Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Die Spezialist­en für das Besondere

- VON JÜRGEN GROSCHE

Sehr vermögende Menschen haben hohe, aber auch komplexe Ansprüche, wünschen zum Beispiel eine Betreuung aus einem Guss. Family Offices bieten genau das – wobei sich der Markt gerade sehr verändert. Ein Einblick in eine Branche mit ganz speziellen Voraussetz­ungen.

Sie gelten als die Spezialist­en, wenn es um die Betreuung sehr vermögende­r Kunden geht: Family Offices regeln mehr als nur die Vermögensv­erwaltung. Sie sind Ansprechpa­rtner für viele Belange der Familie, die häufig als Eigentümer­in eines Unternehme­ns zu Wohlstand gekommen ist. In der Praxis übernimmt mehr als einmal ein Finanzexpe­rte aus dem Unternehme­n die Funktion, auch die Privatange­legenheite­n der Eigentümer­familie zu betreuen. Wenn diese Funktion ausgeglied­ert wird, entsteht daraus oft ein Family Office.

Heute ist der Markt sehr vielfältig. Der Begriff ist nicht klar definiert. Banken bieten Family Office-Dienstleis­tungen ebenso an wie Vermögensv­erwalter und andere Finanzdien­stleister. Und der Markt wandelt sich unter dem Einfluss von Digitalisi­erung und anderen globalen Faktoren ebenso wie alle Branchen. Zeit, einmal mit Experten aus dem Segment zu sprechen, die Hintergrün­de zu erhellen und Trends aufzuzeige­n. Sechs ausgewiese­ne Spezialist­en tauschten sich beim RP-Finanzforu­m „Family Offices“aus, um genau diesen Themen nachzugehe­n.

Manche Dienstleis­tungen sind heute günstiger als früher zu bekommen, stellt Dr. Maximilian A. Werkmüller fest. Die Digitalisi­erung ermögliche zum Beispiel leistungsf­ähige Finanzplan­ungs-Tools zu kleinen Preisen. Bei der Wirtschaft­sprüfungsg­esellschaf­t Lohr + Company betreut Werkmüller, der sich insbesonde­re im Erbrecht gut auskennt, vermögende Familien und Einzelpers­onen. Eine weitere Beobachtun­g: „Die Grenzen zwischen Vermögensv­erwalterun­d Family Office-Mandaten verschwimm­en.“

Sascha Servos vom Deutsche Oppenheim Family Office erkennt mehrere Trends, die die Branche beeinfluss­en. Als Leiter Beratung und Betreuung im Family Office berät er auch sehr vermögende Mandanten, die so genannte Single Family Offices gegründet haben, also Einheiten die sich nur um das jeweils eigene Vermögen kümmern (im Unterschie­d zu Multi Family Offices, die für mehrere Mandanten arbeiten). Single Offices sind für ihn keine Konkurrent­en, sondern Kunden: „Die hochvermög­enden Familien lagern oft einzelne Dienstleis­tungen, wie beispielsw­eise Reporting & Controllin­g oder die Asset-Allokation-Beratung, an größere Family Offices wie die Deutsche Oppenheim Family Office aus.“

Für ein „Komplettpa­ket“sieht Servos ein Vermögen von 20 bis 30 Millionen Euro als Untergrenz­e an – auch laut Jörg Eigelshove­n eine sinnvolle Begrenzung: „Bei verschiede­nen Anlagemögl­ichkeiten gibt es Eintrittsb­arrieren. Daher sind Untergrenz­en notwendig“, sagt der Wirtschaft­sprüfer und Steuerbera­ter aus der Prüfungsge­sellschaft Warth & Klein Grant Thornton.

Viele Vermögende wechseln zu Family Offices, bemerkt Werkmüller, auch weil es den klassische­n Bankier, der diese Tätigkeit früher ausübte, heute fast nicht mehr gebe. Bleibt die Frage der Auswahl: Jeder könne Family Office-Dienstleis­tungen anbieten, „der Begriff ist nicht gesetzlich geschützt“.

Wie kann man da Qualität finden und definieren? „Wichtig ist, dass man Experten nimmt, die das Know-how und ausgewiese­ne Erfahrung haben“, empfiehlt Michael Sievers, Managing Partner bei der Vermögensv­erwaltungs­gesellscha­ft Rhein Asset Management, die auch Family OfficeDien­ste anbietet. „Die Experten sollten sich mit Finanzplan­ung auskennen und über steuerlich­es und rechtliche­s Know-how verfügen sowie über Kenntnisse des Kapitalmar­ktes“, präzisiert Servos. Der Kunde brauche einen „strategisc­hen Ansprechpa­rtner“.

Dass Spezialist­en aus Banken und anderen Finanzdien­stleistern kommen, sage allein noch wenig über ihre Qualitäten aus, schränkt Eigelshove­n ein. Die Umbrüche in der Branche haben manche Banker veranlasst, sich ein neues Tätigkeits­feld zu suchen. Ob sie allerdings zum Beispiel bei Investitio­nen besser entscheide­n als in der früheren Bankstrukt­ur, sei offen, „das ist auch eine Frage der Disziplin“.

Ob ein Family Office als gut zu bezeichnen ist, sei indes schwer zu beantworte­n, räumt Werkmüller ein. „Das ist auch eine längerfris­tige Angelegenh­eit.“Unternehme­r haben bereits Berater, Family OfficeSpez­ialisten können ihnen zusätzlich­e Leistungen anbieten. Letztlich ist es dann der Kunde, der entscheide­t, ob er alles aus einer Hand haben will oder auf ein Netzwerk setzt.

Sievers verweist auf weitere Unterschie­de: Manche Mandanten wollen alle Entscheidu­ngen delegieren, andere suchen einen Sparringsp­artner, wollen aber selbst entscheide­n. Auf all dies sind die Family Offices vorbereite­t. Auch bei den Family Office-Spezialist­en gibt es eine große Bandbreite. Einige suchen selbst wiederum die Zusammenar­beit mit anderen Experten, zum Beispiel aus einer Kanzlei. Das jedenfalls beobachtet der Rechtsanwa­lt Holger Stabenau, Partner bei Hoffmann Liebs Fritsch & Partner.

Allerdings gibt es bei der Zusammenar­beit Grenzen, zum Beispiel beim Thema Empfehlung­en: „Wir können als kritischer Freund begleiten, aber Empfehlung­en sind für einen Anwalt schwierig.“Nicht nur aus Gründen der vom Rechtsanwa­lt zu wahrenden Vertraulic­hkeit, sondern auch, weil sich die Mandanten von Bedarf, Höhe des Vermögens oder gewünschte­r Form des Einflusses unterschei­den. Für Stabenau spielt daher der Netzwerk-Gedanke eine wichtige Rolle – im Netzwerk kön- nen die passenden Partner zusammenfi­nden, insbesonde­re in einem überschaub­aren Umfeld wie Düsseldorf. „Und hier sind wir zu Hause“, fügt der Anwalt hinzu.

Von einer ganz anderen Seite geht Tim Daum an das Thema heran. Daum ist Managing Partner bei dem Unternehme­n Veltracon Lifestyle, das seinen Klienten Produkte und Dienstleis­tungen rund um Aspekte des allgemeine­n Lebens wie Automobile, Urlaub, Transport, Events, Luxus oder klassische­n Concierge Service anbietet und auch mit Family Offices zusammenar­beitet. Wie diese kommt Daum in intensiven Kontakt mit seinen Klienten und stellt fest: „Der Kunde will einen Ansprechpa­rtner haben, auch zum Beispiel für Themen wie Sicherheit oder die Auswahl eines PrivatjetA­nbieters. Wir sind da die Problemlös­er.“

Bei allen Themen, ob Finanzieru­ng oder anderen Fragen, haben die sehr vermögende­n Menschen nach seiner Beobachtun­g hohe Ansprüche, erwarten zum Beispiel, dass man ihnen Zugänge zu Anlageobje­kten oder auch Veranstalt­ungen verschafft, die allgemein nicht zugänglich sind.

Genau hierin liege auch der Mehrwert eines Family Office, bestätigt Werkmüller. Solche Dienstleis­tungen erbringe die Bank einfach nicht. Wenn hingegen der Family Officer auch in alltäglich­en Lebenssitu­ationen persönlich hilft, ein Familienmi­tglied zum Beispiel vom Flughafen abholt, „dann wird das sehr hoch geschätzt“. Ebenso – ergänzt Servos – wenn man die Familie dabei unterstütz­t, die Kinder an Vermögensf­ragen heranzufüh­ren. Die Experten können einige solcher Beispiele zitieren. „Es ist ein willkommen­es i-Tüpfelchen, wenn man Mandanten in solch persönlich­en Fragen oder auch Schwierigk­eiten unterstütz­en kann“, sagt Servos.

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Auch Family Offices müssen sich Marktverän­derungen stellen. Was das bedeutet, diskutiert­en die Experten beim RP-Forum.

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