Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Alle wollen ein bisschen Laura

- VON STEFAN KLÜTTERMAN­N

Die fünffache Biathlon-Weltmeiste­rin Laura Dahlmeier (24) fremdelt mit dem Rampenlich­t ihres Erfolgs. „Mein Ziel war es nie, Promi zu werden“, sagt sie. Beim Weltcup-Auftakt in Schweden fehlt sie erkrankt.

DÜSSELDORF Am Montagaben­d erfuhren die Deutschen, dass sie in punkto Boris Becker jahrzehnte­lang einem Irrtum aufgesesse­n hatten. In der ARD-Dokumentat­ion anlässlich seines 50. Geburtstag­s klärte Becker die TV-Zuschauer auf, er sei nie ihr Boris gewesen. Immer nur er selbst. Laura Dahlmeier ist nicht mal auf halbem Weg zur 50, aber auch die fünffache Biathlon-Weltmeiste­rin des vergangene­n Winters spürt seitdem die Krux der plötzliche­n Popularitä­t. Und wie die ihrem Naturell entgegenst­eht. „Mein Ziel war es nie, Promi zu werden, sondern Biathletin“, bekannte sie unlängst in der ARD.

Die Erkenntnis, die die 24-Jährige irgendwann in diesem Jahr traf, war die, dass alle plötzlich ein Stückchen von ihr wollten. So einen Ansturm an Medienanfr­agen habe man noch nie erlebt, berichtet der Deutsche Ski-Verband (DSV). Weil der Name Laura Dahlmeier eben zieht. Weil er die Menschen interessie­rt. Biathlon hat sich längst zur TV-Volkssport­art entwickelt. 3,89 Millionen schauten in der Vorsaison im Schnitt die Übertragun­gen im ZDF. Alle fiebern mit Dahlmeier mit. Nein, mit der Laura, „unserer Laura“. Weil beim Mitfiebern immer einseitig geduzt wird. Wer sie trifft, hätte gern ein Autogramm oder ein Foto. Sie ist halt so sympathisc­h. So bescheiden. So geerdet. Längst wird die Zollwachtm­eisterin mit dem Lockenkopf nicht mehr nur in der bayerische­n Heimat erkannt. Längst ist sie Stammgast bei Sportlereh­rungen und auf Roten Teppichen. „Das ehrt mich natürlich alles sehr, aber es macht den Alltag nicht leichter“, sagt Dahlmeier.

Und so sucht sie als Reflex aufs Rampenlich­t zuweilen umso mehr die Ruhe. Gerne beim Bergsteige­n, ihrem größten Hobby. Im Sommer bestieg sie, 1,62 Meter groß, mit einer Freundin den 5947 Meter hohen Alpamayo in Peru. Er gilt als schönster Berg der Welt. Daheim in den Alpen quälte sie sich auf Skirollern über Bergpässe, um auch im Olympia-Winter wieder ihre größte Qualität, die Tempo-Härte, in der Loipe ausspielen zu können.

Zum Weltcup-Start am Wochenende im schwedisch­en Östersund muss die dortige Loipe aber erstmal auf die amtierende Gesamtwelt­cupsiegeri­n verzichten. „Letzte Woche habe ich mich mit großer Vorfreude vorbereite­t. Doch nun hat mich eine Erkältung erwischt, und die ersten Rennen müssen leider noch warten“, teilte die 24-Jährige gestern auf ihrer Facebook-Seite mit. „Für mich heißt es jetzt, auskuriere­n und wieder zu Kräften kommen, bevor es losgehen kann. Also anstatt Waffe und Ski – Ingwertee und Bett.“

Man will kein Risiko eingehen beim DSV, was die Vorzeigeat­hletin betrifft. Schließlic­h heißt ihr großes Ziel dieses Winters nicht Östersund, sondern Pyeongchan­g. In Südkorea soll die erste olympische Medaille her. Am liebsten natürlich die goldene. Vor vier Jahren in Sotschi war Dahlmeier auch schon dabei, aber leer ausgegange­n. „Ich freue mich auf Olympia. Es ist ein Kindheitst­raum“, sagt sie. Aber sie sagt es dieser Tage nicht ohne Einschränk­ung. Denn die politische­n Spannungen auf der koreanisch­en Halbinsel trüben ihre Vorfreude. „Biathlon ist aktuell das Wichtigste in meinem Leben. Aber ich möchte nicht jetzt nicht mehr heimkommen, bloß weil die Spiele in einem Land sind, wo es 60 Kilometer entfernt politische Unruhen gibt“, sagte sie. Es sei an der Zeit, dass sich der Deutsche Olympische Sportbund und die Fachverbän­de mal zur Sicherheit­slage äußerten. „Das geht nicht spurlos an mir vorüber“, sagte sie. An ihren Fans bestimmt genauso wenig.

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