozent mehr als im Vorjahresm­onat.

Punkt zwei: Obwohl in der Zeit nach 23 Uhr eigentlich Ruhe herrschen sollte und nur ausnahmswe­ise verspätete Landungen stattfinde­n dürfen, wurden im Juli 375 Landungen und vier Starts gezählt. Dieser Wert, sagt er, sei der zweithöchs­te jemals erreichte Monatswert. „Zehn Landungen fanden sogar zwischen 0 und 6 Uhr statt“, sagt Lange. Punkt drei: Seit Inkrafttre­ten des Sommerflug­plans gab es keine einzige Nacht, in der alle Starts (bis 22 Uhr) und Landungen (bis 23 Uhr) regulär abgewickel­t wurden. Entspreche­ndes, sagen die Fluglärmge­gner, gelte auch für den Juli. Viertens: Auch die Verspätung­en über alle Flüge erreichten „Spitzenwer­te“. „Die Starts erfolgten zu 76 Prozent mindestens 15 Minuten nach der Planzeit, bei Landungen waren es knapp 30 Prozent“, so Lange. „Der Flughafen versucht seine Verspätung­en auf Faktoren wie das Wetter, Streiks und einen überfüllte­n Mittelmeer­raum abzuschieb­en. Diese Faktoren würden aber gleicherma­ßen auch andere Flughäfen Deutschlan­ds betreffen, Düsseldorf ist allerdings dauerhaft und mit großen Abstand Verspätung­smeister Deutschlan­ds. Die wahre Ursache muss also woanders liegen.“

Die Europäisch­e Organisati­on zur Sicherung der Luftfahrt Eurocontro­l veröffentl­iche alle zwei Jahre eine Ursachenan­alyse, sagt Lange. „Demnach verteilten sich für Düsseldorf die Ursachen in 3,7 Prozent der Fälle aufs Wetter, in 2,3 Prozent auf den Bereich Security, in 50,7 Prozent auf die Staffelung, in 6,1 Prozent auf die Flugstreck­e, in 10,5 Prozent auf den Flughafen, in 24 Prozent auf die Fluggesell­schaften und in 2,7 Prozent auf andere Ursachen. Die Airlines können offenbar, wenn sie den Tag in Düsseldorf beenden, ein größeres Risiko eingehen und die Umläufe enger als realistisc­h gestalten, um einen Umlauf mehr zu erreichen, so der Fluglärmge­gner. „Sie zahlen keine erhöhten Landegebüh­ren, wenn sie verspätet sind. Dazu erlaubt die Home-Based-Regelung bis zu eine Stunde länger verspätete­n Betrieb, und die Bezirksreg­ierung genehmigt auch nach 24 Uhr Ausnahmere­gelungen sehr großzügig.“

Dass es vor allem im Sommer „Kapazitäts­probleme“gibt, streitet auch der Flughafen nicht ab. „Im Juli haben wir mehr als 2,5 Millionen Passagiere und mehr als 20.000 Flugbewegu­ngen am Düsseldorf­er Airport gezählt“, sagt Sprecher Christian Hinkel. Das sei im Ver- gleich zum Vorjahr ein Plus von über fünf beziehungs­weise 2,9 Prozent. „Generell stimmen uns die Verspätung­szahlen vom Juli auch nicht zufrieden, nach unseren Daten lag aber die Pünktlichk­eit im Juli bei den reinkommen­den Fliegern bei 65 Prozent, bei den rausgehend­en Maschinen bei 54 Prozent. Unsere Vermutung ist, dass die ,Bürger gegen Fluglärm’ in ihren Auswertung­en meist zu schlechter­en Ergebnisse­n kommen, weil sie die Flugplanze­iten als geplante Startzeite­n werten und diese dann mit den tatsächlic­hen Startzeite­n abgleichen. Unsere Angaben verstehen die Flugplanze­it gemäß internatio­naler Standards jedoch als sogenannte Off-Block-Zeit, also die Zeit des Verlassens der Parkpositi­on, und nicht als geplante Startzeit, und beziehen dann noch die notwendige­n Taxi-Zeiten bis zur Startbahn mit ein.“

Unabhängig davon arbeite man gemeinsam mit den Airlines, den Abfertiger­n und der Deutschen Flugsicher­ung seit einigen Monaten intensiv daran, die Pünktlichk­eit am Standort weiter zu steigern. „Von dem aktuell laufenden Antrag auf eine neue Betriebsge­nehmigung erhoffen wir uns gerade mehr Flexibilit­ät der bisher recht restriktiv­en Bahnnutzun­gsregel, damit die Deutsche Flugsicher­ung zum Beispiel tagsüber besser operativ auf zum Beispiel Wettererei­gnisse oder Streiks reagieren kann, um aufkommend­e Verspätung­en zeitnah abzubauen“, sagt Hinkel. „Die Nachtflugr­egeln sollen durch den Antrag des Flughafens nicht verändert werden.“

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RP-FOTO: HANS-JÜRGEN BAUER Christoph Lange, Vorsitzend­er des Vereins „Bürger gegen Fluglärm“, beim Erörterung­stermin zur Flughafenk­apazitätse­rweiterung.

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