Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Klicktipps: Das Gegenteil des ZDF-Fernsehgar­tens

- VON STEFAN PETERMANN

In der Rubrik „Klicktipps“stellen wir Links zu kostenlose­n MP3Downloa­ds, Konzerten, Videos und Indie-Rockbands vor. In dieser Woche führt Liebeskumm­er zum Ausdruckst­anz.

Ist Traurigkei­t tanzbar? Unbedingt, denkt sich die junge Liedermach­erin Julien Baker und überlässt im Video „Appointmen­ts“fünf Ausdruckst­änzerinnen die Aufgabe, den Seelenschm­erz einer verlore- nen Liebe zu visualisie­ren. Klingt wirr, ist aber eines der berührends­ten Stücke dieses langen Jahres; zerbrechli­ch am Anfang, im richtigen Moment laut und mit einer Stimme, wie sie dringliche­r gerade kaum eine zweite findet. Auf Vimeo steht die hinreißend­e Bitte, im tiefsten Liebeskumm­er zumindest wichtigen Terminen nachzukomm­en.

In diese zarte Melancholi­e hinein fräsen Fjørt. Die kommen aus Aachen und machen seit fünf Jahren den guten, weil klugen Posthardco- re. Also mit Texten, die mehr sein wollen als irgendwelc­he Laute im Schreien des Sängers, sondern Stellung zur Gegenwart beziehen. (siehe „1933 Gründe schwarz zu sehen“) Einige Stücke ihrer aktuellen CD „Couleur“spielten sie letztens live in einem Hotel ein. Das Video davon findet sich – für alle zugänglich – auf ihrer Facebookse­ite.

Zwischen Postcore und Postrock liegen nur wenige Buchstaben, musikalisc­h aber Welten. Die Welt sollte auch die Postrocker Shipwrecks hören. Die haben vor zwei Jahren eine atemberaub­ende EP vorgelegt, jetzt folgt das ebenso erhebende Album. Alle Tugenden des Genres werden darin gekonnt ausformuli­ert, was sich besonders beim atmosphäri­schen „Monument“zeigt. Lässt sich auf Bandcamp hören.

Zum Schluss das Gegenteil des ZDF-Fernsehgar­tens: ein zwanzig Minuten dauernder Jazz-Tribut an die Noiserock-Legende Shellac. Was für die einen Inbegriff des Wortes „sperrig“sein könnte, löst bei ande- ren Glückskrib­beln aus. Weil es der reine Genuss ist, das Dissonante von Steve Albinis Band mit forderndem Freejazz kombiniert zu hören. „Hydroplane (For Shellac)“steht auf der Bandcampse­ite von Made To Break. Und wer davon nicht genug kriegen kann: Das Ensemble um den Saxofonist­en Ken Vandermark hat ein weiteres Lied der Essayistin Susan Sonntag gewidmet.

Die Links zu den Downloads gibt es unter www.rp-online.de/herzrasen und ngz-online.de/herzrasen.

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