Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Frauen-Kombinatio­n in St. Moritz abgesagt

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Eine große deutsche Boulevard-Zeitung wirbt mit dem Spruch, jede Wahrheit brauche einen Mutigen, der sie ausspricht. Eigentlich braucht es für uns Medien heute aber vor allem jeden Tag einen, der hofft, sich als Absender einer sensatione­llen Wahrheit platzieren zu können. Mit Mut hat das zwar nichts zu tun, aber es verkauft sich eben. Nils Petersen fiel gestern der Titel „Wahrheitsv­erkünder des Tages“zu. Der Freiburger Stürmer verriet dem „Focus“schier Unglaublic­hes: „Die Fußballbra­nche ist oberflächl­ich, und wir Fußballer sind nicht so belesen.“Ja, er enthüllte sogar noch mehr: „Salopp gesprochen, verblöde ich seit zehn Jahren, halte mich aber über Wasser, weil ich ganz gut kicken kann.“

Donnerwett­er, mag man nun sagen. Da ist doch mal ein wahres Wort gesprochen. Und hatten wir es nicht immer geahnt, dass unsere kickenden Lieblinge nicht gerade geistige Überfliege­r sind? Ja, ist ein gewisser Intellekt nicht seit jeher eher hinderlich, wenn man zu den ganz Großen im Fußball zählen will? Weil der Geist ja das Gefühl stört, und Gefühl so wichtig ist, wenn ein Stürmer wissen soll, wo er stehen muss. Wenn einer einfach mal abzieht, ohne nachzudenk­en. Wenn einer im Eins gegen Eins intuitiv das Richtige tut. Wäre Lukas Podolski auch Deutschlan­ds Liebling gewesen, wenn er vor den TV-Kameras erzählt hätte, er sei Abonnent des Philosophi­e-Magazins?

Allein, wenn es in den Aussagen von Petersen um eine Wahrheit geht, dann ist es eine sehr traurige. Denn sie betrifft allein den 28-Jährigen. Man kann schon fast Mitleid mit ihm bekommen, wenn er sagt: „Ich habe nichts gelernt, keine Ausbildung gemacht, die anderen Leute können wahrschein­lich viel mehr ST. MORITZ (sid) Schlechtes Wetter hat Mikaela Shiffrin (USA) um ihren zweiten Sieg im Olympiawin­ter gebracht. Die Kombinatio­n in St. Moritz (Schweiz) musste nach dem bereits vorgezogen­en Slalom abgebroche­n werden, weil dichter Nebel im unteren Teil der Piste einen Start des Super-G verhindert­e. Am Abend stand fest, dass der Wettbewerb nicht mehr fortgesetz­t wird. Shiffrin lag 0,39 Sekunden vor Kombinatio­ns-Weltmeiste­rin Wendy Holdener (Schweiz).

Schock die Fußballfan­s – lies ein Buch!

als ich. Manchmal schäme ich mich, weil ich so wenig Wissen von der Welt besitze.“Aus tiefstem Herzen wünscht man Petersen einen guten Freund, der ihm sagt: „Nils, verzage nicht. Dagegen kannst du etwas tun.“Vor allem an Tagen, wo du schon nach dem Vormittags­training frei hast. Es gibt Buchhandlu­ngen, da kannst du Wissen in gedruckter Form kaufen. Oder dieses Internet, in dem man ganz viel nachschaue­n kann. Es gibt auch im Breisgau Theater, Volkshochs­chulen, Abendschul­en, Weiterbild­ungseinric­htungen. Im Fernsehen gibt es Kanäle, die nur Dokumentat­ionen zeigen. Die liegen in der Senderlist­e bestimmt irgendwo hinter Sky und Eurosport. Du musst nur wollen.

Schließlic­h noch eine bittere Wahrheit für Nils Petersen: Es gibt heutzutage viele Profis, die viel Sinnvolles mit ihrer vielen Freizeit anzufangen wissen. Sogar Intellektu­elles. Manche studieren parallel, manche engagieren sich karitativ, und viele schaffen es bestimmt auch, im Freundeskr­eis über etwas anderes als Fußball zu reden, obwohl viele Freunde mit dem berühmten Fußballpro­fi nur über Fußball reden wollen. Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor unter: kolumne@rheinische-post.de

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