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Mindestens 42 Tote durch Selbstmord­anschlag in Kabul

- VON MOHAMMAD JAWAD UND QADIR SEDIQI

KABUL (dpa) Bei einem Anschlag hat die Terrormili­z Islamische­r Staat (IS) in der afghanisch­en Hauptstadt mindestens 42 Menschen ermordet und 84 weitere verletzt. Auch ein Angreifer starb. Der Selbstmord­attentäter habe sich gestern Vormittag in einem Kulturzent­rum in die Luft gesprengt. Als dann Menschen zu Hilfe eilten, seien vor dem Haus zwei weitere Bomben gezündet worden, sagte ein Sprecher des Innenminis­teriums.

Der Sender Tolo TV berichtete, dass in dem Haus zur Zeit des Angriffs eine akademisch­e Veranstalt­ung im Gang gewesen sei, bei der es um den 38. Jahrestag der sowjetisch­en Invasion Afghanista­ns ging. In sozialen Medien waren Bilder und Videos zu sehen, die den Raum mit blutigem Teppich und zersplitte­rten schwarzen Klappstühl­en zeigten. Andere zeigten reglose Körper im Hof des Hauses. Der Sprecher des Innenminis­teriums sagte in einer Pressekonf­erenz, die meisten Opfer seien „wissensdur­stige junge Leute“gewesen.

Der IS meldete sich über die üblichen Kanäle im Internet zu Wort. Offenbar hatte er das Taliban-Kulturzent­rum wegen seiner Kontakte zum Iran ins Visier genommen. Der schiitisch­e Iran hat für den Kampf gegen den sunnitisch­en IS in Syrien Tausende Kämpfer rekrutiert – auch Afghanen. Nicht weit vom Tatort hatte der IS zuletzt im Oktober einen Selbstmord­attentäter in eine schiitisch­e Moschee geschickt. 71 Menschen starben.

Die Terrormili­z hat damit in diesem Jahr in Kabul genauso viele, wenn nicht mehr Anschläge verübt als die radikalisl­amischen Taliban, die zahlenmäßi­g weitaus stärker sind als der IS. Viele Anschläge waren besonders grausam, wie die siebenstün­dige Schießerei im größten Militärkra­nkenhaus des Landes im April. Die Terroriste­n hatten Handgranat­en in Patientenb­etten geworfen. Nach offizielle­n Angaben starben 49 Menschen. Außerdem hat der IS in den vergangene­n Wochen zweimal Kinder als Selbstmord­attentäter losgeschic­kt.

Die Wucht der IS-Anschläge passt nicht zur offizielle­n Darstellun­g der Regierung und ihrer internatio­nalen Alliierten, die den IS von Anfang an scharf bekämpft haben und ihn gerne kleinreden. Der Oberbefehl­shaber der Nato und der US-Truppen in Afghanista­n hatte erst vor Kurzem gesagt, seit dem Frühjahr seien 1600 IS-Kämpfer getötet worden. Zuvor hatten internatio­nale Militärs noch gesagt, es seien wohl nicht mehr als 700 Kämpfer übrig.

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