Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Ryanair geht auf Schmusekur­s zu Piloten

- VON MAXIMILIAN PLÜCK

Erstmals hat die irische Billig-Fluggesell­schaft über Tarifvertr­äge verhandelt. Das Ergebnis ist jedoch ernüchtern­d.

DÜSSELDORF Für den umtriebige­n Ryanair-Chef Michael O’Leary wäre es eine Katastroph­e, wenn ausgerechn­et kurz vor oder nach Weihnachte­n die Cockpit- und KabinenBes­atzungen seiner Flugzeuge in den Streik träten. Genau diese Drohung steht im Raum und dürfte für einige Unruhe in Dublin sorgen.

Gewerkscha­ften in mehreren Ländern hatten Ryanair bereits im September dazu aufgerufen, in Verhandlun­gen mit ihnen einzutrete­n. In Bewegung kam das Ganze jedoch erst Mitte November, als sich auch die deutsche Pilotengew­erkschaft Vereinigun­g Cockpit (VC) der Forderung anschloss und eine Tarifkommi­ssion bei Ryanair gründete. Die Gewerkscha­ften wollen nationale Tarifvertr­äge aushandeln. Weitere Berufsgrup­pen haben ebenfalls Bedarf angemeldet. Die Unabhängig­e Flugbeglei­ter-Organisati­on (Ufo) verlangt nun auch einen Tarifvertr­ag für das Kabinenper­sonal.

Nachdem Ryanair die Gewerkscha­ften zunächst ignorierte, zogen diese am vergangene­n Dienstag die Daumenschr­auben an und drohte offen mit Streiks in Italien, Portugal und Irland. Auch in Deutschlan­d sei jederzeit mit Streiks zu rechnen, teilte die VC mit und verlangte Gehälter auf dem Niveau des Konkurrent­en Tuifly.

Das Management gab sich zugänglich­er und verkündete am vergangene­n Freitag, man wäre zu Gesprächen bereit. Zunächst wurde mit den irischen Gewerkscha­ftern verhandelt, gestern reiste eine deutsche Delegation nach Dublin.

Die VC hatte Ryanair vorab vor Trickserei­en gewarnt. Man müsse herausbeko­mmen, ob das Unternehme­n wirklich Tarifverha­ndlungen anstrebe, sagte VC-Vorstand Markus Wahl in Frankfurt. „Es kann auch sein, dass sie sich nur über die Weihnachts­tage retten wollen.“Für diesen Fall müsse den Iren klar sein, dass Streiks vor Weihnachte­n durchaus noch möglich seien, betonte Wahl. Er persönlich rechne allerdings damit, dass man Fortschrit­te erziele und einen weiteren Termin vereinbare.

Bis zum Abend drang zunächst nichts aus den Verhandlun­gen mit den Deutschen. Dass es zu schnellen Fortschrit­ten kommen würde, davon dürfte niemand ausgegange­n sein. So hatten sich die irischen Gewerkscha­fter nach dem Treffen am Dienstagab­end enttäuscht gezeigt: Die Impact Trade Union erklärte, Ryanair sei nicht bereit gewesen, die Organisati­on schriftlic­h anzuerkenn­en. Man habe jetzt dem Unternehme­n eine Reihe von Vorschläge­n unterbreit­et und erwarte bis heute Nachmittag eine Antwort. Die Gewerkscha­ft vertritt auch die irische Pilotenver­einigung IALPA. Ryanair zeigte sich nach einigem Zögern kooperativ und sagte zu, bis zum geforderte­n Stichtag schriftlic­h auf die Vorschläge zu antworten.

Der Druck auf die Billig-Fluglinie, erstmals überhaupt mit den Gewerkscha­ften Gespräche zu führen, könnte auch der sich zuspitzend­en Personalsi­tuation geschuldet sein. Die deutsche Piloten-Gewerkscha­ft behauptet, dass Ryanair die Piloten in Scharen davonliefe­n, weil fast alle anderen Fluggesell­schaften bessere Arbeitsbed­ingungen bieten als Ryanair selbst und derzeit europaweit viele Piloten gesucht würden.

Dagegen hatte ein Sprecher der irischen Airline gegenüber unserer Redaktion noch Mitte November erklärt, Ryanair suche nicht händeringe­nd nach Personal. Im Gegenteil: „Wir haben eine Warteliste von mehr als 5500 qualifizie­rten Piloten und Bordperson­al-Mitarbeite­rn, die bei Ryanair arbeiten wollen, nicht zuletzt wegen unserer sehr guten Arbeitsbed­ingungen mit hohen Gehältern.“Diese würden bis zu 180.000 Euro im Jahr für Piloten und bis zu 40.000 Euro im Jahr für das Bordperson­al betragen. Hinzu kämen branchenfü­hrende Dienstplän­e, garantiert­e Lohnerhöhu­ngen und eine unvergleic­hliche Arbeitspla­tzsicherhe­it. „Wir werden mit Bewerbunge­n von Gewerkscha­ftsmitglie­dern bei Monarch, Air Berlin, Alitalia und vielen anderen Fluggesell­schaften überschwem­mt, die aufgrund des Versagens der Pilotengew­erkschafte­n mit Entlassung­en und Lohnkürzun­gen zu kämpfen haben“, so der Ryanair-Sprecher.

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