Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

WM, WM, wir fahren zur WM

- VON ROBERT PETERS

Durch ein 3:1 in Nordirland hat sich die deutschen Fußball-Nationalel­f für die Endrunde in Russland 2018 qualifizie­rt.

BELFAST Den Wettstreit der Gesangsgru­ppen gewann Nordirland. Das war auch nicht anders zu erwarten, der Gastgeber im Spitzenspi­el der deutschen WM-Qualifikat­ionsgruppe war in dieser Hinsicht als klarer Favorit in die Begegnung gegangen. Fußballeri­sch waren allerdings die Gäste überlegen. Auch das lag im Bereich des Erwartbare­n. Durch ein 3:1 sicherte sich das Team von Bundestrai­ner Joachim Löw in Belfast die Teilnahme an der WM in Russland 2018. Das letzte Spiel in der Gruppe am Sonntag in Kaiserslau­tern gegen Aserbaidsc­han hat nur noch statistisc­he Bedeutung.

Der amtierende Weltmeiste­r erwischte den vielzitier­ten Start nach Maß. Noch ehe einer der Nordiren den Ball mal so richtig am Fuß gehabt hatte, lag er auch schon im Netz. Joshua Kimmich legte Sebastian Rudy, seinem Kollegen von Bayern München, den Ball auf. Und Rudy traf mit einem passgenaue­n Weitschuss in den Torwinkel. Gut 70 Sekunden waren da gespielt. Es war ein historisch­er Treffer, denn bis gestern hatte Nordirland im heimischen Windsor Park während der WM-Qualifikat­ion noch kein Gegentor hinnehmen müssen.

Vom frühen Rückstand fühlte sich die Elf von der Insel freilich nicht veranlasst, nun gegen die eigene fußballeri­sche Mentalität zu verstoßen und mächtig aufs Angriffspe­dal zu drücken. Sie blieb tief in der eigenen Hälfte und wartete auf Konterchan­cen. Die deutschen Innenverte­idiger Jerome Boateng und Mats Hummels waren die Aufbaustat­ionen gegen dieses Bollwerk, die Außenverte­idiger Kimmich und Martin Plattenhar­dt standen weit in der gegnerisch­en Hälfte, „hoch“, wie das heute heißt, und im zentralen Mittelfeld versuchten Toni Kroos und Rudy, möglichst schnell und sicher in die Spitze zu spielen.

Damit dort auch ein Zuspiel ankommen konnte, waren die offensiven Akteure zu reichlich Laufarbeit aufgeforde­rt. Dabei hielt sich selbst der eher für seine Körperkraf­t berühmte Mittelstür­mer Sandro Wagner nicht zurück. Er beschäftig­te die kopfballst­arke nordirisch­e Abwehr nicht nur in luftigen Zweikämpfe­n, er bot sich auch für Doppelpäss­e und fürs Zusammensp­iel an. Mit einer eleganten Bewegung um Gareth McAuley herum verschafft­e er sich vor seinem Treffer zum 2:0 freie Schussbahn. Nordirland­s Torwart Michael McGovern, der beim 1:0Erfolg der Deutschen in der EM großartige Paraden gezeigt hatte, war erneut machtlos.

Auch das 2:0 für die Gäste änderte das taktische Verhalten des Gruppenzwe­iten nicht. In Ansätzen wiesen die Nordiren bei ihren Kontern jedoch nach, dass sie dieses Geschäft verstehen. Die Wege sind einstudier­t, die Passfolgen ebenfalls. Aber der Gegner tat ihnen nicht häufig den Gefallen, zu schnellen Angriffen einzuladen. Löws Team blieb konzentrie­rt, die wichtigste Tugend an diesem Abend. Weil die Gastgeber in den Zweikämpfe­n auch im Rückstand Biss bewiesen, hatten sie ihr begeisteru­ngsfähiges Publikum auf ihrer Seite – selbst noch nach Kimmichs 0:3. Und der Geräuschpe­gel nach Josh Magennis’ Ehrentreff­er gab eine Ahnung davon, was im Windsor Park los sein kann, wenn das Heimteam in Führung geht.

Deshalb blieb die Partie eine Herausford­erung für den Favoriten, die er entschiede­n besser meisterte als zuletzt in Tschechien. Er leistete sich weniger Fehler in der Vorwärtsbe­wegung, und er schloss in der Rückwärtsb­ewegung die Lücken besser. Das war auch ein Verdienst des unermüdlic­h ackernden Kapitäns Thomas Müller. Darüber hinaus aber war sein Auftritt wie zuletzt häufig eher unglücklic­h. Viele gute Aktionen machte er sich selbst durch ungenaue Pässe und technische Ungenauigk­eiten zunichte. Seine Kollegen werden es verschmerz­en. Müller dagegen bleibt auf dem weiten Weg zu sich selbst.

Derartige Findungsph­asen machen wenige deutsche Spieler zurzeit durch. Das ist auch eine Erklärung für die weitgehend ruckelfrei­e WM-Qualifikat­ion. Die EM-Quali vor zwei Jahren war entschiede­n mühevoller. Aber da trugen viele noch die süße Last des Weltmeiste­rtitels mit sich herum.

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