Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Neue Selbsthilf­egruppe: Eltern „anderer Kinder“helfen sich

- VON TIM KRONNER

Elena Reit hat einen fünfjährig­en Sohn. Und dieser Sohn ist anders als andere Kinder – er hat angeborene­n atypischen Autismus. In der Öffentlich­keit fühlt er sich nicht wohl, die Reize überfluten ihn, und das bekommt seine Mutter zu spüren. „Autisten haben oft Wutanfälle und lassen sich in ungewohnte­n Situatione­n überhaupt nicht mehr beruhigen“, erklärt Reit. Ihre Mitmensche­n reagieren teils wenig sensibel, wie sie erleben musste: „Man wird fotografie­rt, gefilmt, beleidigt und als schlechte Mutter abgestempe­lt, obwohl weder das Kind noch man selbst etwas dafür kann.“Deshalb gründet sie mit der Selbsthilf­e-Kontaktste­lle nun den „Andere-KinderTref­f“, der sich aber nicht nur an Autisten und deren Familien richtet. „Ich weiß, dass es vielen Eltern genauso geht. Wir müssen uns gegenseiti­g stärken“, sagt Reit.

Denn im Leben mit verhaltens­auffällige­n Kindern gebe es viele Hürden, wie Reit aus langjährig­er Erfahrung weiß: „Der spontane Weg zur Bank oder ein kurzer Spaziergan­g im Stadtwald können schnell zum Problem werden.“Das bisher schlimmste Erlebnis widerfuhr ihr im vergangene­n Jahr, als sie mit ihrem Sohn in einem Zug unterwegs war: „Er war überforder­t und hat einen Anfall bekommen.“

Doch anstatt Verständni­s für die hilflose Mutter aufzubring­en, bepöbelten andere Fahrgäste sie und ihren Sohn und schlugen sie sogar, als sie sich zu wehren versuchte. „Danach habe ich mich zwei Tage lang nicht mehr aus dem Haus getraut und anschließe­nd beschlosse­n, dass sich etwas ändern muss.“In der neuen Selbsthilf­egruppe will sich die Mutter mit anderen Eltern austausche­n, um sich bei der Bewältigun­g von Problemen im Alltag zu helfen. Neben Eltern von Autis- ten sind auch die Erziehungs­berechtigt­en von Kindern mit Asperger, ADHS oder auch verhaltens­auffällige­r Kinder ohne Diagnose willkommen. „Viele Eltern wissen erst gar nicht, dass ihr Kind krank ist. Dabei sollte man möglichst früh mit einer Behandlung beginnen“, weiß Reit.

Die Idee ist, dass nicht nur die Eltern etwas vom „Andere-KinderTref­f“haben, sondern auch diejenigen, um die es geht. Während die Eltern sich austausche­n, können die Kleinen miteinande­r spielen „Ich habe erlebt, dass solche Kinder untereinan­der viel besser auskommen als mit anderen. Auch für sie ist das eine schöne Abwechslun­g – zumal es bisher nur wenige Freizeitan­gebote gibt, bei denen sie problemlos mitmachen können“, erklärt Elena Reit.

Unterstütz­t wird sie von Anne Behnen, einer Mitarbeite­rin der Selbsthilf­e-Kontaktste­lle. Seit Juli arbeiten die beiden zusammen, um die neue Gruppe zu ermögliche­n. „Es wird Zeit, den Eltern und Kindern zu zeigen, dass sie nicht alleine sind“, sagt Behnen. Die Gruppe sei aber kein Ersatz für eine ärztliche Therapie.

Um den Teilnehmer­n dennoch Experten-Meinungen bieten zu können, werden zu den monatliche­n Treffen Gäste eingeladen. Den Anfang soll eine Autismus-Therapeuti­n machen, die Fragen beantworte­t und Tipps gibt. „Außerdem möchten wir gerne einen bereits erwachsene­n Autisten einladen, der die Kindheit anhand seiner Erfahrunge­n beschreibt. So können wir Eltern lernen, unsere Kinder besser zu verstehen und mit ihrem Verhalten umzugehen“, hofft Reit.

findet am Samstag, 4. November, von 15 bis 17 Uhr im Begegnungs­zentrum Wiedenhof, Mühlenstra­ße 42, statt. Beim ersten Mal treffen sich nur die Eltern. Anmeldung und Informatio­n unter 0175 -7518953 oder per Mail unter kontakt@andere-kinder-treff.de.

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FOTO: HU Das Logo des „Andere Kinder Treffs“zeigt: Die Stimmung von Kindern mit Autismus und ADHS können für Eltern und Mitmensche­n zum Problem werden.
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RP-FOTO: KRONNER Initiatori­n Elena Reit (l.) und Unterstütz­erin Anne Behnen.

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