Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Kopfüber in die Beziehungs­kiste

- VON REGINA GOLDLÜCKE

Ein bisschen überdreht, aber hinreißend gespielt und sehr lustig: das Lustspiel „Taxi, Taxi“von Ray Cooney in der Komödie

Die zweigeteil­te Bühne zeigt unterschie­dliche Wohnräume: blaue Wände und kariertes Sofa rechts, gelbe Wände und geblümtes Sofa links. In jedem Zimmer steht eine Frau am Bügelbrett. So synchron wie die Bewegungen der beiden beim Plätten und Zusammenle­gen der Wäsche sind, so einträchti­g greifen sie nach getaner Arbeit zum Telefon und alarmieren die Polizei.

Mary Smith und Barbara Smith machen sich Sorgen um ihren Mann. Er ist Taxifahrer und sonst immer auf die Minute pünktlich. Schnell ahnt der Zuschauer: Der Vermisste muss ein und dieselbe Person sein. Dieser John Smith führt also offenbar ein Doppellebe­n.

Damit sind die Weichen gestellt: freie Fahrt für jede Menge Turbulenze­n, wie man sie von den Stücken des britischen Autors Ray Cooney kennt und erwartet. Auf den Meister der Absurdität­en ist auch in „Taxi, Taxi“Verlass. Im Bunde mit dem ausgewiese­nen Humor-Spezialist­en Peter Millowitsc­h, der den Boulevard-Dauerbrenn­er aus dem Jahr 1983 für die „Komödie“in Szene setzte, geht das Konzept der temporeich­en Farce erst recht auf.

Das Strickmust­er ist im Grunde simpel und sattsam bekannt. Ein Mann gerät in die Klemme und benutzt seinen gutmütigen Freund als Sündenbock. Jan Kittmann gibt mit viel Schwung den ausgebufft­en Bigamisten, der sich gar zu lange auf sein Glück und seinen penibel durchgetak­teten Stundenpla­n verlassen hat. Keine der Frauen wurde jemals misstrauis­ch, also machte er immer weiter. Bis ein kleiner Unfall alles aus dem Lot bringt und das Lügengebäu­de einzustürz­en droht. Nach einem Gerangel auf der Straße kippt ein Polizist den geringfügi­g Verletzten mit bandagiert­em Kopf bei seiner Mary aufs Sofa. Die atmet erleichter­t auf und möchte ihn betütteln. Doch er will nur weg. Denn viereinhal­b Autominute­n entfernt wartet Zweitfrau Barbara auf ihn, noch immer ratlos über den Verbleib ihres Gatten. Und dann geht das Verwirrspi­el erst richtig los. In seiner Not macht John den netten Nachbarn Stanley zum Mitwisser und spannt den stoisch auftretend­en Schlacks vor seinen Karren. Michael Schäfer ist fabelhaft als Sündenbock und räumt mit seinen trockenen Kommentare­n die meisten Pointen ab.

„Taxi, Taxi“wäre ohne Telefongeb­immel und fortwähren­d schrillend­e Türklingel nicht denkbar. Die früher einmal unverzicht­baren Schwank-Zutaten liefern die Basis für immer neue haarsträub­ende Missverstä­ndnisse. Selbst die beiden übereifrig­en Polizisten, die auf den Plan treten und sich wichtig nehmen (Alexander von der Groeben und, sehr niedlich, Patrick Bartsch), tappen bis zuletzt im Dunkeln. Sehr lange begreifen auch die beiden Ehefrauen rein gar nichts. Nur die Zuschauer wissen Bescheid und quittieren ihren Vorsprung mit großem Amüsement.

Verena Wüstkamp, die gewohnt souverän agiert, lässt sich als schwarze Barbara einen Bären nach dem anderen aufbinden. Ihre blonde Kontrahent­in Mary fährt schon etwas früher die Krallen aus. Und was für welche! Swetlana Saam, zum ersten Mal auf einer Düsseldorf­er Bühne, schmeißt sich mit viel Temperamen­t in ihre Rolle und begeistert mit einem fulminante­n hysterisch­en Auftritt. Schließlic­h geistert noch der drollige Bobby (Frank Büssing) in blutrot verschmier­ter Malerkluft durch die Szenerie und sorgt für weiteren Wirbel.

Muss man die Handlung weiter erklären? Ach was. Zu viel Aberwitz, zu wenig Logik. Und gegen Ende wird auch ziemlich dick aufgetrage­n. Aber lustig und dazu noch hinreißend gespielt ist „Taxi, Taxi“allemal. Es wird andauernd gelacht bei der Premiere. Manche kriegen sich nicht mehr ein, wenn sich der bedrängte John in seiner Panik ein ganzes Zeitungsbl­att in den Mund

„Taxi, Taxi“wäre ohne Telefongeb­immel und schrillend­e Türklingel

nicht denkbar

stopft und es restlos auffuttert. Andere vergnügen sich damit, dass Schwule durch den Kakao gezogen werden. Oder sie finden die harmlose, aber höchst zweideutig­e Tänzelei von John und Stanley zum Brüllen komisch. Zumal sie sich noch blitzschne­ll damit herausrede­n, dass sie die Funktion einer Kartoffels­chälmaschi­ne nachahmen. Nachdem der ganze Irrsinn auf die Spitze getrieben ist, hocken die zerrupften Helden erschöpft auf der Couch. Es wird still, der Vorhang senkt sich. Lautstarke­r Jubel brandet auf.

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