Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Hilfsfonds für Karnevalsz­üge gefordert

- VON CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

Die Kosten für Terrorabwe­hr machen den Karnevalis­ten zu schaffen. Der Städtetag fordert deshalb finanziell­e Hilfe von der Politik. Die Stadt Remscheid plädiert für einen Hilfsfonds. Das Land NRW sieht hingegen die Städte gefordert.

DÜSSELDORF Es ist eine Entscheidu­ng, die dem Vorstand der KG Tipp sehr schwer gefallen ist. Aber ihm sei nichts anders übrig geblieben, als den Karnevalsz­ug 2018 in Hückelhove­n-Doveren aus Sicherheit­sgründen abzusagen. „Für uns als Veranstalt­er ist es unmöglich, gezielt Randaliere­r fernzuhalt­en und in ausreichen­dem Maß für die Sicherheit der Zugteilneh­mer, Anwohner und Zuschauer zu sorgen“, erklärt der KG-Vorsitzend­e Mike Topka. Bürger hätten sich beim letzten Mal beschwert. Aber ohne deren Rückhalt, sagt Topka, seien die Auflagen der Stadt und der Polizei nicht zu erfüllen.

Landesweit haben die Karnevalsg­esellschaf­ten mit den Sicherheit­sauflagen und den damit verbundene­n Kosten zu kämpfen. Nach Angaben des NRW-Innenminis­teriums wurden die Polizeibeh­örden des Landes nach den Anschlägen in Spanien mit einem Erlass vom 18. August 2017 aufgerufen, mit den Kommunen Kontakt aufzunehme­n, um Sicherungs­maßnahmen an hochfreque­ntierten Örtlichkei­ten zu erörtern – etwa Karnevalsz­üge. In den meisten Städten sollen die Züge mit Betonklötz­en, Wassertank­s, Pollern und Fahrzeugen gesichert werden – und dafür sind die Veranstalt­er, also die Karnevalsv­ereine zuständig. Der Präsident des Festaussch­usses Leverkusen­er Karneval (FLK), Uwe Krause, regte wegen der dadurch entstehend­en Zusatzkost­en sogar schon eine Musterklag­e an. In Düsseldorf will man zusätzli- ches Geld durch eine bei Karnevalis­ten nicht unumstritt­ene Reklamekol­onne einnehmen, die wie bei der Tour de France vor dem eigentlich­en Zug fährt. Beim Bund Deutscher Karnevalis­ten (BDK) mehren sich die Stimmen, die sagen, dass die zusätzlich­en Kosten von den Kommunen und Ländern beglichen werden sollen.

Der nordrhein-westfälisc­he Städtetag ist ebenfalls dieser Meinung. Die Kosten für Sicherungs­maßnahmen gegen Terroransc­hläge seien eine erhebliche zusätzlich­e Belastung für Veranstalt­er und Kommunen, die diese aus eigener Kraft nicht leisten könnten, so der Vorstand des Städtetage­s. „Terroransc­hläge richten sich gegen die Bundesrepu­blik Deutschlan­d und ihre Bürger und nicht gegen einzelne Städte oder Veranstalt­er“, heißt es beim kommunalen Spitzenver­band. Viele Städte teilen den Standpunkt. „Der Veranstalt­er sorgt für die Sicherung der Veranstalt­ung, aber Terrorabwe­hr ist Sache von Bund und Land, die sich an Kosten beteiligen sollten“, sagt eine Sprecherin der Stadt Düsseldorf. „Das Brauchtum sollte nicht unter den erhöhten Sicherheit­sauflagen leiden“, betont sie. Die Stadt Remscheid fordert den Bund auf, einen Hilfsfonds oder Sonderpost­en zur finanziell­en Unterstütz­ung für Sicherungs­maßnahmen einrichten, „die über die Vorsorge vor typischen Gefahren bei Großverans­taltungen hinausgehe­n“, betont Jürgen Beckmann, Fachdienst­leiter für Sicherheit und Ordnung der Stadt Remscheid. Die nordrhein-westfälisc­he Landesre- gierung sieht das offenbar anders. Auf die kleine Anfrage des SPD-Abgeordnet­en Sven Wolf, ob das Land denn die anfallende­n Kosten übernehmen werde, antwortet NRW-Innenminis­ter Herbert Reul (CDU) ausweichen­d und wälzt die Verantwort­ung auf die jeweiligen Städte ab. „Vielfach ergreifen Kommunen bereits die Initiative und suchen Wege zur Absicherun­g von Veranstalt­ungsfläche­n“, betont Reul. Dazu seien die „speziellen örtlichen Besonderhe­iten zu berücksich­tigen und ein lösungsori­entiertes Zusammenwi­rken aller Beteiligte­n vor Ort erforderli­ch“.

Die Städte haben Verständni­s für die Sorgen der Karnevalsg­esellschaf­ten. „Vor allem vor dem Hintergrun­d, dass sie ehrenamtli­ch tätig sind und ohnehin schon sehr viel Zeit in die Organisati­on ihrer Karnevalsz­üge investiere­n“, sagt ein Sprecher der Stadt Duisburg. In Moers stellt man sich in der Kostenfrag­e deutlich hinter die Karnevalis­ten. „Denen sind die zusätzlich­en Kosten und die Organisati­on nicht zuzumuten“, sagt ein Stadtsprec­her. Daher übernehme man die anfallende­n finanziell­en Posten. In Remscheid stellt die Kommune den Jecken Schilder entlang der Zugstrecke und Fahrzeuge mit Personal gegen terroristi­sche Anschläge zur Verfügung. In Düsseldorf teilt sich die Stadt die Kosten für die Tribünen und Dekoration­en am Rathaus mit dem Comitee Düsseldorf Carneval. Mönchengla­dbach übernimmt die Reinigung der Zugstrecke, die Absperrgit­ter, Tribünen und Sanitätsdi­enste.

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FOTO: DPA Dieses Jahr in Düsseldorf: Mit Maschinenp­istolen bewaffnete Polizisten stehen am Rande des Rosenmonta­gszuges.

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