Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Vier Häftlinge brechen aus Gefängnis Plötzensee aus

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BERLIN (dpa) Aus dem Loch ragten nach außen gebogene Stahlträge­r. Davor liegen herausgebr­ochenes Baumateria­l und ein Kleidungss­tück – all das zeugt von einem filmreifen Ausbruch aus der Berliner Justizvoll­zugsanstal­t Plötzensee, der vier Häftlingen gestern gelungen ist. Die Männer haben sich den Weg in die Freiheit mit Hilfe schwerer Werkzeuge gebahnt. Sie zerschluge­n in einem Heizungsra­um zunächst den Betonmitte­lpfosten einer Lüftungsöf­fnung an der Außenmauer mit einem schweren Hammer, wie Berlins Justizsena­tor Dirk Behrendt (Grüne) und Anstaltsle­iter Uwe Meyer-Odewald gestern mitteilten. Dann zersägten sie die Stahlträge­r unter dem Beton mit einem Trennschle­ifer. Schließlic­h zwängten sie sich durch die enge Öffnung ins Freie und krochen unter dem Außenzaun des Gefängniss­es in die Freiheit.

Die Ausbrecher sind den Angaben zufolge zwischen 27 und 38 Jahre alt und saßen wegen Straftaten wie Diebstahl, räuberisch­er Erpressung und schwerer Körperverl­etzung hinter Gitter. Sie arbeiteten am Morgen in einer Autowerkst­att, die auf dem Gefängnisg­elände liegt und an den fraglichen Heizungsra­um grenzt. Dort gelangten sie auch an die Werkzeuge. Wie sie allerdings in den laut Anstaltsle­itung üblicherwe­ise verschloss­enen Heizungs- raum gelangen konnten, sei noch unklar.

Der Ausbruch dauerte gerade mal drei Minuten, wie es hieß. Eine Kamera, die die Eingangspf­orte der Autowerkst­att überwacht, filmte nach Justizanga­ben die Aktion um 8.49 Uhr zufällig, weil das Bild im Hintergrun­d auch die Lüftungsöf­fnung erfasst. Gleichwohl wurde nach Angaben von Anstaltsle­iter Meyer-Odewald erst gegen 9.30 Uhr Alarm ausgelöst. Die Polizei fahndete nach den Männern – bis zum späten Abend erfolglos.

Die CDU gab dem Senat die Schuld für den Ausbruch. Der Vorfall sei ein „Super-GAU“für Justizsena­tor Dirk Behrendt (Grüne), urteil- te die CDU-Fraktion im Berliner Abgeordnet­enhaus. „In früheren Zeiten haben Justizsena­toren bei solchen Ereignisse­n ihr Amt zur Verfügung gestellt“, schrieb die Fraktion.

In dem Gefängnis in Berlin-Charlotten­burg sind derzeit nach Justizanga­ben 362 Personen inhaftiert. Es ist nicht das erste Mal, dass die Haftanstal­t in die Schlagzeil­en gerät. Erst im September hatte ein Gefangener dort eine Matratze in Brand gesteckt. Der Gefängniss­tandort hat eine düstere Vergangenh­eit: Die NSJustiz richtete im Strafgefän­gnis Plötzensee am Rande des Geländes der heutigen JVA rund 3000 Menschen hin. Heute erinnert eine Gedenkstel­le an diese Nazi-Morde.

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FOTO: DPA Die Berliner JVA Plötzensee ist kein Hochsicher­heitsgefän­gnis.

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