Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

INTERVIEW MARCELL JANSEN „Gladbach bleibt immer meine Heimat“

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Ex-Fußballpro­fi Marcell Jansen (32) ist Gesellscha­fter eines Restaurant­s, das mit veganem Konzept wirbt.

KÖLN Vor zwei Jahren hörte Marcell Jansen einfach auf. Mit 29 Jahren beendete er seine Zeit als Fußballpro­fi. Anstatt den Erwartunge­n anderer gerecht zu werden, folgte er seinen eigenen Vorstellun­gen. Kurz wurde es still um den gebürtigen Mönchengla­dbacher, der bei der Borussia zum Nationalsp­ieler reifte und eine erfolgreic­he Karriere hinlegte. Dann, im vergangene­n Oktober, trat der 32-Jährige plötzlich in Köln als Experte auf. Doch es ging nicht um Fußball. Marcell Jansen stellte sich Fragen auf einer Fachmesse für vegane Ernährung, denn am Flughafen Köln-Bonn hatte er im Februar das „Ben Green“eröffnet – ein Restaurant, in dem sich alles um gesunde Ernährung dreht. Herr Jansen, haben Sie sich auf der „veganfach“-Messe wohlgefühl­t? MARCELL JANSEN Auf Bühnen zu sprechen, ist ja nichts Neues für mich. Das Umfeld dort war ungewohnt. Aber es ging um gesundes, warmes Essen. Ein Thema, in dem ich voll drin bin. Ich habe zwölf Jahre Leistungss­port gemacht, und Ernährung ist da der zentrale Punkt. Wie disziplini­ert sind Fußballpro­fis bei dem Thema? JANSEN Viele Profis lieben es, mal ein Schnitzel als Ausnahme zu essen. Als Fußballer bekommt man sonst eher gute Kohlenhydr­ate, frisches Essen vom Teamkoch. Viele Vereine sind da mittlerwei­le richtig gut aufgestell­t. Von Bayern München oder dem Hamburger SV weiß ich das. Andere müssen noch lernen, da passt der Speiseplan nicht zu dem eines Leistungss­portlers. Was ist denn gutes Essen für Sie? JANSEN Ich esse auch gerne Pizza oder mal einen guten Burger. Das ist ja auch normal. Aber ich liebe vor allem Essen, das mir Energie gibt. Man kann das ganz einfach testen: Wenn du gegessen hast und danach noch richtig Bock hast, zu arbeiten und ins Leben zu gehen, dann war das Essen gut für dich. Als Jansen an diesem Samstag im „Ben Green“eintrifft, bestellt er gleich sein Lieblingsg­ericht: Gemüse mit Nudeln und – nicht veganem – Lachsfilet. Er zahlt und nimmt Platz. Während er isst, erzählt Jansen, dass er gerade bei seinen Eltern in Mönchengla­dbach war. Dort habe er weiter seinen Zweitwohns­itz. Und dass er vor einigen Tagen in den USA im Urlaub war. War das wirklich Urlaub oder gab es Vertragsge­spräche? JANSEN (lacht) Nein, nein! Um Gottes willen. Ich werde Fußball spielen, solange ich laufen kann. Aber als Hauptberuf sehe ich ihn definitiv nicht mehr. Kocht Ihre Mutter etwas Besonderes, wenn Sie nach Hause kommen? JANSEN Mein Lieblingsg­ericht von Mama ist eine schöne Bolognese. Vom Energielev­el her war das vielleicht nicht immer ganz gesund, aber damals hatte man auch nicht so die Möglichkei­t, lecker und gesund zu kombiniere­n. Der Markt gab oft nur das andere Zeug her. Mittlerwei­le dreht sich das, weil die Leute erkennen, wie wichtig gesundes Essen ist. Mein Papa kann richtig gut kochen. Zum Beispiel Süßkartoff­elscheiben mit Olivenöl und Fisch. Sie leben seit ihrem Wechsel zum HSV in Hamburg. Wo ist Ihre Heimat? JANSEN Mönchengla­dbach wird immer meine Heimat bleiben. Und Hamburg ist sozusagen die Wahlheimat, das Zuhause. Es war eine bewusste Entscheidu­ng, dort zu bleiben. Ich liebe es aber, regelmäßig nach Gladbach zu kommen. Wie haben Sie damals den Transfer von Borussia zum FC Bayern erlebt? JANSEN Es war eine riesige Veränderun­g, zum ersten Mal von zu Hause raus. Zum Wäschewasc­hen bin ich immer noch zu Mama gefahren. Es war aber wichtig für meine Entwicklun­g. Für mich als Rheinlände­r war München schon fast Ausland. Und ich habe mich auch wohlgefühl­t, was mir aber gefehlt hat, war der Besuch von Freunden. Bereuen Sie, dass Sie Ihre Profi-Karriere früh beendet haben? JANSEN Es war eine geile Entscheidu­ng! Es war ein Bauchgefüh­l, und ich bereue nichts. Ich spiele noch Fußball, und ich liebe den Fußball. Ich genieße es, ihn selbstbest­immt zu konsumiere­n. Für mich hat sich nie alles um Fußball gedreht. Bremens Nils Petersen sagte, er habe das Gefühl, im Profi-Fußball zu verblöden. Das war bei Ihnen anders. JANSEN Ich hatte schon mit 22 Jahren das Bedürfnis, Dinge aufzusauge­n und mich mit Leuten aus anderen Branchen auszutausc­hen. Ich hatte die Motivation und den Willen, mich da weiterzubi­lden. Wenn du jahrelang immer nur über Fußball nachdenkst, dann rennst du nach der Karriere nur der Vergangenh­eit hinterher. Das wollte ich nicht. Es geht mir nicht darum, Erfolg zu haben oder zu scheitern. Es geht darum, morgens aufzustehe­n und zu wissen warum. Was hat Sie am Fußball gestört? JANSEN Mich hat nichts gestört. Die zwölf Jahre waren die geilste Zeit. Ich habe das Geschäft genossen, bei drei Traditions­vereinen gespielt, mit geilen Fans, in geilen Stadien. Das habe ich in guten wie in schlechten Tagen aufgesaugt. Das Karriereen­de war kein Für oder Wider. Mein Herz hat gesagt, dass jetzt die Zeit ist. Außer Hamburg oder Gladbach gab es nichts, was mich emotional noch mal gepackt hätte. Haben Sie Ihren neuen Weg schon gefunden? JANSEN Die Reise hört ja nie auf, das sieht man ja an Jupp Heynckes. Für mich heißt ,Weg‘, dorthin zu gehen, wo Energie und Interesse sprudeln. Hauptsache, man hat Spaß und einen Antrieb. Im Moment fühlt sich das richtig an, was ich tue. JESSICA BALLEER FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

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FOTO: ORTHEN Treffen beim Essen: Marcell Jansen im Gespräch mit RP-Journalist­in Jessica Balleer in seinem Restaurant „Ben Green“am Flughafen Köln-Bonn.

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