Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Die Frau, die Geschichte­n malt

- VON MONIKA GÖTZ

Die Meerbusche­r Künstlerin Johanna Wiens ist eine Meisterin malerisch-philosophi­scher Betrachtun­gen. Zwei ihrer Werke sind im öffentlich­en Raum in Essen zu sehen.

Johanna Wiens nimmt den Begriff vom roten, sich durch eine Sache ziehenden Faden wörtlich. Er ist in ihren Arbeiten Symbol für die Auseinande­rsetzung mit der Geschichte, für die Thematik, die sie in „hochgradig malerische­r Qualität“auf ihre ganz persönlich­e Weise künstleris­ch umsetzt. Damit leistet die Meerbusche­r Künstlerin – Studium an der Kunstakade­mie Düsseldorf als Schülerin von Jörg Immendorff und Meistersch­ülerin von Gerhard Merz – Erinnerung­sarbeit: „Mit dieser Erinnerung schaffe ich Identität.“

Das gilt nicht nur für ihre Werkserie „Das verlorene Gedächtnis“zum Einsturz des Historisch­en Archivs in Köln. Es trifft unter dem Titel „Das Gedächtnis der Städte“auch auf das Europa-Gemälde zu. Johanna Wiens nennt die Arbeit „Aneurysma“, zeigt das niedergest­reckt liegende Europa in einem OP-Saal, umgeben von papierenen Zeitzeugen der europäisch­en Geschichte. Und über allem schwebt symbolträc­htig ein goldener Phönix. Aktuell in Arbeit aber ist „Susanna“, ein Ölbild, zu dem sie vom Essener Zonta-Club – Frauen setzen sich internatio­nal für die Verbesseru­ng der Lebenssitu­ationen von Frauen ein – animiert wurde. Auch dieses Werk lebt vom ganzheitli­chen Verständni­s, das die Künstlerin in ihre detaillier­t ausgearbei­teten Darstellun­gen einfließen lässt: „Es ist Geschichte mit persönlich­em Bezug.“

Im Gegensatz zu den Darstellun­gen diverser in die Geschichte eingegange­ner Frauen – wie Sophie Scholl, Anne Frank oder Katharina die Große – steht die Tür ins Ungewisse: „Jede Frau muss ihren Weg finden.“Das Bild lebt von zahllosen collageart­ig angeordnet­en Fragmenten und lässt den Betrachter nicht mehr los. Aber das Thema hat auch die Künstlerin beeinfluss­t: „Die Bilder, die ich vor mir hatte, haben sich festgesetz­t. Ich musste mich philosophi­sch mit ihnen auseinande­rsetzen und sie malen.“

Unvollende­t stand „Susanna“im November im Mittelpunk­t einer Podiumsdis­kussion zum Thema Gewalt gegen Frauen und Kinder im Landgerich­t Essen. Christian Pfeiffer, Referent und namhafter Kriminolog­e, empfahl dem Landgerich­t, das Bild zu erwerben. Wenn also im Büdericher Atelier die letzten Pinselstri­che getrocknet sind, wird das Gemälde im Wert von knapp 25.000 Euro im Landgerich­t Essen hängen. Dort befindet sich seit 2016 auch das ebenfalls von Johanna Wiens erstellte Triptychon „Justitia. Wandel der Zeit. Cosmas und Amian“, von der Sparkasse Essen erworben und dem Landgerich­t Essen als Dauerleihg­abe zur Verfügung gestellt.

Dass ihre Kunst öffentlich ist, freut Johanna Wiens. Damit erfüllt sich ihr Anspruch, „Bedeutung, Erkenntnis sowie von Menschen in Wort und Bild hinterlass­ene Gefühle und Gedanken zu sichern und auszuwerte­n.“Die Begeisteru­ng für die Geschichte hat der Vater vermittelt: „Ich hatte mehr Geschichts­bücher als Spielzeug und bei meinen Kindern ist das jetzt ganz ähnlich.“

Für Anfang 2018 planen die mit der Meerbusche­r Künstlerin zusammenar­beitenden Galerien eine Ausstellun­g auf internatio­naler Ebene. Jetzt aber hat sie ihre Kunst erst einmal dem Benefiz-Projekt „Oberkassel­er Opernball“zugunsten einer gemeinnütz­igen Einrichtun­g zur Verfügung gestellt: „Aktuell sind insgesamt rund 20.000 Euro zusammenge­kommen.“

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