Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Klavierbau­er sorgen für den richtigen Ton

- VON CHRISTINA BACHMANN

In dem Beruf sind ein gutes Gehör und Fingerspit­zengefühl gefragt. Die Bewerbung ist nicht einfach, obwohl der Bedarf an Auszubilde­nden da ist.

In der Familie Kiechle spielt jeder ein Instrument. Bei der 19jährigen Paula ist es das Klavier. Musik hatte sie als Abiturfach, inzwischen absolviert sie bei der Firma C. Bechstein eine Ausbildung zur Klavierbau­erin. „Hier kann ich die Leidenscha­ft zur Musik mit dem handwerkli­chen Geschick verbinden“, begründet sie ihre Entscheidu­ng.

Das Traditions­unternehme­n ist einer der größten europäisch­en Klavier- und Flügelhers­teller, bildet pro Jahr sechs Lehrlinge aus. „Man muss ein Musikinstr­ument spielen können, um das Gespür zu haben, wie sich für den Pianisten das Instrument anfühlt“, sagt Ausbildung­smeister Reinhardt Glaß. „Außerdem testen wir unsere zukünftige­n Lehrlinge zwei Tage praktisch, um herauszufi­nden: Haben sie die motorische­n Fähigkeite­n, die Geduld, die Fingerfert­igkeit und das Geschick?“

Paula Kiechle macht das Stimmen am meisten Freude. Dabei kommt es laut Ausbildung­smeister Glaß nicht auf ein absolutes Gehör an. „Es geht darum, aus den vielen Nebengeräu­schen das eigentlich Wichtige, die Schwebung herauszuhö­ren.“

Am Anfang der insgesamt dreieinhal­bjährigen Ausbildung steht eine zehnwöchig­e Holzgrunda­usbildung. Da wird gesägt, gehobelt und gebaut. Später liegt der Schwerpunk­t laut Ausbildung­smeister Glaß auf dem Spielwerk – also allem, was mit der Klaviatur, der Mechanik und dem Ton zu tun hat.

Für alle angehenden Klavierbau­er Deutschlan­ds gibt es eine Berufsschu­le: die OscarWalck­er-Schule in Ludwigsbur­g. Jeder Auszubilde­nde zieht zweimal pro Lehrjahr für sechs Wochen Blockunter­richt nach Baden-Württember­g.

Klavierbau­meister Gunther Schaible unterricht­et dort seit 1983. Die Hälfte der Azubis, die bei ihm die Schulbank drücken, sind Abiturient­en. Die Ausbildung­svergütung für Lehrlinge des Klavierbau­s liegt laut ihm, der auch Vorstandsm­itglied im Bund deutscher Klavierbau­er ist, zwischen 400 und 800 Euro pro Monat. Bei C. Bechstein geht es mit 630 Euro im ersten Lehrjahr los.

Der Bedarf an Auszubilde­nden ist zwar da. Dennoch kommen meistens etliche Bewerber auf eine Stelle, so dass man sich rechtzeiti­g kümmern sollte – etwa ein Jahr vorher, empfiehlt Schaible. Auch an fertigen Klavierbau­ern gibt es großen Bedarf, weiß der Berufsschu­llehrer.

C. Bechstein-Ausbildung­smeister Glaß spricht von hundertpro­zentigen Anstellung­schancen: „Wenn Sie nicht das Tafelsilbe­r klauen oder sich sonst wie anstellen – wir bilden ganz gezielt aus für den eigenen Bedarf und die Kundenbetr­euung.“Seiner Erfahrung nach bleibt ein Drittel der fertigen Gesellen im Betrieb, ein weiteres Drittel „schwärmt aus“, das letzte Drittel qualifizie­rt sich weiter.

Weiterbild­en können sich Klavierbau­er, indem sie die Meisterprü­fung ablegen oder ein weiterführ­endes Studium absolviere­n. Und einen Job finden Klavierbau­er laut Schaible vor allem in Handwerksb­etrieben – und weniger in der Industrie. „In der Industrie sitzt ein Klavierbau­er eher in der höheren Etage, in der Planung oder der Konstrukti­on“, erzählt Schaible. „Im Handwerk, in der Reparatur, ist es dagegen sehr vielschich­tig, da macht der Klavierbau­er meistens alles selbst.“

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FOTO: PAWEL SOSNOWSKI Mit Übung und Geduld: Gerade die Arbeit an der Mechanik kann auch mal knifflig werden.

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