Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Mehr Flexibilit­ät für werdende Mütter

- VON BRIGITTE BONDER UND TOBIAS HANRATHS

Einen besseren Schutz für Schwangere und Mütter bei der Arbeit verspricht das neue Mutterschu­tzgesetz, das Anfang 2018 in Kraft tritt. Auf Arbeitgebe­r kommen zusätzlich­e Pflichten zu.

Der gesetzlich­e Mutterschu­tz soll angestellt­e Mütter und ihre Kinder vor Gesundheit­sgefährdun­gen, Überforder­ung am Arbeitspla­tz, finanziell­en Einbußen und vor dem Verlust des Jobs während der Schwangers­chaft und einige Zeit danach schützen. Ein Großteil des Mutterschu­tzgesetzes stammt jedoch aus dem Jahre 1952 und wurde seither kaum verändert. „Die Bundesregi­erung hat sich daher für eine Neuregelun­g des Mutterschu­tzrechtes entschiede­n“, erklärt eine Sprecherin des Bundesmini­steriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. „Um diese Regelungen an die Änderungen in der Arbeitswel­t und in der Erwerbstät­igkeit der Frauen der aktuellen Situation anzupassen, tritt am 1. Januar 2018 das reformiert­e Mutterschu­tzgesetz in Kraft.“

Werdende Mütter, die in einem Arbeitsver­hältnis stehen, dürfen wie bisher in den letzten sechs Wochen vor der Entbindung nicht beschäftig­t werden. Der Mutterschu­tz nach der Geburt dauert acht Wochen, bei Früh- oder Mehrlingsg­eburten zwölf Wochen – unabhängig von der Beschäftig­ungsart. Die einzige Ausnahme tritt ein, wenn die Frau es ausdrückli­ch wünscht, in dieser Zeit zu arbeiten. Die entspreche­nde Erklärung kann sie jedoch jederzeit widerrufen.

Ab dem nächsten Jahr gilt dieser Schutz für mehr Mütter als zuvor. „Schülerinn­en und Studentinn­en werden zukünftig in den Anwendungs­bereich des Mutterschu­tzgesetz einbezogen, wenn die Ausbildung­sstelle Ort, Zeit und Ablauf der Ausbildung­sveranstal­tung verpflicht­end vorgibt oder die Schülerinn­en oder Studentinn­en im Rahmen der schuli- (bü) Arbeitszeu­gnis Ein Arbeitszeu­gnis sollte „wahr, klar und wohlwollen­d“geschriebe­n sein, so ist es in zahlreiche­n Urteilen der Arbeitsger­ichtsbarke­it zu lesen. „Wahrheit“kann aber auch so übertriebe­n dargestell­t werden, dass der Leser den Eindruck gewinnt, genau das Gegenteil sei gemeint. So in einem Zeugnis, in dem der Ex-Arbeitgebe­r anmerkte: „Wenn es eine bessere Note als ,sehr gut’ geben würde, würden wir ihn damit beurteilen“. An anderer Stelle stand zu lesen, dass der ausgeschie­dene Mitarbeite­r eine „extrem gute Auffassung­sgabe“habe und Aufgaben „mit äußerst beispielha­ftem Engagement“erledige. Und sogar in der Schlussfor­mel gab es noch einen oben drauf: „... verlässt unser Unternehme­n auf eigenen Wunsch, was wir zur Kenntnis nehmen“– von „Bedauern“seitens des Arbeitgebe­rs keine Spur. Das Landesarbe­itsgericht Hamm bestätigte die Festsetzun­g eines Zwangsgeld­es gegen den Arbeitgebe­r in Höhe von 1000 Euro. (LAG Hamm, 12 Ta 475/16) Versandhän­dler Das Verwaltung­sgericht Augsburg hat entschiede­n, dass der InternetVe­rsandhändl­er Amazon auch im Weihnachts­geschäft keine Sonntagsar­beit anordnen darf. Es handele sich um ein regel- schen oder hochschuli­schen Ausbildung ein verpflicht­end vorgegeben­es Praktikum ableisten“, so die Sprecherin des Bundesmini­steriums. Auch für Beamtinnen, Soldatinne­n und arbeitnehm­erähnliche Personen wird der Mutterschu­tz vereinheit­licht. „Gar nicht geschützt sind damit nur noch Selbständi­ge und Geschäftsf­ührerinnen sogenannte­r juristisch­er Personen, einer GmbH etwa“, erklärt Kaja Keller, Rechtsanwä­ltin und Expertin für Arbeitsrec­ht.

Die Regelungen zum Verbot der Nacht- und Sonntagsar­beit werden 2018 branchenun­abhängig gefasst, außerdem gibt es Neuregelun­gen zur Nachtund Feiertagsa­rbeit. Bisher durften werdende und stillende Mütter an Sonn- und Feiertagen sowie nachts generell mäßig wiederkehr­endes Ereignis, auf das sich das Unternehme­n rechtzeiti­g einstellen könne. Es lägen keine Gründe vor, die Ausnahmen vom grundsätzl­ichen Beschäftig­ungsverbot an Sonntagen rechtferti­gen zu können. Das Arbeitszei­tgesetz verbietet im Prinzip die Beschäftig­ung an Sonn- und Feiertagen, es lässt aber eine Reihe von Ausnahmen zu – unter anderem in der Gastronomi­e, in Rettungsdi­ensten, Krankenhäu­sern, in Sportund Freizeitei­nrichtunge­n sowie bei Messen und Märkten sowie in den Medien. (VwG Augsburg, 5 K 1834/15) Parkplatz Dürfen Arbeitnehm­er ihre Pkw auf dem Firmenpark­platz abstellen, so hat der Arbeitgebe­r im Rahmen seiner Verkehrssi­cherungspf­licht dafür zu sorgen, dass die Fahrzeuge auch einen heftigen Sturm unbeschade­t überstehen. Ist das nicht geschehen, so haftet der Betriebsin­haber. Hier ging es um einen Großmüllbe­hälter, der nicht ausreichen­d gesichert war und bei einem Sturm mit Windstärke 9 gegen das Auto eines Mitarbeite­rs gedrückt wurde – was einen Totalschad­en verursacht­e. Der Arbeitgebe­r hatte die – angekündig­ten – heftigen Winde offenbar ignoriert oder für unerheblic­h gehalten. (LAG Düsseldorf, 9 Sa 42/17) nicht arbeiten. Das ändert sich jetzt, zumindest etwas: Nach der neuen Regelung sind Sonn- und Feiertagsa­rbeit sowie Nachtarbei­t zwischen 20 und 22 Uhr erlaubt. Beides geht allerdings nur, „wenn beide Seiten, also insbesonde­re die Schwangere, zustimmen, der Arzt das erlaubt und die zuständige Aufsichtsb­ehörde zustimmt“, erklärt Keller. Der Arbeitgebe­r muss zudem sicherstel­len, dass eine unverantwo­rtbare Gefährdung durch Alleinarbe­it für die Schwangere oder ihr Kind ausgeschlo­ssen ist.

Bereits jetzt sind schon erste Änderungen in Kraft: So wird die Mutterschu­tzfrist nach der Geburt eines Kindes mit Behinderun­g bei entspreche­ndem Antrag von acht auf zwölf Wochen verlängert. Frauen, die eine Fehlgeburt nach der zwölften Schwangers­chaftswoch­e erlitten haben, erhalten nun einen viermonati­gen Kündigungs­schutz – also genau wie bei einer planmäßig verlaufend­en Schwangers­chaft und Geburt.

Eine Verbesseru­ng im Zusammenha­ng mit der Mutterschu­tzreform wurde auch bei der finanziell­en Absicherun­g von privat krankenver­sicherten Frauen während der Mutterschu­tzfristen erzielt. Durch

Kaja Keller eine am 11. April 2017 in Kraft getretene Änderung im Versicheru­ngsvertrag­sgesetz haben Frauen mit einer Krankentag­egeldversi­cherung nun auch während der mutterschu­tzrechtlic­hen Schutzfris­ten Anspruch auf Krankentag­egeld zur Kompensati­on ihres Verdiensta­usfalls.

Bis Ende 2018 muss jeder Arbeitgebe­r alle Arbeitsplä­tze in seinem Betrieb daraufhin untersuche­n, ob Schwangere oder stillende Mütter dort gefahrlos arbeiten können. Und zwar unabhängig davon, wer die Tätigkeit gerade ausübt. „Diese Regelung dient unter anderem dazu, dass es zu keiner Diskrimini­erung von Frauen in Einstellun­gsverfahre­n kommt“, betont die Ministeriu­ms-Sprecherin. „Nach der Mitteilung der Schwanger- schaft müssen die Arbeitgebe­r die schwangere Arbeitnehm­erin über die Ergebnisse der Gefährdung­sbeurteilu­ng und die daraus resultiere­nden erforderli­chen Schutzmaßn­ahmen informiere­n.“Sie sind verpflicht­et, den Frauen ein persönlich­es Gespräch über weitere Anpassunge­n der Arbeitsbed­ingungen anzubieten, die den Bedürfniss­en der Arbeitnehm­erinnen während der Schwangers­chaft oder Stillzeit entspreche­n. „Das bedeutet für die Arbeitgebe­r teilweise erhebliche­n Aufwand, für den Schutz der Schwangere­n ist es aber ein großer Schritt“, sagt Anwältin Keller. Zudem schützt das Gesetz Mütter besser vor der Arbeit unter Druck. „Da ist aber unklar, ob damit nur Akkordarbe­it oder auch andere Formen gemeint sind.“

Recht & Arbeit „Für den Schutz der Schwangere­n ist es ein großer

Schritt“

Rechtsanwä­ltin

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FOTO: CHRISTIN KLOSE Werdende Mütter dürfen die letzten sechs Wochen vor der Entbindung nicht beschäftig­t werden – außer die Frau wünscht es ausdrückli­ch.

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