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Elektronik soll auf A 3 Unfälle vermeiden

- VON CHRSTIAN SCHWERDTFE­GER

Auf der A3 gab es binnen 28 Stunden zwei tödliche Lkw-Unfälle. Das Land will den Verkehr dort bald anders steuern.

DÜSSELDORF/RATINGEN Auf der Autobahn 3 hat sich gestern erneut ein tödlicher Verkehrsun­fall ereignet. Ein 76-Jähriger war mit seinem Kleinlaste­r kurz vor der Anschlusss­telle Ratingen-Ost auf einen Sattelzug aufgefahre­n. Er starb noch am Unfallort. Sein Beifahrer erlitt schwerste Verletzung­en.

Fast täglich kommt es auf den Autobahnen in NRW zu schweren Verkehrsun­fällen, an denen Lkw beteiligt sind – und oft enden sie tödlich. Zu den häufigsten Unfallursa­chen gehören Ablenkung, Übermüdung, plötzliche­r Fahrstreif­enwechsel und zu geringer Abstand zum Vordermann. Der gestrige Unfall war der zweite tödliche auf der A 3 innerhalb von nur 28 Stunden. Nur wenige Kilometer entfernt fuhr am Donnerstag in Fahrtricht­ung Oberhausen kurz vor dem Kreuz Breitschei­d ein Lkw vermutlich ungebremst auf ein Stauende. Dabei kam ein 34-jähriger Mann sofort ums Leben, ein 26jähriger Profi-Badmintons­pieler aus Bonn starb wenige Stunden später im Krankenhau­s. Eine 65-jährige Frau liegt noch mit lebensgefä­hrlichen Verletzung­en in einer Klinik. Zwei Lastwagen und fünf Autos waren in den Unfall verwickelt.

Der Verursache­r, ein Lkw-Fahrer aus Ungarn, wurde von der Polizei bereits befragt und durfte nach Hause, nachdem er eine finanziell­e Sicherheit hinterlegt hatte. Mehrere Gutachten zur Unfallursa­che werden erstellt. In solchen Fällen, sagt ein Polizist einer Verkehrsin­spektion, werde natürlich ganz genau untersucht, ob der Fahrer zum Unfallzeit­punkt telefonier­t hat oder auf eine andere Weise – etwa durch Zeitungsle­sen oder Videogucke­n – abgelenkt gewesen ist. „Diese Ermittlung­en gestalten sich aber oft als sehr schwierig, weil ein solches Fehlverhal­ten schwer nachzuweis­en ist“, betont er. Ihm sei kein Fall bekannt, wo ein Lkw-Fahrer wegen eines von ihm verursacht­en Auffahrunf­alls mit Todesfolge verurteilt worden ist. Das nordrhein-westfälisc­he Innenminis­terium erklärt, dass man die Lkw-Fahrer und deren Fahrzeuge deutlich häufiger kontrollie­re als noch vor einigen Jahren. „Die Polizei hält den Kontrolldr­uck hoch“, sagt ein Sprecher des Ministeriu­ms. Darüber hinaus verweist er auf die gesetzlich vorgeschri­ebenen automatisc­hen Notbremsas­sistenten für Lkw-Neufahrzeu­ge. Der ADAC kritisiert die Vorschrift als zu lasch. „Die Anforderun­gen sind recht moderat. So müssen bei stehenden Hinderniss­en lediglich 20 km/h aus den 80 km/h Fahrgeschw­indigkeit abgebaut werden“, erklärt ein Sprecher des Automobilc­lubs. Jedoch hätte ein Test gezeigt, dass die in Lkw verbauten Bremsassis­tenten deutlich mehr könnten als sie müssten. Demnach verwenden moderne Lkw intelligen­te Sensorik, die eine Unfallverm­eidung bis 80 km/h selbst bei einem Stauende leistet. „Die Bremswirku­ng ist der eines Pkw ebenbürtig“, sagt der Sprecher.

Das NRW-Verkehrsmi­nisterium unterstütz­t die Entwicklun­g hin zum automatisi­erten Fahren. Dieses wird nach Angaben des Ministeriu­ms ab 2018 unter realen Bedingunge­n auf einigen Abschnitte­n getestet. Hinzu kommt der Ausbau der sogenannte­n telematisc­hen Infrastruk­tur, der elektronis­chen Verkehrsst­euerung. In den nächsten zweieinhal­b Jahren würden auf NRW-Autobahnen für 76 Millionen Euro Anlagen geschaffen, die den Zufluss regeln und beeinfluss­en können. Hinzu kämen temporäre Standstrei­fenfreigab­en. Diese Maßnahmen würden dabei helfen, Unfälle zu vermeiden. Vorgesehen sind die Anlagen auch auf der unfallträc­htigen A3-Strecke zwischen Leverkusen, Hilden und Breitschei­d, teilte eine Sprecherin von NRW-Verkehrsmi­nister Hendrik Wüst (CDU) unserer Redaktion mit.

Begleiters­cheinung eines tödlichen Unfalls sind auch sehr häufig Gaffer – so auch beim Verkehrsun­fall am Donnerstag. Allein die Auswertung der Videoaufna­hmen vom Gegenverke­hr an der Unfallstel­le zur Ermittlung der Gaffer sei sehr zeitintens­iv, sagte eine Polizeispr­echerin. Sie sprach davon, dass zahllose Verkehrste­ilnehmer auf der Gegenfahrb­ahn Fotos und Videos von der Unfallstel­le gemacht hätten. Solche Aufnahmen können als Ordnungswi­drigkeit oder auch als Straftat verfolgt werden. Die Bußgelder liegen zwischen 20 und 1000 Euro.

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FOTO: A. BLAZY Der Fahrer des Kleinlaste­rs starb gestern noch an der Unfallstel­le auf der A 3. Er war auf einen Lkw aufgefahre­n.

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