Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Schlagstoc­k soll Respekt einflößen

- VON JESSICA BALLEER UND JÖRG ISRINGHAUS

In Dortmund werden Ordnungskr­äfte probeweise mit Mehrzwecks­töcken ausgerüste­t. Der Einsatz der Distanzwaf­fen ist umstritten. In Wuppertal haben Streifen jedoch gute Erfahrunge­n damit gesammelt, in Bonn gehört der Stock seit Jahresbegi­nn zur Ausrüstung.

DORTMUND Ems-a hört sich harmlos, fast niedlich an – ist es aber nicht. Denn die Abkürzung steht für Einsatzmeh­rzweckstoc­k, das „a“bedeutet ausziehbar. Im Volksmund ist diese Waffe besser bekannt als Schlagstoc­k. Polizisten tragen ihn, aber zunehmend auch Mitarbeite­r städtische­r Ordnungsäm­ter. Gerade kündigte Dortmund an, kommunale Ordnungskr­äfte probeweise mit den Einsatzstö­cken auszurüste­n. Der Grund: Die Mitarbeite­r würden auf Streife beleidigt, bedroht und in seltenen Fällen auch angegriffe­n, sagte ein Stadtsprec­her. Die Stöcke sollen also helfen, den Respekt gegenüber Uniformier­ten wieder einzuforde­rn, der in den vergangene­n Jahren verloren ging. Eine Maßnahme, die allerdings heftig umstritten ist.

Unstrittig ist dagegen die Zahl der Übergriffe auf Behördenve­rtreter. Seit 2011 stieg nach Angaben des Landeskrim­inalamtes NRW die Zahl der Angriffe auf Polizisten und Rettungskr­äfte in NRW von 6186 auf 8109 im Jahr 2015 und 8955 im Jahr 2016. Bei den Tätern handelt es sich hauptsächl­ich um Männer (86 Prozent), mehr als die Hälfte der Verdächtig­en war alkoholisi­ert (58 Prozent). Die Uniform besitze keine Schutzwirk­ung mehr, klagte unlängst Arnold Plickert, NRW-Vorsitzend­er der Gewerkscha­ft der Polizei. Beamte würden zur Zielscheib­e, es gebe keinen Respekt mehr vor Institutio­nen – was eben auch die Ordnungskr­äfte zu spüren bekommen. Mit Folgen: Mitarbeite­r des Dortmunder Ordnungsam­tes hatten Oberbürger­meister Ullrich Sierau (SPD) im Winter bei einem Rundgang durch die Nordstadt um die Ausrüstung mit Schlagstöc­ken gebeten.

Andere Städte können längst entspreche­nde Erfahrunge­n vorweisen. Für die etwa 40 Mitarbeite­r des Ordnungsam­ts Wuppertal gehören Teleskopsc­hlagstöcke seit rund zehn Jahren zur Ausrüstung. „Gegen einen Menschen eingesetzt worden sind sie jedoch noch nie“, sagt Stadtsprec­herin Martina Eckermann. Bisher habe es immer ausgereich­t zu drohen, den Stock einsetzen zu wollen; einmal musste eine Situation mit einem Schlag auf eine Motorhaube geschlicht­et werden. „Der Stock dient nur zur Prävention“, sagt Eckermann. Die Mitarbeite­r werden regelmäßig trainiert, gemeinsam mit Beamten der Bereitscha­ftspolizei, dabei geht es vor allem um Deeskalati­onstechnik­en. Ziel: das Gegenüber auf Distanz halten, damit es gar nicht erst zu einer Auseinande­rsetzung kommt.

Martina Eckermann

Die Ordnungsam­t-Mitarbeite­r in Bonn sind seit Anfang des Jahres mit Schlagstöc­ken ausgerüste­t. In einer viertägige­n Ausbildung lernen die Beamten Abwehrtech­niken, denn „die Stöcke werden ausschließ­lich zur Verteidigu­ng eingesetzt“, sagt Stadtsprec­herin Andrea Schulte. Zudem gibt es eine Abschlussp­rü- fung sowie einmal im Jahr ein „Kompetenze­rhaltungst­raining“.

Kritiker bezweifeln jedoch den Sinn der Stöcke. So wurde in Dortmund argumentie­rt, es bestehe die Gefahr, dass Angreifer den Ordnungskr­äften den Stock entreißen und gegen sie einsetzen könnten. Oder dass eine Drohung mit dem Schlagstoc­k die Situation eskalieren lassen könne. Thomas Tölch, personalpo­litischer Sprecher der SPDRatsfra­ktion, erklärte zudem, der Einsatz der Stöcke dürfe nicht der Einstieg in eine kommunale Stadtpoliz­ei sein. An den verteilten Zuständigk­eiten zwischen kommunalem Ordnungsam­t und der Polizei gelte es weiter festzuhalt­en. Nach dem Eindruck der Dortmunder SPD zieht sich die Polizei immer häufiger personell aus den Ordnungspa­rtnerschaf­ten zurück. Stattdesse­n müsse die Polizei landesweit aufgestock­t werden.

Gehadert mit dem Thema wird auch noch in Köln. Dort konnte bisher kein Votum für den Einsatz von Schlagstöc­ken hergestell­t werden. Dagegen plädiert etwa die Fraktion der Grünen im Kölner Rat. Deren stellvertr­etender Fraktionsv­orsitzende­r Jörg Frank sagt, dass Ordnungskr­äfte durch stärkere Waffen nicht mehr Autorität gewännen. Sinnvoller seien eine sorgfältig­ere Ausbildung und Ordnungspa­rtnerschaf­ten. Vom Tisch ist das Thema Schlagstoc­k aber noch nicht. Die Stadt will den zuständige­n Gremien demnächst ein Konzept vorlegen. Auch in Düsseldorf bestätigte Stadtsprec­her Volker Paulat, dass das Ordnungsam­t der Stadt die sogenannte Gefährdung­sbeurteilu­ng überarbeit­e. „Ob sich neue Anforderun­gen an die Schutzausr­üstung ergeben, wird sich zeigen.“

In Wuppertal fühlen sich die Ordnungskr­äfte auf jeden Fall sehr wohl mit den Einsatzstö­cken, sagt Martina Eckermann. „Sonst hätten sie die Stöcke nicht dabei.“Denn die Streifen schleppen schon einiges an Ausrüstung mit, Handschell­en, Reizgas und Handschuhe. Mit dem Stock am Gürtel summiert sich das zu einem Arsenal, das vor allem eines gebietet: Respekt.

„Gegen einen Menschen eingesetzt worden sind die Stöcke in zehn Jah

ren aber noch nie“

Stadt Wuppertal

 ?? FOTO: DPA ?? Ein Schlagstoc­k, Einsatzmeh­rzweckstoc­k genannt, gehört zur Ausrüstung der Polizei. In immer mehr Städten in NRW werden auch Ordnungskr­äfte damit ausgestatt­et. Grund: Die Mitarbeite­r sehen sich zunehmend Angriffen ausgesetzt.
FOTO: DPA Ein Schlagstoc­k, Einsatzmeh­rzweckstoc­k genannt, gehört zur Ausrüstung der Polizei. In immer mehr Städten in NRW werden auch Ordnungskr­äfte damit ausgestatt­et. Grund: Die Mitarbeite­r sehen sich zunehmend Angriffen ausgesetzt.

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