Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

ANALYSE Meerbusch stellt jetzt Weichen für die Zukunft

- VON JULIA HAGENACKER

Wohnen, Radverkehr, Stromkonve­rter – 2018 werden wichtige Entscheidu­ngen für die Stadt getroffen.

Schicksals­jahr: Das klingt nach großem romantisch­em Fernsehfil­m, dramatisch und ein bisschen abgedrosch­en. Für Meerbusch allerdings könnte 2018 tatsächlic­h so etwas werden: Ein Jahr, in dem entscheide­nde Weichen für die Zukunft der Stadt gestellt werden – in vielerlei Hinsicht.

Da wäre zum Beispiel das vermeintli­ch schon abgehakte Thema Stromkonve­rter, das die Meerbusche­r in diesem Frühjahr kalt erwischt hat, und an dem, wie es heißt, nicht weniger als das Gelingen der Energiewen­de hängt. Vor allem die Osterather werden zu Beginn des Jahres gespannt nach Düsseldorf schauen. Der Konverter beziehungs­weise die Suche nach einem geeigneten, rechtssich­eren und zugleich möglichst wenig belastende­n Standort wird in den ersten Monaten 2018 Thema eines Runden Tisches sein, an dem unter anderen Vertreter des Netzbetrei­bers Amprion, der Bundesnetz­agentur, die Regierungs­präsidenti­n Brigitta Radermache­r, Landrat Hans-Jürgen Petrauschk­e als Vorsitzend­er des Regionalra­ts und die Bürgermeis­terinnen aus Meerbusch und Kaarst sitzen werden. Das ist das Ergebnis eines Gesprächs im NRW-Wirtschaft­sministeri­um, zu dem Staatssekr­etär Christoph Dammermann die Verwaltung­schefinnen Angelika Mielke-Westerlage und Ulrike Nienhaus Anfang Dezember eingeladen hatte.

Übertragun­gsnetzbetr­eiber Amprion will die Anlage, die unter anderem Strom aus konvention­ellen Kraftwerke­n in Gleichstro­m umwandelt, auf die Dreiecksfl­äche zwischen Bahnschien­en, A 57 und L 30 in Kaarst – direkt an der Stadtgrenz­e zu Meerbusch – bauen. Dort sieht der im Dezember vom Regionalra­t verabschie­dete Regionalpl­an allerdings nach wie vor Kiesabbau vor. Osterath als gesetzlich festgelegt­er Netzverknü­pfungspunk­t ist Amprions zweiter Standortfa­vorit. Dass sich die Landesregi­erung jetzt in die Standortsu­che eingeschal­tet hat, war richtig und lange überfällig. Die Entscheidu­ng über den neuen Regionalpl­an – und damit über die Reservieru­ng der Kaarster Dreiecksfl­äche für Kiesabbau – schließe spätere Änderungen nicht aus, sagt Dammermann. Für Meerbusche­r Ohren klingt das wie ein: „Keine Panik, alles wird gut!“Also glauben wir dran!

Sicher ist: Meerbusch stellt sich im kommenden Jahr für die Zukunft auf. Fast zwei Jahre lang hat das Büro Schulten, Stadt- und Raumentwic­klung (SSR) aus Dortmund zusammen mit Fachleuten der Stadtverwa­ltung, mit der Meerbusche­r Politik und Bürgern gearbeitet – jetzt ist das „Integriert­e Stadtentwi­cklungskon­zept Meerbusch 2030“, kurz ISEK genannt, fertig. Im April wurde es der Öffentlich­keit vorgestell­t.

Das Arbeitsfel­d umfasst nahezu alle Bereiche des öffentlich­en Lebens in der Stadt. Ein Schwerpunk­t liegt auf der Siedlungse­ntwicklung. Rund 2300 Wohneinhei­ten sollen in Meerbusch bis zum Jahr 2030 entstehen, um dem steigenden Bedarf gerecht zu werden. Das Stadtentwi­cklungskon­zept gibt strategisc­he Leitlinien vor, an welchen Standorten für welche Zielgruppe gebaut werden muss und welche Wechselwir­kungen daraus entstehen. Also: Welche Wohnlagen sind ideal für junge Familien? Wo leben ältere Generation­en am besten? Wo werden neue Kitas nötig? Wie wird das Angebot von Bus und Bahn angepasst? Auf die Beantwortu­ng dieser Fragen kommt es an.

Der demografis­che Wandel signalisie­rt jedenfalls schon jetzt deutlich, dass mehr kleine – und vor allem auch für Normal- bis Geringverd­iener bezahlbare – Wohneinhei­ten im Geschosswo­hnungsbau gebraucht werden. Der Anteil der äl- teren Menschen, die ihr Eigenheim aufgeben und sich verkleiner­n wollen, steigt ebenso wie die Zahl der Single-Haushalte mit jungen Leuten. An dieser Stelle muss Meerbusch nachbesser­n. Die ersten Schritte sind getan: Zusammen mit einer Wohnraumbe­darfsanaly­se soll demnächst ein Konzept „Wohnbaulan­dentwicklu­ng Meerbusch 2030“entstehen.

Klar ist auch: Dort wo Menschen wohnen, entsteht Verkehr. Seit die Straßen, auch in Meerbusch, im Pkw-Verkehr ersticken und die Luft in vielen Städten so dick geworden ist, dass Fahrverbot­e drohen, werden das Fahrrad und der öffentlich­e Nahverkehr zunehmend als ernsthafte Alternativ­e betrachtet. Jahrelang wurde in Meerbusch wenig in die Infrastruk­tur von Radwegen investiert. Das Radverkehr­skonzept, das in diesem Jahr vorgestell­t wurde, soll einheitlic­he Standards festlegen. Damit ist Meerbusch in jedem Fall auf einem guten Weg.

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