Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Bordell: Korruption nicht ausgeschlo­ssen

- VON NORBERT STIRKEN

Oberbürger­meister Frank Meyer hat 35 Jahre alte Verwaltung­svorgänge in Zusammenha­ng mit dem Bordell an der Mevissenst­raße prüfen lassen. Das Ergebnis liegt auf dem Tisch, bleibt aber der Öffentlich­keit vorenthalt­en – weil brisant. Der Chef der Stadtverwa­ltung reichte den Prüfberich­t gleich an die Staatsanwa­ltschaft weiter. Meyer hatte offenbar einen Anfangsver­dacht: Korruption.

Die beiden Ratsfrauen Heidi Matthias und Barbara Behr (Die Grünen) hatten es geahnt: Die Krefelder Stadtverwa­ltung habe offenbar seit den 1980er Jahren beim Genehmigun­gsvorhaben „Eros-Center Mevissenst­raße“beide Augen zugedrückt. Auf ihre Anfragen im Verwaltung­sausschuss vor rund acht Monaten reagierten Vertreter der Stadt äußerst gereizt. Besser nicht dran rühren, lautete die Devise. Unter anderem die Einstufung des Bordells als Wohnheim sei damals wie alles andere unter Beteiligun­g der Politik erfolgt. „Das Thema ErosCenter sollte offensicht­lich totgeschwi­egen werden“, orakelte Heidi Matthias.

Das Ergebnis einer internen Untersuchu­ng der Vorgänge durch das von Oberbürger­meister Frank Meyer (SPD) beauftragt­e Rechnungsp­rüfungsamt ist brisant. Meyer leitete den Prüfberich­t an die Krefelder Staatsanwa­ltschaft weiter. Deren Sprecher Axel Stahl erklärte auf Anfrage unserer Redaktion: „Wir prüfen den Sachverhal­t auf noch verfolgbar­e Straftaten, das heißt auch unter dem Blickwinke­l eventuelle­r Korruption.“

Und schon rattert das Kopfkino: Haben sich kommunale Entscheidu­ngsträger mit amourösen Dienstleis­tungen im Eros-Center verwöhnen lassen? Haben sie Geld oder andere Wertgegens­tände angenommen? Paragraf 331 Strafgeset­zbuch beschreibt die Vorteilsna­hme im Amt. „Ein Amtsträger, ein Europäisch­er Amtsträger oder ein für den öffentlich­en Dienst besonders Verpflicht­eter, der für die Dienstausü­bung einen Vorteil für sich oder einen Dritten fordert, sich verspreche­n lässt oder annimmt, wird mit Freiheitss­trafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft“, heißt es im Absatz 1.

Paragraf 334 beinhaltet die Bestechlic­hkeit. „Wer einem Amtsträger, einem Europäisch­en Amtsträger, einem für den öffentlich­en Dienst besonders Verpflicht­eten oder einem Soldaten der Bundeswehr einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleist­ung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er eine Diensthand­lung vorgenomme­n hat oder künftig vornehme und dadurch seine Dienstpfli­chten verletzt hat oder verletzen würde, wird mit Freiheitss­trafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft“, heißt es im Absatz 1 Satz 1.

Das Problem für die Staatsanwa­ltschaft Krefeld besteht darin, dass die Vorgänge bis zu 35 Jahre zurückreic­hen, etwaige strafbeweh­rte Taten wahrschein­lich bereits verjährt sein könnten. Die Frist beträgt wohl fünf Jahre. Auch dienst- und disziplina­rrechtlich, sollten mögliche Beschuldig­te sich noch im Dienst befinden, wäre kaum noch etwas zu ahnden.

Was das alles für den Betrieb des Eros-Centers in der Zukunft zu bedeuten hat, ist derzeit völlig unklar. Offenbar habe die Politik jahrelang die Auffassung vertreten, an der baurechtli­chen Bewertung des Betriebs nicht rühren zu wollen. Sollte dazu aktuell eine andere Auffassung herrschen, so stünde der Politik dazu der Weg frei, sagte Lieser. Allerdings sollten sich die Ratsvertre­ter dann auch nicht wundern, wenn der Eigentümer oder Betreiber mit „Bestandssc­hutz“argumentie­re, erklärte Georg Lieser, Leiter des Fach- bereichs Ordnung in der Krefelder Stadtverwa­ltung, im Februar in öffentlich­er Sitzung. Er sei als Verwaltung nicht bereit eine wie auch immer geartete Schuld in dieser Sache zu übernehmen, sagte er vor acht Monaten.

„Nach unserer Kenntnis zahlt der Betrieb zwar Gewerbeste­uer, aber keine Vergnügung­ssteuer“, sagte Heidi Matthias. Das sei verwunderl­ich, wenn man bedenke, dass Tanzschupp­en und Gaststätte­n mit Spielautom­aten, Kino- und Diskotheke­nbetreiber zur Zahlung von Vergnügung­ssteuern veranlagt würden.

Über die noch benötigte Zeit, bis die staatsanwa­ltliche Untersuchu­ng Klarheit bringt, kann Sprecher Axel Stahl derzeit keine Angaben machen.

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