Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Bis jetzt ist 2018 ein super Jahr

- VON TOBIAS JOCHHEIM

Das abgelaufen­e Jahr wirkt im Rückblick wie bestimmt von Terror und Tod – weil Nachrichte­n fast immer negativ sind, und all die schönen privaten Momente unter den Tisch fallen. Umso positiver liest sich der Ausblick auf 2018.

DÜSSELDORF Wer wissen will, was 2018 bringen wird, muss keine Glaskugel bemühen – eine Online-Enzyklopäd­ie reicht völlig. Schon im Mai 2007 hat sich ein fleißiger Mensch die Mühe gemacht, den ultimative­n Wikipedia-Artikel zum Jahr 2018 anzulegen. Nach vielen Ergänzunge­n umfasst er heute rund 1000 Wörter. Der Eintrag für das komplette Jahr 2017 ist, weil aufs Wichtigste beschränkt, auch nur sieben Mal so lang – und wird in den Tagen seit Redaktions­schluss auch kaum entscheide­nd gewachsen sein. Zumindest hoffe ich das sehr.

Denn was prägt Jahresrück­blicke und auch Lexikonein­träge? Terroransc­hläge und Amokläufe, Flugzeugab­stürze und Tode von mehr oder weniger inspiriere­nden Prominente­n. Das Schöne ist fast immer privat – und fällt deshalb unter den Tisch. Im Großen dominiert das Negative: Auf jeden Nobelpreis­träger kommen zwei, drei, vier Naturkatas­trophen, Jahr für Jahr. Das Zugunglück in Meerbusch indes, das wie durch ein Wunder glimpflich ausgegange­n ist, taucht im Wikipedia-Artikel über 2017 nicht auf. Nicht schlimm genug = kein Ereignis.

Der Eintrag über 2018 hingegen liest sich umso überrasche­nder, weil positiver. Denn es gibt zwar nur relativ wenige positive Weltereign­isse – doch die sind meist geplant. Abgesehen von den Sportereig­nissen sticht nur dreierlei heraus.

Am 19. Mai etwa wird der englische Prinz Harry seine Meghan heiraten. Mir persönlich ist wenig rätselhaft­er (und egaler) als lebende, steuergeld­verschling­ende Anachronis­men, aber ein Fest ist immer eine gute Sache und die Liebe sowieso, also freue ich mich auch über diese Hochzeit.

Am 27. Juli werden Menschen rund um den Globus ein paar Augenblick­e lang innehalten, um eine totale Mondfinste­rnis zu bestaunen. Bloß in Nordamerik­a wird sie nicht zu sehen sein, weshalb Donald Trump hoffentlic­h keine Verschwöru­ng wittert, was eine internatio­nale Krise nach sich zieht. Die nationale Krise, die in den USA herrscht, seit Trump am Ruder ist, könnte derweil am 6. November enden. Dann finden die Halbzeitwa­hlen statt, wobei sich die Machtverhä­ltnisse in beiden Kammern des Parlaments verschiebe­n dürften.

Das waren sie auch schon, die wichtigste­n zu erwartende­n Ereig- nisse 2018. Wenn es nach mir ginge, muss auch nichts mehr dazukommen – bis auf die Wahl von Vogel und Fisch, Wasserpfla­nze und Weichtier, Moos und Mikrobe, Gestein und Einzeller (!) des Jahres, die ich stets mit Spannung erwarte.

Wäre es nicht großartig, wenn man sich darüber ärgern könnte, dass nächstes Jahr viele Zeitungsse­iten mit Skurrilitä­ten dieser Art gefüllt wären? Weil es schlicht keine Anlässe gäbe für klassische, also negative Schlagzeil­en – und die größten Probleme gelöst wären? Bessere oder wenigstens besser bezahlte Jobs für alle, günstiger Wohnraum, ein humaneres Gesundheit­s- und Pflegesyst­em, sicherere Straßen und weniger Kriminalit­ät. Schön wäre besser früher als später auch eine Bundesregi­erung, die immer kluge Politik macht, und zwar stets im Sinne der Mehrheit, ohne die Minderheit­en zu vernachläs­sigen.

Sie werden es ahnen: So wird es kaum kommen, und erst recht werden wir noch eine Weile auf den Weltfriede­n verzichten müssen. Auch 2018 werden uns wieder Prüfungen aller Art erwarten – gesundheit­lich, beruflich, emotional. Welche und wann, weiß niemand, aber das ist auch gut so. Sonst wäre uns die Laune ja jetzt schon verdorben, also unbestreit­bar früher als nötig.

Schon 2017 war für viele ein schweres Jahr. Aber: Wat fott es, es fott. Und: Et es, wie et es. Diese beiden klugen Einsichten aus dem Rheinische­n Grundgeset­z darf man nicht missverste­hen als Aufruf zur Passivität.

In diesem Text war viel von Ereignisse­n die Rede. Wichtiger aber sind Prozesse: Der Umgangston im Büro oder der Zustand des Spielplatz­es nebenan verschlech­tern sich nicht schlagarti­g, sondern Schritt für Schritt – und mit der Aushöhlung von Demokratie und Rechtsstaa­t ist es ebenso. Das Schöne ist: Umgekehrt funktionie­rt es ganz genau so. Deshalb endet dieser Text nicht mit einem großen Appell, sondern mit einem kleinen Wunsch. Es ist nicht nötig, dass Sie 2018 eine Revolution starten. Öfter mal Durchatmen und dann etwas konstrukti­ver reagieren, als Sie eigentlich wollten, würde schon sehr viel ändern.

Mein Wunsch für 2018 ist, dass unsere Gesellscha­ft gerechter wird. Ob er sich erfüllt, hängt davon ab, ob jeder bei sich selbst anfängt. Wer passiv bleibt, lässt zu, dass die anderen die Welt in ihrem Sinne verändern. Im Zweifel zum Schlechter­en.

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FOTOS: EDDIE MULLHOLLAN­D/ULLI DECK/MICHAEL SOHN; ALLE DPA Bilder, auf die viele Menschen im kommenden Jahr gespannt warten: Englands Prinz Harry heiratet seine Meghan, im Juli ist eine totale Mondfinste­rnis zu sehen – nur nicht in Nordamerik­a. Dorthin schaut die Welt im November: Wird US-Präsident Donald...
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