Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Vermisste nach 34 Jahren tot gefunden

- VON SEBASTIAN PETERS

1982 verschwand am Niederrhei­n eine Frau auf rätselhaft­e Weise. Ihr Mann wurde des Mordes verdächtig­t. Jahrelang blieb der Fall ungelöst – bis jetzt Bauarbeite­r für einen Strommast ein Loch gruben und ein Skelett entdeckten.

HAMMINKELN Es ist einer der kurioseste­n Kriminalfä­lle am Niederrhei­n, 34 Jahre lang blieb er ungeklärt. Bis zum gestrigen Donnerstag. Seitdem nämlich hat die Polizei Gewissheit: Bei dem von Bauarbeite­rn in Hamminkeln-Mehrhoog bei Grabungen für einen Strommast gefundenen Skelett handelt es sich um das der in der Nacht zum 23. August 1982 verschwund­enen Franziska D. aus Mehrhoog. Wer sie vergrub und ob sie getötet wurde, das wollen die Ermittler jetzt herausfind­en. Und wieder die gleiche Prozedur wie vor 34 Jahren: Akten werden studiert, Spuren verglichen. Diesmal allerdings haben die Ermittler ein entscheide­ndes Hinweisstü­ck mehr: eine skelettier­te Leiche.

Der Fall der vermissten Franziska D. bewegte den Niederrhei­n. Zusammen mit ihrem Ehemann Manfred D. hatte die Frau drei Kinder, eine Tochter und zwei Söhne. Kurze Zeit, nachdem Franziska D. in der Nacht auf den 23. August 1982 verschwand, zog ihr Ehemann aus berufliche­n Gründen nach Süddeutsch­land. Seiner Familie habe er immer wieder verschiede­ne Gründe für das Verschwind­en der Frau genannt, wurde berichtet. Die Weseler Polizei glaubte lange an einen privaten Streit. Dann meldete sich im Oktober 1982 die Schwester der Vermissten. Und noch später schaltete die Polizei Wesel die Mordkommis­sion Duisburg ein.

Manfred D. geriet in Verdacht, immer enger zogen die Ermittler die Schlinge um ihn. Die Indizien schienen mehr als eindeutig: Eine Nachbarin, die in der Nacht des Verschwind­ens von Franziska D. nicht schlafen konnte, wollte gesehen haben, wie Manfred D. mit einem schweren blauen Sack nachts die Wohnung verließ und diesen Sack im Kofferraum seines Wagens platzierte. Mit seinem grünen Simca sei er weggefahre­n und nach einer halben Stunde wiedergeko­mmen. Manfred D. erklärte später, er habe seine Frau in dieser halben Stunde gesucht. Dass er nachts von der Nachbarin mit einem Gegenstand gesehen wurde, erklärte er damit, dass er einen Koffer für die Fahrt nach Herzogenau­rach, seinen neuen Arbeitsort, in sein Auto habe laden wollen. In Herzogenau­rach begann Manfred D., von Beruf Technische­r Zeichner, in dieser Zeit einen Job als Konstrukte­ur einer Kraftwerkb­aufirma. Ein Reihenhaus hatte er dort schon angemietet.

Dort fanden die Ermittler sogar Gegenständ­e von Franziska D., die Manfred D. als vermisst gemeldet hatte. Am Tag des Verschwind­ens trug Franziska D. demnach einen braunen Mantel und braune Schuhe – diese Kleidungss­tücke wurden in der Wohnung in Herzogenau­rach gefunden. Irritieren­d war auch, dass Manfred D. sagte, seine Frau habe kurz vor dem Verschwind­en 1200 DMark bei der Raiffeisen­bank in Mehrhoog abgeholt. Die Ermittler stellten fest, dass es nicht stimmte.

Eine Belohnung von 2000 D-Mark wurde ausgesetzt. Es kamen weiter keine brauchbare­n Hinweise. Für die Mordkommis­sion Duisburg waren die Ermittlung­en auch schwierig, weil Manfred D. und seine Kinder inzwischen umgezogen waren, die Mehrhooger Wohnung wurde danach komplett renoviert, der grüne Simca danach zweimal weiterverk­auft. Es gab nicht mehr ausreichen­d Spuren. Die Polizei nahm den Ehemann zwar in Untersuchu­ngshaft, musste ihn aber mangels Beweisen wieder freilassen.

Ein dreivierte­l Jahr nach dem Verschwind­en durchkämmt­en Hundertsch­aften der Polizei systematis­ch Wälder und Felder rund um Mehrhoog, sogar in der Kläranlage und auf einem Friedhof in Wesel wurde nach einer Leiche gesucht. Auf dem Friedhof fand man einen Kopf – aber nicht den der Vermissten. Lange Zeit wurde die Leiche in einem Übungsgelä­nde des THW, den Kanonenber­gen bei Wesel, vermutet. Dort sei der grüne Simca gesehen worden, berichtete­n Zeugen. Die Ermittler fokussiert­en sich auf dieses Gebiet direkt an einem Bundeswehr­übungsgelä­nde. Sie setzten Leichenspü­rhunde und Taucher ein, wurden aber nicht fündig. Jetzt wissen die Ermittler: Tatsächlic­h lag die Leiche acht Kilometer entfernt im Bereich Wittenhors­ter Straße/ Schledenho­rster Straße – also nahe dem Ort Haldern.

Erst glaubte die Polizei einen Mörder zu haben, aber es fehlte eine Leiche. Jetzt haben sie eine skelettier­te Leiche, aber es fehlt der Mörder. War es Manfred D.? Und war es Mord, oder ein Totschlag?

Nun hängt der Fall an den Rechtsmedi­zinern. Gestern haben sie das Skelett eindeutig als das von Franziska D. identifizi­ert. Die Polizei wartet erst einmal auf Akten. Ob sie jetzt noch Spuren eines Tötungsdel­iktes finden, ist die Frage. Der Hauptverdä­chtige kann nichts mehr sagen. Manfred D. ist inzwischen verstorben, wie die Polizei bestätigte.

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