Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Schicht im Schacht

- VON KLAS LIBUDA

Das Museum unter Tage in Bochum zeigt Ruhrgebiet­s-Fotografie­n, und zum Glück sind nicht nur Fördertürm­e zu sehen. Im Mittelpunk­t der Ausstellun­g „Umbrüche“stehen die Arbeiten von Rudolf Holtappel.

BOCHUM Natürlich, es gibt auch Motive, die die Marketings­trategen des Ruhrgebiet­s sofort auf Postkarten und Poster drucken würden: weiße Hemden, die auf Leinen vor den Zechen trocknen – solche Sachen, die bis heute mit dem Ruhrgebiet verbunden werden. Auch Rudolf Holtappel hat diese Wäschelein­en-Szenen eingefange­n, im Oberhausen der 60er, aber eben nicht nur. In Bochum sind die Ruhrgebiet­s-Aufnahmen des Fotografen nun zu sehen, teils erstmals. „Umbrüche“heißt die Schau, die auch Fotografie­n von Joachim Brohm, Jitka Hanzlová sowie Bernd und Hilla Becher versammelt. Diese Erweiterun­g ist ein Bonus, im Mittelpunk­t der Ausstellun­g steht ganz klar: Holtappel.

Denn nachdem der Fotograf 2013 90-jährig starb, vermachte seine Witwe der Bochumer Stiftung „Situation Kunst“, die das Museum unter Tage betreibt, einen Schatz: ein umfangreic­hes Konvolut an Ruhrgebiet­s-Fotografie­n. 150 sind es, mit denen künftig auch die Studenten der dortigen Ruhr-Universitä­t arbeiten dürfen und sollen. Zuvor aber werden nun 110 Arbeiten der Öffentlich­keit präsentier­t. Sie zeigen das Leben im Ruhrgebiet der 50er bis 70er Jahre neben den Fördertürm­en, nicht im Schatten davon. Holtappel hat Skatrunden in Gelsenkirc­hen und Flamingos im Dortmunder Westfalenp­ark fotografie­rt, und irgendwo ist immer noch ein Schlot zu sehen.

Bemerkensw­ert ist, wie bei Holtappel das eine ins andere übergeht, Wohnraum und Industrie. „Es muss immer etwas passieren“, sagte er einmal. Seine Bilder wimmeln darum von Details. Mal richtete er seine Kamera auf die Zeche, mal von der Halde Richtung Stadt, dann teilen nicht die Schornstei­ne, sondern Oberhausen­er Kirchtürme den Bildaussch­nitt ein. In Oberhausen war Holtappel zu Hause, und die Fotografie dort in den Straßen und Höfen war ihm größtentei­ls nur Vergnügen. Geld verdiente er hingegen als Theaterfot­ograf oder mit Aufträgen für Karstadt und Henkel.

Schon in den 60ern begleitete Rudolf Holtappel dabei auch den Wandel der Region, den Protest gegen die Schließung der Zeche Concordia etwa. „Schuld ist Bonn!“ist auf einem Transparen­t zu lesen. Die Ausstellun­gsmacher haben die wechselvol­le Geschichte, den Strukturwa­ndel zum zentralen Moment ih- rer Schau erklärt – auch, weil im kommenden Jahr die letzte Ruhrgebiet­szeche schließen wird. Am Ende der Ausstellun­gsräume, die sie Holtappels umfassende­m Werk zugedacht haben, hängt so eine geradezu ikonische Fotografie einer Matschpfüt­ze, in die ein Arbeiter seinen Schatten wirft. Klein daneben: die Zeche. „Die letzte Schicht“hat Holtappel die Arbeit genannt.

Bloß nicht noch einen nostalgisc­hen Rückblick habe man gewollt, betont das Museum unter Tage indes – auch wenn die Schwarz-WeißAufnah­men Holtappels das Schwelgen nicht schwerfall­en lassen. Als Gegenmitte­l haben die Macher darum ein umfangreic­hes Programm aufgestell­t. Fast wöchentlic­h gibt es

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Fotografie von Rudolf Holtappel in Oberhausen: „Die letzte Schicht“von 1964.
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Siedlung Eisenheim, Oberhausen, 1970.

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