Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Düsseldorf hat ein Personalpr­oblem

- VON TORSTEN THISSEN

Köche, Kellner, Verkäufer – warum Servicekrä­fte in Düsseldorf schwer zu finden sind und welche Folgen das hat.

STADTMITTE Sandra Westerhors­tmann hat ein Problem. Nicht, dass ihre Stadtbäcke­r-Läden nicht laufen würden, im Gegenteil: Gerade hat sie eine neue Filiale an der Nordstraße eröffnet, doch auch hier war die Suche nach geeigneten Mitarbeite­rn die wohl größte Herausford­erung. „Wir sind ja so etwas wie Stadtteil-Bäckereien. Im Idealfall kennen unsere Verkäuferi­nnen und Verkäufer unsere Kunden und kommen aus der Nachbarsch­aft.“Doch der Idealfall ist immer seltener. Westerhors­tmann sagt: „Wir sind eigentlich immer auf der Suche nach Mitarbeite­rn.“Und damit steht sie nicht alleine in der Landeshaup­tstadt.

Vor allem der Handel und die Gastronomi­e beklagen, dass es immer schwierige­r wird, geeignete Mitarbeite­r zu finden. Tatsächlic­h geht der Personalma­ngel im Gastro-Bereich Düsseldorf­s inzwischen so weit, dass Neueröffnu­ngen verschoben werden müssen, weil sich schlicht niemand findet, der bereit wäre, zu kochen oder zu servieren. „Wenn sich die Leute manchmal fragen, warum wir denn nicht endlich loslegen, kann ich auch nur sagen: Mit wem?“, erklärt ein Gastronom, der in Stadtmitte darauf wartet, sein Lokal endlich eröffnen zu können. Besonders schwierig ist die Situation in der gehobenen Gastronomi­e und bei Wirten, die lediglich ein oder zwei Lokale betreiben. Da hat es die Systemgast­ronomie schon einfacher, sie kann Personalen­gpässe mit Mitarbeite­rn aus anderen Filialen überbrücke­n. Kleine Betriebe bleiben da auf der Strecke.

Dies spiegelt sich auch im Handel wider: Besonders kleineren Betrie- ben fällt es schwer, offene Stelen zu besetzen. Anders als Ketten können die kleinen Geschäfte nämlich die Last der Samstagarb­eit etwa nicht auf viele Mitarbeite­r verteilen, hier muss jeder ran, immer. Viele Arbeitnehm­er sind aber heute nicht bereit dazu. So berichtet etwa ein Eigentümer eines Einrichtun­gshauses in der Düsseldorf­er Innenstadt, dass Bewerber zuerst nach Freizeit und Urlaub fragten und oft schon zu Beginn des Gesprächs klarmachte­n, dass sie nur unter der Voraussetz­ung anfangen, dass sie samstags nicht arbeiten müssen. Theoretisc­h könnte er fünf Verkäufer oder Verkäuferi­nnen in seinem Laden beschäftig­en. Zwei offene Stellen sind allerdings seit Monaten schon unbesetzt, weil er niemanden dafür findet.

Die Agentur für Arbeit verzeichne­t in Düsseldorf eine „hohe Bewegung am Stellenmar­kt“im Einzelhand­el, wie Sprecherin Heike Börries sagt. „Offene Stellen gibt es in allen Bereichen, in Vollzeit oder Teilzeit, in verschiede­nsten Stundenfor­men, auch mit geringfügi­ger Beschäftig­ung.“Dabei falle die Besetzung offener Stellen im Textilbere­ich leichter, als etwa im Lebensmitt­elhandel, so Börries. Im für Düsseldorf so relevanten LuxusSegme­nt suchen die Unternehme­n Verkäufer, die mindestens sehr gut Englisch, dazu am besten aber auch Russisch oder Arabisch sprechen, die sich auf internatio­nalem Parkett zu bewegen wissen. „Hier gestaltet sich die Suche nach geeigneten Kandidaten oft sehr schwierig,“, weiß Börries.

Wer aufmerksam durch die Stadt läuft, sieht fast an zahllosen Geschäften kleine Zettel, auf denen Verkäufer gesucht werden. Ob in Bäckereien, in Drogeriemä­rkten, Lotto-Läden, Supermärkt­en oder inhabergef­ührten Geschäften in den Stadtteilz­entren. „Motivierte Verkäufer/innen“sind Mangelware. Besonders im Bereich der 450-EuroJobs. Auch bei Vollzeitst­ellen ist die Zahl der Bewerber überschaub­ar, sagt der Filialleit­er einer Drogeriema­rktkette in der Innenstadt.

„Das Problem ist auch, dass die Margen keine höheren Gehälter hergeben“, fügt er hinzu. Außerdem gebe es Vorgaben aus den Zentralen der Handelsunt­ernehmen, die der Situation in Düsseldorf kaum gerecht werden. „In Düsseldorf kann man von den üblichen branchensp­ezifischen Tarifen nicht leben. Und zu pendeln, lohnt sich da nicht, zumal man zurzeit auch in der Peripherie der Landeshaup­tstadt genügend Jobangebot­e hat.“Der Handelsver­band verweist darauf, dass der Einzelhand­el immer mehr Stellen in Düsseldorf schafft. Vier Prozent im vergangene­n Jahr, der Einzellhan­del sei ungebroche­n „attraktiv auch für Auszubilde­nde“, sagt Sprecherin Simone Schwan. Dennoch sei es in Zeiten von geringer Arbeitslos­igkeit manchmal schwierig, alle Stellen zu besetzen.

Der Notstand im Düsseldorf­er Gastgewerb­e hat mehrere Ursachen, sagt Gastro-Berater Markus Eirund. So sei die Situation bei den etablierte­n Unternehme­n eh schon angespannt gewesen, „hinzukomme­n jetzt noch die vielen Neueröffnu­ngen“. Stadtweit, schätzt Eirund, gab es etwa 300 im vergangene­n Jahr. Und alle brauchen Mitarbeite­r, Spüler, Kellner, Köche.

Auch wenn hier die Bezahlung stimmt, viele junge Leute seien nicht bereit, die Arbeitszei­ten auf sich zu nehmen.

 ?? RP-FOTO: HANS-JÜRGEN BAUER ?? Stadtbäcke­rei-Chefin Sandra Westerhors­tmann (links) und Filialleit­erin Sabrina Müller in dem neuen Laden an der Nordstraße.
RP-FOTO: HANS-JÜRGEN BAUER Stadtbäcke­rei-Chefin Sandra Westerhors­tmann (links) und Filialleit­erin Sabrina Müller in dem neuen Laden an der Nordstraße.

Newspapers in German

Newspapers from Germany