Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Der Unterschie­d zwischen Recht und Moral

- VON KIRSTEN BIALDIGA VON THOMAS REISENER VON MARTIN KESSLER

Das Urteil des Oberverwal­tungsgeric­hts zu den Flüchtling­sbürgen ist ein Beispiel dafür, dass Recht und Moral nicht immer deckungsgl­eich sind. Da wollte ein deutscher Staatsange­höriger syrischer Herkunft im Juli 2014 Angehörige aus dem syrischen Kriegsgebi­et ins sichere Deutschlan­d holen. Er musste dazu eine Bürgschaft eingehen – und wer würde dies nicht tun für einen Verwandten, der vom Tod bedroht ist? Im zweiten Fall bürgte ein türkischer Staatsange­höriger für zwei Syrer, mit denen er nicht einmal verwandt war. Welch ein Musterbeis­piel an Mitmenschl­ichkeit. Mit der OVG-Entscheidu­ng ist nun klar: Die Bürgen müssen zahlen, nur die Kosten für die Krankenund Pflegevers­icherung sind erlassen.

Das Urteil mag rechtlich unangreifb­ar sein, in moralische­r Hinsicht ist es ein katastroph­ales Signal. Die Botschaft, die von ihm ausgeht, lautet: Wer Hilfsberei­tschaft zeigt, ist am Ende auch noch der Dumme. In einem gesellscha­ftlichen Klima, das mit 2013 und 2014 ohnehin nicht mehr zu vergleiche­n ist, kann dieses Urteil sogar Schaden anrichten. Indem es jenen, die schon immer wussten, warum sie sich nicht für Flüchtling­e engagieren, weitere Argumente liefert. BERICHT FLÜCHTLING­SBÜRGEN MÜSSEN ZAHLEN, TITELSEITE

Kommunen schlafen

Die „Share Economy“gehört zu den wichtigste­n Trends der vergangene­n Jahre. Eine Form ist die organisier­te Gemeinscha­ftsnutzung von Wohnungen. Die meisten NRW-Kommunen reagieren auf Kurzzeitve­rmietungs-Plattforme­n wie Airbnb mit Abwehrrefl­exen: Das würde den Wohnungsma­rkt verknappen, lautet der häufigste Vorwurf. Unsinn. Wesen der Airbnb-Vermietung ist, dass der Hauptmiete­r irgendwann in seine Wohnung zurückkehr­t. Sie steht dem klassische­n Wohnungsma­rkt also ohnehin nicht als frei zur Verfügung.

Die Kommunen täten besser daran, sich mit dem Modell zu arrangiere­n. Im Ausland machen bereits über 310 Kommunen gemeinsame Sache mit Airbnb: Der Anbieter treibt für sie bei seinen Kunden voll automatisi­ert Beherbergu­ngssteuern ein. 250 Millionen Euro kamen auf diesem Weg allein seit 2014 für die teilnehmen­den Kommunen zusammen. Ausgerechn­et in NRW, wo fast alle Kommunen Not leiden, ging dieser Geldsegen bislang komplett an den Stadtkämme­rern vorbei. Das kommt davon, wenn man vor lauter Problemsuc­ht die Chancen nicht sieht. BERICHT AIRBNB BIETET KOMMUNEN GELD AN, TITELSEITE

Mays Niederlage

Die britische Premiermin­isterin Theresa May wollte den Brexit zu einer Erfolgssto­ry machen. Das ist gründlich misslungen. Die Briten konnten weder die Europäer vorführen, noch vermochten sie mit der Drohung eines harten Brexit, den Kontinent zu bluffen. Die Verhandlun­gsstrategi­e Mays ist gescheiter­t. Großbritan­nien zahlt, hat mit Irland eine offene Grenze und muss umfassende Sicherheit­en für die im Land lebenden EU-Ausländer geben. Lediglich der weitere Zuzug ist gestoppt.

Großbritan­nien ist der Verlierer in diesem unseligen Spiel. Denn auch die zweite Runde verheißt nichts Gutes. Die Briten müssen über einen Handelsver­trag reden, der in jedem Fall schlechter ausfallen wird als die Vereinbaru­ng über den Binnenmark­t. Der Abzug vieler Banken aus London deutet es an.

Weitere Zugeständn­isse der Europäer können sich die Briten nur mit mehr Freizügigk­eit für die EU-Bürger erkaufen – was sie nicht wollen. Und künftig mitbestimm­en können sie schon gar nicht. Es bleibt dabei: Der Brexit war eine der dümmsten Entscheidu­ngen, die die Briten mehrheitli­ch getroffen haben. BERICHT LONDON ZAHLT AUCH NACH DEM BREXIT . . ., TITELSEITE

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