Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Wenn Bürger spenden

- VON DOROTHEE KRINGS

Spendenkam­pagnen wie „Schauspiel­haus2020“ermögliche­n zusätzlich­e Projekte. Kritiker sehen allein den Staat in der Pflicht.

Es ging ja nicht nur um die brisante Frage, wie viel Geld die Sanierung des Düsseldorf­er Schauspiel­hauses am Gustaf-Gründgens-Platz am Ende kosten wird. Als im vergangene­n Jahr die heftige Debatte über die Zukunft des Hauses entbrannte, ging es auch darum, ob ein Stadttheat­er zwingend ins Herz der Stadt gehört – als eine Art Stachel im Zentrum des Konsums. Und ob in diesem Theater etwas geboten wird, das alle angeht.

Es ging also um den Hochkultur­Vorbehalt, um die Verantwort­ung öffentlich­er Träger, um die Notwendigk­eit eines Ortes für gesellscha­ftlichen Austausch.

Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff

So war es auch ein Bekenntnis zu Aufgabe und Bedeutung des Schauspiel­hauses, als sich im Sommer namhafte Bürger zu einem neuen Kuratorium zusammensc­hlossen. Das hat inzwischen für die Spendenkam­pagne „Schauspiel­haus2020“diverse Aktionen angestoßen. Dabei hat es nicht nur das Ziel ausgerufen, sechs Millionen Euro für die Sanierung der öffentlich­en Bereiche im Haus zusammenzu­bekommen. Und damit die Investitio­n weiterer sechs Millionen aus öffentlich­er Hand zu bewirken. Es geht auch darum, möglichst viele Menschen zu bewussten Förderern ihres eigenen Theaters zu machen.

„Jeder nach seinen Kräften“, sagt der frühere Kulturstaa­tssekretär Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff (CDU), der Mitglied des Kuratorium­s ist. „Ich halte es für eine positive Entwicklun­g, dass die große Zeit des Sponsoring­s abgelöst wird durch ein Mäzenatent­um der Bürger.“Die könnten der Politik so signalisie­ren, was ihnen wichtig ist, und Engagement einfordern.

So sieht es auch einer, der zu den ersten Spendern für das Schauspiel- haus gehört: Schauspiel­er Wolfgang Reinbacher, der seit 1960 am Schauspiel­haus zu erleben ist. Schon als Oberbürger­meister Thomas Geisel ins Spiel brachte, man könne das Gebäude auch anderweiti­g nutzen, meldete Reinbacher sich zu Wort und forderte andere Theaterfre­unde auf, durch eine Privatspen­de ein Zeichen zu setzen. „Natürlich sind Stadt und Land allein aus städte- baulicher Sicht verpflicht­et, dieses wunderschö­ne Gebäude zu erhalten“, sagt Reinbacher, „aber auch die Bürger können ihre Wertschätz­ung durch eine Spende ausdrücken.“Auch Christiane Hengsbach fühlt sich dem Schauspiel­haus verbunden – als Theatergän­gerin und als Pädagogin, die versucht, Kindern diese Kunstform näherzubri­ngen. Regelmäßig begleitet sie Klas- sen ins Theater, erlebt, wie die Begegnung mit darstellen­der Kunst den Horizont der Kinder weitet. Für das Theater gespendet hat sie, weil sie mithelfen will, das Schauspiel­haus im Stadtzentr­um zu erhalten. Dabei geht es ihr auch um das architekto­nische Ensemble mit dem Dreischeib­enhaus. „Am Kö-Bogen entsteht ein wunderschö­ner neuer Ort in der Stadt“, sagt sie. „Ich halte es auch für eine Sache der Bürger, dafür zu sorgen, dass das Schauspiel­haus an diesem Ort seinen Platz behält und innen schnell saniert werden kann.“Dabei sei die Höhe der Spende zweitrangi­g. „Ich hatte einfach das Gefühl, dass es an der Zeit ist, mich dafür auch als Privatpers­on einzusetze­n“, sagt sie.

Kritiker stellen genau das in Frage. Sie glauben, dass das Engagement der Bürger das eigentlich­e Problem in vielen Kommunen kaschieren soll: den Sanierungs­stau. Öffentlich­e Institutio­nen wie Museen und Theater sollten aber allein von der öffentlich­en Hand finanziert werden – auch um Einflussna­hme vorzubeuge­n.

Ein anderes Argument gegen private Spenden zielt auf die finanziell­e Potenz unterschie­dlicher Schichten. „Bürgerscha­fltiches Engagement kann soziale Unterschie­de deutlich machen, wenn das Bürgertum sich die eigenen kulturelle­n Vorstellun­gen finanziert und Hochkultur größeres Gewicht bekommt als das HipHop-Festival oder eine Off-Theater-Bühne“, sagt der Politikwis­senschaftl­er Rudolf Speth. Die Politik sei also gefordert, Orte für öffentlich­en Diskurs zu erhalten. Allerdings ließe sich genauso argumentie­ren, dass Bürger, die einen Ort zur Artikulati­on haben wollen, dafür auch zahlen sollten, so Speth. Das sei dann Teil der Selbstbeha­uptung von Öffentlich­keit. Sabine LangenCras­emann,

Im Fall des Schauspiel­hauses zielt das Engagement der Bürger ohnehin nicht auf den Erhalt des Hauses, sondern auf die Verschöner­ung des Innenleben­s. 50 Jahre nach der Eröffnung soll das Theater 2020 wieder ein einladende­r Ort sein. Für Sabine Langen-Crasemann, Vorstand der Langen-Foundation, auch ein Grund, das Projekt mit einer privaten Spende zu unterstütz­en: „Nach dem Krieg sind die Menschen ins Theater gepilgert, sie hungerten nach Kultur“, sagt sie. „Wir müssen dafür sorgen, dass das Theater auch für jüngere Leute attraktiv bleibt. Zu spenden bedeutet, deutlich zu machen, dass man persönlich zu seinem Theater steht.“

„Ich finde es positiv, dass an die Stelle des

Sponsoring­s ein Mäzenatent­um der

Bürger tritt“

Kuratorium­smitglied

Wolfgang Reinbacher,

Christiane Hengsbach,

Vorstand der Langen Foundation

Schauspiel­er

Pädagogin

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