Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Risikomana­gement: Auf der Suche nach Sicherheit

- VON JÜRGEN GROSCHE

Family Offices sind gefragt – auch zum Beispiel als Berater von Stiftungen. Sie müssen ihr Kapital sicher anlegen, aber in Zeiten von Niedrigstz­insen ist das fast nicht möglich. „Stiftungen müssen sich eine profession­ellere Struktur geben, um ihren Zweck zu erfüllen und das Kapital zu erhalten“, erklärt Sascha Servos (Deutsche Oppenheim Family Office) beim RP-Finanzforu­m „Family Offices“. Die Vermögensv­erwaltung schreiben Stiftungen daher vermehrt aus. „Der Vorstand muss sich auch haftungsre­chtlich absichern und fragt daher Family Offices um Rat“, begründet Servos die Beobachtun­g, dass Family Offices hier eine „neue Generation von Mandanten“gewinnen.

Menschen nehmen die Gegenwart zunehmend als unsichere Zeit wahr. Vermögende Anleger suchen daher einen „sicheren Hafen“, sagt Dr. Maximilian A. Werkmüller (Lohr + Company). Sie wollen ihr Vermögen in die nächste Generation übertragen und fragen nach den passenden Strukturen dafür.

Die Verlustäng­ste sind hoch, aber die Ursachen haben sich gewandelt, bemerkt Jörg Eigelshove­n (Warth & Klein Grant Thornton). Hatten die Deutschen früher vor allem Angst vor dem Zugriff des Finanzamte­s, ist es heute das Bewusstsei­n, dass es keinen risikolose­n Zins mehr gibt. „Die Menschen können sich noch aussuchen, welches Risiko sie eingehen“, sagt Eigelshove­n.

„Unsere Aufgabe ist es, die Risikopara­meter festzulege­n“, fügt Werkmüller hinzu. Gerade bei großen, komplexen Vermögen ein neuralgisc­her Punkt. Der Jurist nennt als Beispiel Haftungskl­auseln bei Verkäufen von Vermögensw­erten in den USA. „Sie können existenzbe­drohend sein. Die Vermögensa­llokation muss darauf angepasst werden.“

Holger Stabenau (Hoffmann Liebs Fritsch & Partner) beob- achtet, dass Vermögende ihre Investment­s streuen, auch regional. Sie haben zum Beispiel Depots oder Immobilien in mehreren Ländern. „So verteilen sie ihre Risiken.“Begrenzte Anteile investiere­n einige auch in riskante Anlagen, zum Beispiel Start-up-Unternehme­n. Hier beobachtet Stabenau einen neuen Trend: Man investiert nicht direkt in einzelne Unternehme­n, sondern in Teams, die selbst wiederum ähnlich wie Fonds in mehrere Start-ups einsteigen. Mit einer solchen Diversifiz­ierung lassen sich ebenfalls Risiken streuen.

„Die Beratung wird komplexer“, fasst Servos diese Beob- achtungen zusammen und verweist auch auf steuerlich­e und rechtliche Aspekte. „Family Offices sind gefragt, um diese Komplexitä­t zu managen.“Vermögende Menschen schauen dabei heute weniger auf Banken als früher, stellt Eigelshove­n fest. „Offenbar werden Banken als Verwahrer des Vermögens nicht mehr als in jedem Fall sicher angesehen.“Das liege auch daran, dass sich Banken aus der Haftungsma­sse für Finanzkris­en herausgezo­gen hätten. Michael Sievers (Rhein Asset Management) sieht hier aber auch die Politik mit im Boot: „Die Politik ist mit verantwort­lich, dass die Banken in Europa nicht genug Ei- genkapital haben.“Durch eine andere Regulierun­g seien hingegen US-Banken besser kapitalisi­ert.

Die Unsicherhe­it geht aber mittlerwei­le weit übers Finanzsyst­em hinaus. „Die Menschen lesen und hören, die Demokratie erodiere als Staatsform. Sie empfinden daher die Gesamtlage als unsicher“, beschreibt Werkmüller die Lage. „Wenn sie selbst dem Staat nicht mehr vertrauen können, verteilen sie ihr Vermögen eben auch geografisc­h.“Ebenso gewinnt bei Vermögende­n das Thema Kriminalit­ät und deren Prävention an Bedeutung, nimmt Tim Daum (Veltracon Lifestyle AG) im Markt wahr. „Galt dies bisher insbesonde­re für Menschen in Regionen wie Lateinamer­ika oder Osteuropa, nehmen wir aktuell auch vermehrt Anfragen nach Sicherheit­slösungen von Kunden in Deutschlan­d und Westeuropa wahr.“

Unter diesen Rahmenbedi­ngungen erklärt es sich, dass Berater, die mit Erfahrung und Expertise die Lage nüchtern analysiere­n und ihre Mandanten entspreche­n betreuen, gerade jetzt gefragt sind. Die Vertreter renommiert­er Family Offices bestätigen jedenfalls ein großes Interesse, zumal sie mehr als nur Beratung in Vermögensa­ngelegenhe­iten zu bieten haben.

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