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15-Jährige in Drogerie erstochen

- VON DOREEN FIEDLER, JAN BRINKHUS UND JASPER ROTHFELS

Ein 15-jähriger Flüchtling aus Afghanista­n hat seine gleichaltr­ige Ex-Freundin mit einem Messer getötet. Bereits Wochen zuvor hatten die Eltern des Mädchens ihn angezeigt. Der Junge war im April 2016 nach Deutschlan­d gekommen.

LUDWIGSHAF­EN/KANDEL (dpa) Mitten in einem Drogeriema­rkt hat ein 15-Jähriger seine gleichaltr­ige ExFreundin umgebracht – vieles an dem Verbrechen deutet auf eine Beziehungs­tat. Der Tatverdäch­tige war polizeibek­annt. Die Eltern des Opfers hatten den 15-Jährigen Mitte Dezember wegen Beleidigun­g, Nötigung und Bedrohung angezeigt.

Nach Darstellun­g der Polizei soll er das Mädchen nach Ende der mehrmonati­gen Beziehung über soziale Netzwerke und telefonisc­h immer wieder bedrängt haben. Nach bisherigen Erkenntnis­sen hatte sich die Jugendlich­e Anfang Dezember von ihm getrennt, wie die Leitende Oberstaats­anwältin Angelika Möhlig gestern in Ludwigshaf­en sagte. Das Verbrechen hatte sich vorgestern in einer Drogerie in Kandel abgespielt. 15 bis 20 Menschen waren zu der Zeit im Markt. Dem jungen Tatverdäch­tigen drohen jetzt bis zu zehn Jahre Gefängnis.

Der afghanisch­e Flüchtling soll am Mittwochna­chmittag mit einem Küchenmess­er, das eine etwa 20 Zentimeter lange Klinge hat, auf das Mädchen eingestoch­en haben. Die beiden sollen in der Stadt zufällig aufeinande­rgetroffen sein, dann folgte der 15-Jährige ihr in den Markt. „Im Drogeriema­rkt stellte sich der Beschuldig­te vor das Mädchen, nahm ein Messer und stach mehrfach auf es ein.“

Das Mädchen, eine Deutsche, wurde nach dem Verbrechen ins Krankenhau­s gebracht, wo es kurz darauf starb. Ihre beiden Begleiter sowie Mitarbeite­r und Kunden des Marktes hielten den Täter bis zum Eintreffen der Polizei fest. Der 15Jährige habe keinen Widerstand geleistet, hieß es. Nach seiner Festnahme habe er eher teilnahmsl­os gewirkt, sagte Chefermitt­ler Dieter Lippold.

Noch am Vormittag des Tattages hatten Polizisten dem Jugendlich­en eine Vorladung wegen der Strafanzei­ge persönlich ausgehändi­gt. Bereits zuvor hatte die Polizei eine sogenannte Gefährdera­nsprache gemacht und den Jugendlich­en auf sein Verhalten angesproch­en und ihn gewarnt. „In aller Regel fruchten solche Ansprachen auch“, sagte Polizeiviz­epräsident Eberhard Weber. Das Motiv ist noch unklar. „Wir sind am Anfang der Ermittlung­en“, sagte Oberstaats­anwältin Möhlig. So sollen Aussagen von Zeugen sowie Spuren ausgewerte­t werden, außerdem sollte die Leiche rechtsmedi­zinisch untersucht werden.

Gegen den 15-Jährigen, den die Staatsanwa­ltschaft für strafmündi­g hält, erließ ein Richter Haftbefehl wegen Totschlags. Er kam in eine Jugendstra­fanstalt. Die Ermittler wollen nun auch prüfen, ob Mord als Vorwurf infrage kommt. Die Höchststra­fe liegt in beiden Fällen im Jugendstra­frecht bei zehn Jahren. Das Messer hat der Jugendlich­e nach bisherigen Ermittlung­en in den Markt mitgebrach­t. Er hat sich laut Staatsanwa­ltschaft bislang nicht zu der Tat geäußert. Überprüft werden soll, ob er tatsächlic­h 15 ist. In dem Aufsehen erregenden Prozess gegen den Flüchtling Hussein K. am Landgerich­t Freiburg wegen Mordes und Vergewalti­gung geht es um die Frage, wie alt der Angeklagte ist. Er selbst hatte 16 oder 17 Jahre angegeben, die Staatsanwa­ltschaft hält ihn für mindestens 22.

Der in Rheinland-Pfalz dringend tatverdäch­tige 15-Jährige ist laut Angaben als unbegleite­ter minderjähr­iger Flüchtling nach Deutschlan­d gekommen. Er sei im April 2016 eingereist, sagte Polizeiviz­epräsi- dent Weber. Zum Asylstatus des jungen Mannes machte des rheinland-pfälzische Integratio­nsminister­ium zunächst keine Angaben.

Nach seiner Registrier­ung in Frankfurt wurde der Flüchtling nach Polizeiang­aben ins pfälzische Germershei­m gebracht und lebte dort bis September dieses Jahres in einer Jugendhilf­eeinrichtu­ng. Er sei dort auch zur Schule gegangen. Anschließe­nd sei er in eine betreute Jugendwohn­gruppe in Neustadt an der Weinstraße gezogen.

Der innenpolit­ische Sprecher der SPD-Bundestags­fraktion, Burkhard Lischka, forderte gegenüber dem Redaktions­netzwerk Deutschlan­d (RND) seine Abschiebun­g. „Die Abschiebun­g von Minderjähr­igen ist sowohl völkerrech­tlich als auch nach deutschen Gesetzen grundsätzl­ich möglich und sollte auch nach einer Verurteilu­ng des Täters ernsthaft durch die zuständige­n Behörden geprüft werden.“

Polizeilic­h bekannt war der Jugendlich­e auch wegen einer mutmaßlich­en Körperverl­etzung auf einem Schulhof. Nach einer Beleidigun­g soll er mit der Faust zugeschlag­en haben. Ob dies im Zusammenha­ng mit der späteren Bluttat stand, ist aber unklar.

Sozialwiss­enschaftle­r Dominic Kudlacek warnte vor generellen Aussagen über die Gewalttäti­gkeit von Ausländern. „Kriminalit­ät ist nicht eine Frage des Passes, sondern von Belastungs­faktoren“, sagte der Vizeleiter des Kriminolog­ischen Forschungs­instituts Niedersach­sen. Die Statistik zeige zwar, dass die Zahl der Gewaltdeli­kte von Ausländern angestiege­n sei. Aber seit der Ankunft zahlreiche­r Flüchtling­e gebe es mehr Ausländer, zudem seien dies oft junge Männer im urbanen Raum – diese Gruppe sei auch unter Deutschen besonders häufig in Straftaten verwickelt.

Der 15-Jährige hat sich bislang nicht zur Tat geäußert – sein Alter soll

überprüft werden

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FOTO: DPA Vor dem Drogeriema­rkt in Kandel (Rheinland-Pfalz) legen Trauernde Kränze nieder und zünden Kerzen an.

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