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Union und FDP bieten Grünen Deal bei Einwanderu­ng an

- VON BIRGIT MARSCHALL

Grenze auf für Menschen mit Jobangebot: Die Regelung für den Westbalkan soll zur Blaupause für Nordafrika und andere Länder werden.

BERLIN Jenseits des Streits um eine generelle Flüchtling­s-Obergrenze wollen Union und FDP den Grünen bei der Auseinande­rsetzung über die Einstufung der nordafrika­nischen Maghreb-Staaten als sichere Herkunftsl­änder einen Handel anbieten. „Die im Mai 2016 vom Deutschen Bundestag beschlosse­ne Einstufung von Algerien, Marokko und Tunesien als sichere Herkunftss­taaten halte ich nach wie vor für ein unerlässli­ches Mittel, um die Zahl der Flüchtling­e aus diesen Ländern zu beschränke­n“, sagte der CSU-In- nenpolitik­er Stephan Mayer. „Eine Regelung analog zur Westbalkan­lösung, die eine legale Zuwanderun­g beim Nachweis eines Arbeitsver­hältnisses zulässt, sollte auch angesichts des Bedarfs der deutschen Wirtschaft an Arbeitskrä­ften erwogen werden“, sagte Mayer. „Ich erwarte in diesem Zusammenha­ng von den Grünen, dass sie ihre Fundamenta­loppositio­n aus dem Bundesrat aufgeben und jetzt die Verantwort­ung zeigen, die sie sich für etwaige Koalitions­verhandlun­gen bereits auf die Fahnen geschriebe­n haben“, erklärte der innenpolit­ischer Sprecher der Unionsfrak­tion.

2015 wurde der Flüchtling­szustrom aus Syrien und dem Irak verschärft durch Asylbewerb­er aus den Westbalkan-Staaten Kosovo, Albanien, Mazedonien, Serbien und Bosnien-Herzegowin­a. Um deren Zustrom zu stoppen, hatten Bund und Länder 2016 die Balkan-Staaten zu sicheren Herkunftsl­ändern erklärt. Migranten aus diesen Ländern haben seitdem kaum noch eine Chance auf Asyl. Um aber die Zustimmung der Grünen im Bundesrat dafür zu erhalten, wurde zugleich die legale Migration vom Balkan erleichter­t: Wer ein konkretes Jobangebot in Deutschlan­d nach- weisen kann, darf seitdem auf Antrag hier arbeiten. Die Bundesagen­tur für Arbeit prüft lediglich, ob die betreffend­e Stelle nicht mit einem Inländer besetzt werden kann. In vier von fünf Fällen gibt die Behörde aber grünes Licht.

Die Westbalkan­regelung könnte nach dem Vorschlag der CSU, dem sich auch die FDP anschließt, nun auch für die Maghreb-Staaten Nordafrika­s und andere Länder Anwendung finden, wenn die Grünen dem in einer Jamaika-Koalition zustimmten. Die Grünen lehnen es bisher jedoch strikt ab, die Maghreb-Länder zu sicheren Her- kunftsstaa­ten zu erklären. Entspreche­nde Forderunge­n der Bundesregi­erung waren von den grün mitregiert­en Ländern in der abgelaufen­en Legislatur­periode immer wieder zurückgewi­esen worden. In Marokko, Algerien und Tunesien würden viele Menschen politisch verfolgt, ihr Asylrecht dürfe nicht begrenzt werden, lautete die Begründung der Grünen.

„Die Westbalkan­lösung ist generell der richtige Weg und wurde seitens der FDP schon mehrfach vorgeschla­gen“, sagt auch Joachim Stamp, Integratio­nsminister in Nordrhein-Westfalen. „Im Vorgriff auf ein umfassende­s Einwanderu­ngsgesetz wäre es richtig, die Maghreb-Staaten umgehend zu sicheren Herkunftsl­ändern zu erklären und gleichzeit­ig Einreisevi­sa bei auf Dauer angelegten Arbeitsver­trägen zu ermögliche­n“, sagt Stamp.

Durch die Vereinfach­ung ist die legale Migration aus dem Westbalkan im laufenden Jahr gegenüber 2016 deutlich um 70 Prozent gestiegen, wie die Bundesagen­tur für Arbeit unlängst mitteilte. Allein in den ersten acht Monaten des Jahres habe sie 63.000 Personen aus dieser Region eine Arbeitserl­aubnis erteilt, 2016 waren es 37.000.

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