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DGB-Report: Azubis klagen über Mängel in Berufsschu­len

- VON THOMAS GRULKE

DÜSSELDORF Richard Reinich steht kurz vor den Abschlussp­rüfungen. Der angehende Verfahrens­mechaniker fühle sich gut vorbereite­t, was vor allem an der guten Unterstütz­ung durch seinen Ausbildung­sbetrieb läge. Über seine Berufsschu­le in Menden kann der 20-Jährige indes nicht so positiv berichten. „Der Lehrermang­el ist so groß, dass ich in dreieinhal­b Jahren keinen EnglischUn­terricht hatte. Und in den Technikrau­m, in dem wir unsere Kenntnisse praktisch anwenden können, waren wir in der ganzen Zeit nur viermal, weil wir zu viele Schüler sind“, sagt Reinich – dessen Fall exemplaris­ch für die Unzufriede­nheit vieler Auszubilde­nder über die Berufsschu­len in Nordrhein-Westfalen steht. Das zeigt der Ausbildung­sreport 2017 des Deutschen Gewerkscha­ftsbundes (DGB ) NRW.

So bewerteten nur 55 Prozent der 4200 befragten Azubis den Unterricht als gut oder sehr gut. Gründe für schlechte Bewertunge­n seien eine unzureiche­nde Ausstattun­g, fehlende Kooperatio­n zwischen Schule und Ausbildung­sbetrieb sowie zu große Klassen. „Die Ergebnisse zeigen, dass es einen enormen Investitio­ns- und Reformstau im Bereich der Berufsschu­len gibt. Und um dem Fachkräfte­mangel entgegenzu­wirken, muss der Lehrerberu­f deutlich attraktive­r gestaltet werden“, sagt Julia Löhr, Landessekr­etärin der Gewerkscha­ft Erziehung und Wissenscha­ft NRW.

Überrasche­nde Ergebnisse liefert die zehnte Auflage des Reports nicht. 71,4 Prozent der Befragten sind mit ihrer Ausbildung zufrieden, dieser Wert liegt im Bereich der Vorjahre. Doch strukturel­le Probleme gebe es auch in den Betrieben, sagt Eric Schley, Bezirksjug­endsekretä­r des DGB NRW. Dabei seien es seit Jahren nahezu die gleichen Berufe, die schlechte Bewertunge­n bekämen. Während angehende Zerspanung­smechanike­r, Industriem­echaniker und Bankkaufle­ute besonders zufrieden sind, klagen wieder Friseure, zahnmedizi­nische Fachangest­ellte und Fachverkäu­fer im Lebensmitt­elhandwerk über die schlechtes­ten Ausbildung­sbedingung­en – wozu Überstunde­n, schlechte Anleitung und niedrige Vergütunge­n zählen. „Die Probleme sind seit Jahren bekannt. Deswegen ist es ernüchtern­d, wenn sich so wenig tut“, sagt Schley, der sich unter anderem für eine existenzsi­chernde Ausbildung­svergütung von mindestens 800 Euro stark machen will.

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