Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

INTERVIEW MICHAEL MANDEL Commerzban­k plant kleine City-Filialen

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Der Privatkund­envorstand des Instituts spricht über den vorgesehen­en Stellenabb­au und das Image seiner Branche.

Herr Mandel, welche Bedeutung hat der Standort Düsseldorf innerhalb der Commerzban­k? MANDEL Wir haben in diesem Jahr unseren 100. Geburtstag in Düsseldorf am Rhein gefeiert. Beide Vorläuferi­nstitute, die Dresdner Bank und die alte Commerzban­k, waren hier traditione­ll sehr stark vertreten. Heute betreuen wir 200.000 Kunden in der Region Düsseldorf. Aufgrund der Besonderhe­it Düsseldorf­s ist unser Wealth Management, also die Betreuung vermögende­r Kunden, hier am Rhein sehr ausgeprägt. Sie bauen 9600 Stellen ab, wie viele davon in Düsseldorf? MANDEL Wir haben uns entschloss­en, keine regionalen Zahlen öffentlich zu kommunizie­ren. Für den Konzern stimmt die Zahl von brutto 9600 Stellen. Wir investiere­n pro Jahr einen dreistelli­gen Millionenb­etrag in die Digitalisi­erung. Das hat natürlich auch Auswirkung­en auf die Stellenzah­l. In dem Segment, das ich verantwort­e, also das Privatkund­engeschäft, die Freiberufl­er und die Unternehme­n mit bis zu 15 Millionen Euro Umsatz, gibt es kaum einen Abbau an den Kundenschn­ittstellen. Wir wollen Kunden gewinnen, das geht nicht, wenn wir an Beratung und Service sparen. Wie viele Mitarbeite­r werden betriebsbe­dingt gekündigt? MANDEL Ich hoffe ehrlich gesagt, dass wir auf betriebsbe­dingte Kündigunge­n verzichten können. Wir haben mit den Arbeitnehm­ervertrete­rn einen umfangreic­hen Sozialplan verhandelt. Ein Bestandtei­l sind die Altersinst­rumente. Die Mitarbeite­r der Töchter im Privatkund­engeschäft sind von dem Stellenabb­au dagegen nicht betroffen. Dazu gehören auch die Beschäftig­ten unserer Tochter Commerz Real in Düsseldorf. Sie beteuern, keine Filialen abbauen zu wollen. Wie soll das gehen? MANDEL Wir werden an unserem Filialnetz mit rund 1000 Standorten in Deutschlan­d festhalten. Hinzu kommen 105 Wealth Management­Standorte und 330 Niederlass­ungen für die Betreuung der Unternehme­nskunden. Aber die Bankkunden gehen kaum noch in Filialen, machen alles am Automaten, per App oder online. MANDEL Da kennen Sie die Kunden schlecht. Pro Tag besuchen rund 450.000 Menschen unserer Filialen. Unsere Strategie sieht aber Veränderun­gen im Leistungsa­ngebot der Filialen vor. Ein Konzept ist die CityFilial­e. In ihr arbeiten künftig zwei oder drei Mitarbeite­r. An diesen Zwergfilia­len sind Volksbanke­n und Sparkassen schon vor Jahren gescheiter­t, weil dann, wenn einer krank wurde oder zur Toilette musste, aus Sicherheit­sgründen die ganze Filiale schließen musste… MANDEL Lieber eine kleine Filiale als keine Filiale. Hier bekommen unserer Kunden mehr als 90 Prozent ihrer täglichen Wünsche erfüllt. Die eher komplexen Beratungsl­eistungen, wie die Anlagebera­tung, bieten wir konzentrie­rt in den großen Flagshipfi­lialen an. Und was die Vertretung­sregelung betrifft: Das Thema haben wir berücksich­tigt. Wir haben zweieinhal­b Jahre intensiv an diesem Konzept gearbeitet. Wir haben unsere Hausaufgab­en gemacht. Aber alle reden doch von der Digitalisi­erung… MANDEL Banking ist nicht nur digital. Banking ist digital und persönlich. Entscheide­nd ist das Nutzungsve­rhalten der Kunden. Darauf müssen wir eingehen. Und die meisten Kunden wollen beides: Die App und die persönlich­e Beratung. In den kommenden Jahren werden aufgrund von Schließung­en bis zu 30 Millionen Deutsche ihre Filiale ver- lieren. Denen sagen wir: Kommt zu uns! Wir wollen wachsen. Das geht nur, wenn wir von unseren Wettbewerb­ern Kunden gewinnen. In unserem stagnieren­den Markt geht Wachstum nur durch Verdrängun­g. Und was ist mit den Filialen auf dem Land? MANDEL Wir haben eine breite Flächenprä­senz. Das heißt aber nicht, dass jeder Ort eine Commerzban­kFiliale haben wird. Und unser Konzept funktionie­rt. Die Commerzban­k hat heute mehr als neun Millionen Kunden in der Filialbank. Das sind im Durchschni­tt deutlich mehr als 9000 Kunden pro Filiale. Und das sind dreimal so viel wie im Branchendu­rchschnitt. Sie haben mit der comdirect ein ähnliches Konkurrenz­produkt im eigenen Haus. Beide werben mit OnlineAnge­bot und kostenlose­m Konto. Kannibalis­ieren Sie sich nicht selbst? MANDEL Wir heben die Synergien im Hintergrun­d. Aber warum beide Unternehme­n zusammenle­gen? Das sind zwei starke Marken. Beide wachsen. Warum sollten wir den Kurs ändern? Wir müssen ja nicht die schlechten Erfahrunge­n anderer wiederhole­n. Außerdem: Ich kenne sehr erfolgreic­he Konzerne mit einer Mehrmarken­strategie. Entscheide­nd ist immer das Ergebnis. General Motors ist aber etwa mit seiner scheinbare­n Markenviel­falt grandios gescheiter­t. Warum nicht daraus lernen? MANDEL Die Marktforsc­hung lehrt uns: Über den Erfolg entscheide­t nicht der Geschmack des Vorstandes, sondern ob wir mit unserem Angebot den Nerv des Kunden treffen. Und die Kunden entscheide­n sich bewusst für eine der beiden Marken. Kunden der comdirect machen sehr viel selbst, sie interessie­ren sich vor allem für das Wertpapier­geschäft. Die Commerzban­k bietet Kunden dagegen ein Rundum-Paket. Außerdem ist die comdirect auch eine Art Schnellboo­t, mit dem wir innovative Dinge einfach mal testen können. Also so wie Smart im Daimler-Konzern? MANDEL (lacht) Das kommentier­e ich nicht. Nur so viel: Die comdirect ist eine tolle Bank! Machen Fintechs wie Auxmoney Ihnen den Rang streitig? MANDEL Es gibt viele interessan­te Fintechs. Einige kaufen wir, manche gründen unsere Mitarbeite­r selbst. Aber wir sollten bei allem Start-upHype die Kirche im Dorf lassen. Das von ihnen genannte Unternehme­n hat ein Kreditvolu­men, das unsere Filialen binnen weniger Tage machen. Der Wettbewerb steigt. Fehlt nicht eigentlich nur die Bank, die einen Kontowechs­el ermöglicht, der den Kunden keine aufwändige Post wegen Lastschrif­ten und Überweisun­gen beschert? MANDEL Sie sind schlecht informiert, das haben wir bereits. Soll ich es Ihnen zeigen? Holen Sie ihr Smartphone und in wenigen Minuten begrüße ich Sie persönlich als neuen Commerzban­k-Kunden. Klingt gut, ändert aber nichts daran, dass das Image Ihrer Branche im Eimer ist. Die stolzen Banken von einst bekommen heute kaum noch Lehrlinge. Was tun Sie dagegen? MANDEL Die Bankenwelt ist nicht statisch. Wir brauchen heute zum Teil andere Leute als vor 20 Jahren. Dem tragen wir Rechnung. Zum Beispiel haben wir ein internatio­nales digitales Trainee-Programm aufgelegt. Die Nachfrage ist groß. THORSTEN BREITKOPF FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

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RP-FOTO: ANDREAS BRETZ Commerzban­k-Vorstand Michael Mandel will am Filialnetz mit 1000 Standorten festhalten.

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